Die Haut ist das größte Organ des menschlichen Körpers. Sie stellt die wichtigste Barriere zum Schutz vor Umwelteinflüssen und Mikroorganismen dar. Sowohl die lokale Immunabwehr auf der Haut, als auch Sinneseindrücke wie Hitze oder Schmerz, werden maßgeblich über das Endocannabinoid-System reguliert.
Ebenso geht der aktuelle Stand der Forschung davon aus, dass Dysbalancen im Endocannabinoid-System der Haut auch an zahlreichen Hauterkrankungen beteiligt sind. Das Verständnis von diesem Wechselspiel zwischen endogenen Cannabinoiden und molekularbiologischen Prozessen in der Haut, könnte neue Behandlungsoptionen für Hauterkrankungen eröffnen.
Cannabinoidrezeptoren an zahlreichen Prozessen beteiligt
Es gibt mittlerweile mehrere Studien, die belegen, dass die klassischen Cannabinoidrezeptoren, also der CB1- und der CB2-Rezeptor, an zahlreichen molekularbiologischen Prozessen in der Haut beteiligt sind. Dies ist sowohl durch Untersuchungen an menschlichen Gewebeproben bekannt, als auch durch Beobachtungen an Zellkulturen. Eine häufig auftretenden Hauterkrankung ist etwa Schuppenflechte, auch als Psoriasis bekannt. Die Erkrankung entsteht durch eine Fehlfunktion der Keratinozyten. Dies ist eine spezielle Form von Hautzellen, die eine Art Hornhaut bilden. Bei Psoriasis liegt eine Überproduktion an Keratinozyten vor, was zu der typischen Symptomatik der entzündlichen und trockenen Flecken führt.
Aufgrund mehrerer Studien gilt als gesichert, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem CB1-Rezeptor in der Haut und der Produktion von Keratinozyten gibt. Bei einer Aktivierung des CB1-Rezeptors mittels einer agonistischen Wirkung, kommt es zu einer deutlichen Reduktion der Keratinozytenproduktion. Dies geschieht normalerweise durch körpereigene CB1-Agonisten wie Anandamid. Genau dieses Gleichgewicht scheint bei Psoriasis gestört zu sein. Die direkte Beteiligung des CB1-Rezeptors in der Überproduktion von Zellen in den oberen Hautschichten, ist auch der Grund, warum THC bei Psoriasis hilft. Bei Akne, einer weiteren häufigen Hauterkrankung, scheint es eine direkte Beteiligung des CB2-Rezeptors zu geben.
Der aktuelle Stand der Forschung geht davon aus, dass der CB2-Rezeptor, an einem speziellen Typ von Hautzellen, den sogenannten Sebozyten, maßgeblich an der Entstehung von Akne beteiligt ist. Auch hier scheint es ein Ungleichgewicht zwischen diesem Rezeptor und endogenen Cannabinoiden zu geben. Eine antagonistische Wirkung am CB2-Rezeptor der Sebozyten, wie sie entweder durch körpereigene Cannabinoide oder auch CBD erzeugt wird, kann Akne deutlich lindern.
Auch bei zahlreichen weiteren entzündlichen Hauterkrankungen, die häufig unter dem Überbegriff atopische Dermatitis subsummiert werden, ist ein Ungleichgewicht im Endocannabinoid-System der Haut an der Entstehung beteiligt. Aus Untersuchungen an Patienten, die exzessiven Konsum von synthetischen Cannabinoiden betreiben, ist auch bekannt, dass diese deutlich häufiger an Akne und vorzeitigen Alterungserscheinungen der Haut leiden. Dies legt ebenfalls ein enges Zusammenspiel zwischen Cannabinoiden und der Hautgesundheit nahe.
Interaktion mit weiteren Rezeptoren der Haut
Das Besondere am Endocannabinoid-System der Haut ist, dass dort Cannabinoide nicht nur an den klassischen Cannabinoidrezeptoren wirken, sondern auch an weiteren Rezeptoren zumindest teilweise an deren Aktivität beteiligt sind. Das Thema der neuen Cannabinoidrezeptoren und deren genauer Funktionsweise ist sehr komplex und bis heute nicht im Detail verstanden. Als gesichert gilt bislang, dass Cannabinoide in der Haut auch an den TRPV-Rezeptoren wirksam sind. Vom TRPV-Rezeptor gibt es wiederum verschiedene Untertypen, von denen jeder eine andere Aufgabe hat.
Diese Rezeptoren sind beispielsweise dafür zuständig, Reize wie Wärme, Kälte, oder auch das Empfinden von Schärfe weiterzuleiten. Letzteres ist der Grund, warum an ihnen auch Capsaicin wirkt, also jener Stoff, der für die Schärfe von Chili verantwortlich ist. Es wird vermutet, dass eine Über- oder Unterregulierung einiger dieser Rezeptoren auch an der Freisetzung von entzündungsfördernden Zytokinen beteiligt ist. Dies führt wiederum zu einer möglichen Beteiligung an Hauterkrankungen.
Die körpereigenen Cannabinoide Anandamid und 2-AG docken an den TRPV-Rezeptoren an und können diese jeweils aktivieren oder hemmen. Die TRPV-Rezeptoren selbst sind wiederum über sogenannte Ionenkanäle mit Nervenzellen verbunden. Über diese Signalübertragung entsteht im Gehirn dann das Gefühl von Hitze, Kälte oder jeder beliebige andere haptische Sinneseindruck.
Beteiligung des Endocannabinoid-Systems an der Wundheilung
Da das Endocannabinoid-System bei zahlreichen Prozessen und auch bei der Bildung neuer Hautzellen beteiligt ist, spielt dieses auch in der Wundheilung eine Rolle. Aus Untersuchungen an Gewebeproben von verschiedenen Stadien der Wundheilung ist bekannt, dass hier sowohl der CB1- als auch der CB2-Rezeptor eine entscheidende Rolle spielen. Während des Prozesses der Wundheilung, wird auf den verschiedenen Zelltypen die Anzahl der CB1- und CB2-Rezeptoren vom Körper immer wieder verändert, je nachdem welcher Zelltyp gerade neu aufgebaut werden muss.
Auch die Heilung von Verbrennungen läuft nach einem ähnlichen Mechanismus ab. Aus Beobachtungen an Mäusen ist außerdem bekannt, dass bei diesen Heilungsprozessen der Körper an der entsprechenden Stelle, sogenannte FAAH-Hemmer ausschüttet. Dabei handelt es sich um eine Substanz, die den Abbau von Anandamid verhindert, was die entscheidende Rolle dieses Endocannabinoids im Heilungsprozess ebenfalls verdeutlicht.