Cannabis auf Rezept wird gerade bei Tumorerkrankungen immer öfter nachgefragt und nun informiert auch das deutsche Krebsforschungszentrum über therapeutische Optionen. Positive, aber kaum zu überprüfende persönliche Erfahrungsberichte zum Hanf etwa im Internet sind aus Sicht der Mediziner unbedingt von der tatsächlichen Studienlage zu trennen, sonst werden potenzielle Nebenwirkungen durch Cannabinoide unterschätzt oder vollkommen unrealistische Erwartungen geschürt. THC und CBD benötigen im Sprechzimmer eine faire Bewertung und sind weder Wundermittel noch wirkungslos – was ist für Patienten bei Krebs und Cannabismedizin wichtig?
Hanf als therapeutische Alternative oder Ergänzung zu Standardtherapien?
Bei Metastasen kommen Cannabinoide nur deshalb ins Spiel, weil es sich bei den Wirkstoffen der Hanfpflanze um faszinierende Substanzen mit einer Art Schlüssel für das körpereigene Endocannabinoid-System handelt. Psychoaktives THC, rauschfreies CBD, sekundäre Pflanzeninhalte wie Terpene und Flavonoide – bei der Einnahme von Cannabis werden verschiedene Prozesse angeschoben und sozusagen ausbalanciert, was bei einer Krebserkrankung möglicherweise besonders hilfreich sein kann.
Die erwähnten Berichte im Netz über eine angebliche vollständige Heilung durch Cannabis beziehen sich meistens auf Hautkrebs, selten auf andere Formen. Onkologen werden zumindest in Deutschland einer alleine auf Cannabis basierenden Behandlung oder vollständigen Substitution von Medikamenten kaum zustimmen, sondern diverse Hanfprodukte wie Grasblüten oder THC-Öl vor allem als Ergänzung empfehlen. Weniger Chemie, mehr pflanzliche Cannabinoide sind möglich, so das deutsche Krebsforschungszentrum und erläutert die Einnahme bei sehr typischen Indikationen.
Diese Anwendungsgebiete von Cannabis empfiehlt das Deutsche Krebsforschungszentrum
Natürlich sind auch besser Schlafen, weniger Stress oder Ängste gleichfalls gut bekannte Effekte durch medizinischen Hanf, doch für die bundesdeutsche Onkologie soll eine Therapie erst mal mit sehr klassischen Anwendungen beziehungsweise Beschwerden starten. Einen Versuch wert sind Cannabinoide laut Krebsforschung bei Schmerzen, vorzugsweise kombiniert mit Standardpräparaten und im Bereich der Palliativmedizin bis dato nur ohne offizielle Empfehlung durch die WHO.
Ähnliches gilt für Erbrechen und Übelkeit während der Chemotherapie, wo Hanf als „Reservemittel“ zum Einsatz kommen kann. Keine Empfehlung gibt es hingegen zur Entlastung bei mangelndem Appetit oder Störungen vom Geschmack, auch wenn es dazu eine recht umfangreiche internationale Sammlung von aussichtsreichen Studien geben mag. Viel Raum nehmen allerdings Nebenwirkungen von Cannabis ein. Dessen Inhaltsstoffe werden zwar als recht gut verträglich bezeichnet, können nach Meinung der Mediziner jedoch abhängig machen und an Effekt verlieren.
Fertigpräparate oder Grasblüten: welche Hanfprodukte bei Krebs?
Es ist schon etwas bezeichnend, dass im aktuellen Report vom deutschen Krebsforschungszentrum der tatsächlich oft ungemein komplizierte Prozess bei Cannabis auf Rezept deutlich ausführlicher beschrieben ist als die eigentlichen Anwendungsgebiete. Patienten dürfen bekannterweise nur um Hanf vom Arzt bitten, wenn die chemische Keule nichts bringt oder nicht vertragen wird und wenn es eine gewisse Aussicht auf positiven Einfluss durch Cannabinoide gibt. Dank der seit 1. April 2024 allgemeinen Legalisierung wurde Cannabis aus dem Betäubungsmittelrecht gestrichen.
Krebsmediziner können eine Verordnung über ein herkömmliches, elektronisches Rezept ausgeben. In den nächsten Wochen und Monaten wird sich zeigen, ob die Krankenversicherer auch die Kosten öfter und unkomplizierter übernehmen als zu Verbotszeiten und ob Ärzte etwas weniger mit den recht aufwendigen, bürokratischen Verfahren belästigt werden. Krankenkassen dürfen sich maximal fünf Wochen Zeit nehmen für die Bearbeitung, außer bei Todkranken und bei einer ambulanten Versorgung mit Cannabismedizin, die im Krankenhaus stationär begonnen wurde.
Die Fachdoktoren weisen bei Krebs zum Abschluss hin, dass in Deutschland cannabishaltige Fertigarzneimittel gegenüber Extrakten oder getrockneten Marihuanablüten Vorrang haben, verkneifen sich aber klugerweise eine konkrete Empfehlung. Dronabinol und Nabilon mögen rein sein, hoch konzentriert und profitabel für pharmazeutische Hersteller. Über die individuelle Wirksamkeit wie Verträglichkeit einzelner Hanfprodukte sollten jedoch Arzt und Patient alleine beraten, schließlich hängt der Erfolg bei natürlichen Behandlungsmethoden von einem passgenauen Zusammenspiel aus Botanik und Organismus ab und erfordert regelmäßige Anpassungen.