Der Konsum von Cannabis bzw. Präparaten auf Basis von Cannabis übt direkten Einfluss auf die menschliche Nervenaktivität aus. Dabei verfügt der Mensch über zwei unterschiedliche Nervensysteme: Das zentrale Nervensystem und das periphere Nervensystem. In beiden Systemen finden sich unterschiedliche Cannabinoid-Rezeptoren unterschiedlicher Anzahl. Die Effekte des Konsums von Cannabis und von CBD-haltigen Präparaten sollten jedem bekannt sein. An dieser Stelle wollen wir im Detail betrachten, was der Konsum mit unserem vegetativen, genauer gesagt zentralem Nervensystem bewirkt.
Cannabinoide in Revue
Cannabinoide stammen aus unterschiedlichen Quellen. Der Körper produziert eigene sogenannte Endocannabinoide und die Hanfpflanze ihre Phytocannabinoide. Die Hanfpflanze enthält weit über 100 unterschiedliche Cannabinoide. Die beiden bekanntesten sind THC und CBD. Ein Vertreter der Endocannabinoide ist das Anandamid.
Kein anderer nicht psychoaktiver Bestandteil der Hanfpflanze wurde so eingehend erforscht wie das CBD. Viele therapeutisch nützliche Eigenschaften des psychoaktiven THC vertreten ebenfalls das CBD, nur eben ohne die psychoaktive Funktion. So kann auch das CBD die Stimmung aufhellen, Schmerzen erleichtern, entzündungshemmend wirken und neurologische Symptome wie die Migräne abschwächen.
Das THC ist vermutlich das bekannteste und am gründlichsten erforschte Cannabinoid. Als einziges Cannabinoid der Hanfpflanze übt dieses eine psychoaktive Wirkung aus. Zu den typischen Eigenschaften des CBD zählen Glücksgefühle, Entspannung, Schmerzlinderung, verstärkte Sinneswahrnehmungen und eine höhere Kreativität.
Das Endocannabinoid-System im Detail
Cannabinoide wirken über das sogenannte Endocannabinoid-System. Eigentlich ist dieses dazu gedacht, von den körpereigenen Endocannabinoiden verwendet zu werden. Phytocannabinoide, welche den Endocannabinoiden in ihrer Struktur sehr ähnlich sind, interagieren jedoch auch über dieses System.
Dabei ist das Endocannabinoid-System ein komplizierter Komplex, der weitreichende Einflüsse auf den Menschen hat. Unter anderem trägt dieses System dazu bei, die Homöostase aufrechtzuerhalten, den Stoffwechsel ablaufen zu lassen, und es hilft bei der Kommunikation zwischen Zellen. Das Endocannabinoid-System besteht aus zwei unterschiedlichen Rezeptoren. Gewisse Cannabinoide können an weitere Rezeptoren andocken, hauptsächlich für den Effekt jedes Cannabinoids verantwortlich sind jedoch die Endocannabinoid-Rezeptoren.
Der CB1-Rezeptor
CB1-Rezeptoren finden sich im ganzen Körper. Überproportional viele befinden sich jedoch im Gehirn und in der Wirbelsäule, also damit im zentralen Nervensystem. Im Gehirn findet man CB1-Rezeptoren in erhöhter Menge in den Basalganglien und im Hippocampus. Das Kleinhirn beinhaltet darüber hinaus ebenfalls viele CB1-Rezeptoren. Die CB1-Rezeptoren findet man in bestimmten Gegenden, denen man bestimmte kognitive Funktionen zuschreibt. Nun kann man feststellen, dass genau die Funktionen beeinflusst werden, in dessen repräsentativen Regionen im Gehirn sich viele CB1-Rezeptoren befinden.
Ein Beispiel dafür ist die Amygdala, welche man auch Mandelkern nennt. Sie ist ein alter Teil des Gehirns und ist unter anderem für eine unserer primitivsten Schaltungen verantwortlich: Die Flucht-Angriff-Reaktion. Folglich hat sie sehr viel mit grundlegenden Emotionen wie der Angst zu tun. Bei der Erinnerung spielt die Amygdala jedoch auch eine wichtige Rolle, da Erinnerungen von unserem Gehirn mit Emotionen bewertet und anschließend erst gespeichert werden: Je emotionaler eine Erinnerung ist, umso sicherer befindet sie sich im Gedächtnis.
