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„Jedes höhere Lebewesen verfügt über ein Endocannabinoid-System“ begegnet einem als Aussage häufiger. „Höheres Leben“ ist als Begriff jedoch nicht eindeutig definiert und meint in diesem Fall alle Wirbeltiere und weiteres gewebebildendes Getier. Auch Blutegel und andere Weichtiere oder Krustentiere haben dieses Endocannabinoid-System. Sie schütten ebenfalls Endocannabinoide aus, die an Cannabinoid-Rezeptoren einen Reiz und damit Wirkung auslösen. Endocannabinoide sind Botenstoffe beziehungsweise Neurotransmitter.
Das Finden der gesunden Mitte
Endogene Cannabinoide werden im Körper gebildet. Auch exogene Phytocannabinoide aus der Cannabispflanze oder synthetische Cannabinoide aus dem Labor können dem Körper von Außen zugeführt werden. Diese exogenen Cannabinoide docken an den Cannabinoid-Rezeptoren an und entfalten dadurch eine Wirkung. Hier geht es jedoch erst einmal um die Funktion der Endocannabinoide in unserem Körper, wobei das Thema gewiss ein Buch füllen könnte.
In unserem Körper finden tausende oder noch mehr Funktionen gleichzeitig nebeneinander statt. Es gibt im Körper Organe, es gibt aber auch in vielen Zellen kleine Organe, die Funktionen ausführen. Das alles muss gesteuert werden, damit es nicht „zu wenig“ oder „zu viel“ wird. Vereinfacht kann gesagt werden, dass Endocannabinoide im Organismus einen notwendigen Teil dieser „Steuerfunktionen“ übernehmen und wir damit eine „gesunde Mitte“ finden. Das gilt zum einen bei unbewussten biochemischen Abläufen, mit denen z. B. das Hungergefühl oder der Schlaf gesteuert werden. Wir merken natürlich, dass wir hungrig oder schläfrig werden und reagieren auf diese wichtigen Impulse. Aber auch beim Empfinden rund um Schmerzen, Angst, Aggression oder der Stimmungslage bringen uns Endocannabinoide zurück in die Mitte.
Endocannabinoide als die anderen Neurotransmitter
Es gibt in jedem höheren Organismus eine unglaubliche Fülle an chemischen Substanzen, die alle ihre Funktionen haben. Neurotransmitter sind Botenstoffe. Eine Nervenzelle schüttet sie aus, damit sie in einer anderen Nervenzelle eine Reaktion auslösen. Wenn eine Nervenzelle etwas wahr nimmt oder einen Schaden nimmt, schüttet sie den passenden Neurotransmitter aus, der dann in der nächsten Nervenzelle den Impuls auslöst, um die Information weiterzugeben. Damit kann eine Information über die Nervenbahnen vom kleinen Zeh fast ohne Zeitverlust bis in das Gehirn vordringen. Normale Neurotransmitter werden gebildet und bei Bedarf ausgeschüttet. Endocannabinoide werden bei Bedarf gebildet und zugleich ausgeschüttet.
Anandamid kommt dem THC sehr nahe. Ein Übermaß an Impulsen kann nicht nur Schmerzpatienten in den Wahnsinn treiben. Schmerzen sind genau wie Angst oder Stress zuerst einmal etwas sehr Positives, da sie den Organismus alarmieren. Dieser muss immerhin schnell handeln und das Problem damit auch schnell bemerken. Wenn jedoch zu viel Schmerzen, Angst oder Stress wirken, kann der Organismus nicht mehr die richtigen Handlungen auf den Impuls folgen lassen. Wer schlichtweg vor Angst erstarrt, reagiert auf einen Gefahrenmoment meistens nicht richtig.
Cannabinoid-Rezeptoren haben aufgrund der Endocannabinoide die Eigenschaft, nicht nur vom Impuls ausgehend die Nachricht weiterzuleiten. Sie können auch dem Impuls antworten. Sie können also die „Reizquelle“ beruhigen, damit die Überreizung ausbleibt und der Organismus sinnvoller auf den Impuls reagieren kann.
Endocannabinoide sind damit sehr wichtige Botenstoffe, mit denen Körperfunktionen oder Empfindungen stattfinden, aber kein Übermaß eintritt.
Endocannabinoide in der Gesundheit
In der Gesundheit ist das „Mittelmaß“ sozusagen die Voraussetzung, um gesund zu sein und zu bleiben. Vieles wird erst bei einem Mangel oder Übermaß schädlich und ist sonst nicht bedenklich. Das gilt beim Essen z. B. für Fett, ohne geht es einfach nicht. Es muss also eine gewisse Menge Fett aufgenommen werden, dessen Zusammensetzung für den Körper eine gewisse Qualität mitbringen soll. Mehrfach-ungesättigte Fettsäuren sind viel gesünder als die gesättigten Fettsäuren. Zu viel Fett ist dennoch irgendwann ungesund, zu wenig ebenfalls.
Viele Krankheiten entspringen einem „zu wenig“ oder „zu viel“. Wenn das Endocannabinoid-System gestört ist und zu wenige Endocannabinoide gebildet werden, können sie den Organismus weniger gut in die gesunde Mitte bringen. Viele Krankheiten gehen auf solche „Unwuchten“ im Endocannabinoid-System zurück oder verursachen solche „Unwuchten“. Hier kann es helfen, wenn die richtigen exogenen Cannabinoide zugeführt werden, um dem Endocannabinoid-System auf die Sprünge zu helfen.
Es gibt auch besondere Lebensumstände. Im Laufe vom Arbeitsleben tritt ein schmerzendes Rückenleiden auf oder ein Körperteil wurde operiert und schmerzt seitdem. Es kann sich auch um traumatisierende Ereignisse handeln. Der eigentlich gesunde Mensch nimmt mit der Zeit einen Schaden, wo sein eigentlich gesundes Endocannabinoid-System nicht mehr genügend zur Mitte führt. Auch hier kann es helfen, wenn die richtigen exogenen Cannabinoide zugeführt werden. Körperliche oder auch seelische Schmerzen können gemindert werden, wodurch das Wohlbefinden wieder aufkommt.
Wirkungsbereiche der Endocannabinoide
Die Wirkungsbereiche der Endocannabinoide umfassen eigentlich die Gesamtheit der unbewussten und der bewussten Körperfunktionen. Ob es um die Stimmung, den Stoffwechsel, die Verdauung, den Appetit, das Schlafen, Schmerzen, die Behebung von Entzündungen, Immunfunktionen oder auch die Erinnerung geht: Ohne Endocannabinoide kann der Organismus nicht das Mittelmaß finden.
Endocannabinoide sind den exogenen Cannabinoiden in gewisser Weise überlegen, da sie an den richtigen Stellen im Körper ausgeschüttet werden. Damit wirken sie auch an den richtigen Stellen. Werden exogene Cannabinoide zugeführt, dann werden diese über die Verdauung, die Lungen oder unter der Zunge in die Blutbahn aufgenommen. Damit erreichen sie den ganzen Organismus und wirken damit auch im ganzen Organismus. In einigen Situationen kann das nachteilig sein.