Da sich nun viele CB1-Rezeptoren in der Amygdala befinden, stellen Konsumenten die üblichen Probleme mit der Erinnerung fest, insbesondere das Kurzzeitgedächtnis leidet darunter. Wie soeben erläutert, gelangen neue Erinnerungen unter anderem auch durch die Amygdala. Gedächtnisprobleme, die unter dem Rausch des THC entstehen, lassen sich teilweise hierdurch erklären.
Der Hypothalamus ist ebenfalls ein wichtiger Teil des menschlichen Gehirns, der neben einer Reihe weiterer Funktionen auch den Appetit reguliert. Konsumenten von THC-haltigem Cannabis berichten nun davon, dass sie kein Sättigungsgefühl mehr empfinden und dadurch sehr viel essen können. Es gibt lediglich zwei Regionen im Gehirn, in denen sich keinerlei CB1-Rezeptoren finden lassen. Diese sind die Medulla oblongata sowie der Hirnstamm. Das sind ziemlich alte Teile des Gehirns, die dementsprechend grundlegende Funktionen erfüllen, unter anderem kardiovaskuläre und Atem-technische. Da hier keine CB1-Rezeptoren vorliegen, übt Cannabis keinen Einfluss auf die entsprechenden Funktionen aus.
Da in der Medulla oblongata keine Cannabinoid-Rezeptoren zu finden sind, ist THC nicht lebensgefährlich. Noch keiner ist an der Einnahme von Cannabis gestorben. Für eine Überdosis THC müsste man Mengen konsumieren, die man physikalisch bei Weitem nicht einnehmen kann.
Dass Cannabinoide keine Abhängigkeit auslösen, lässt sich ebenfalls auf dieser Basis erklären. Cannabinoid-Rezeptoren finden sich nicht im sogenannten mesolimbischen System. Dieses ist das Zentrum des menschlichen Belohnungssystems, übt also seinen Einfluss unter anderem durch Dopamin aus. Dopamine lösen nun ziemlich leicht sehr starke Abhängigkeiten aus. Dieser Prozess ist letzten Endes daran schuld, dass zahlreiche Existenzen an Drogensüchten zugrunde gegangen sind. Konsumenten von medizinischem Cannabis sind dabei auf der sicheren Seite, da das entsprechende Belohnungssystem nicht aktiviert wird.
An Nervenenden lässt sich eine erhöhte Anzahl CB1-Rezeptoren festmachen. Dadurch können Cannabinoide effektiv gegen Schmerzen helfen. Besonders hilfreich ist das Cannabinoid THC, da es am stärksten auf die CB1-Rezeptoren einwirkt. Hieraus resultiert zugleich der psychoaktive Effekt des THC, kein anderes Cannabinoid der Hanfpflanze bindet sich so affin wie dieses an die CB1-Rezeptoren.
Die CB2-Rezeptoren
Viel seltener diskutiert man dem entgegen über die CB2-Rezeptoren. Diese findet man hauptsächlich in den peripheren Nerven und im Immunsystem. Besonders große Mengen kann man in der Mandel und in der Milz beobachten. Aus medizinischer Sicht erfüllen die CB2-Rezeptoren hauptsächlich entzündungshemmende Funktionen. Wenn CB2-Rezeptoren aktiviert werden, entsteht ein entzündungshemmender Prozess, welcher Schäden am Gewebe möglichst gering halten soll.
CB2-Rezeptoren sind ebenfalls dafür bekannt, dass sie das Immunsystem unterdrücken können. Hilfreich ist das beispielsweise bei Allergien oder anderen Autoimmunkrankheiten, wo das körpereigene Immunsystem gegen gesunde Zellen ausschlägt. Durch Moleküle, die sich an CB2-Rezeptoren binden, wird das Immunsystem koordiniert und arbeitet zielgerichteter: Häufig nicht mehr gegen gesunde körpereigene Zellen.
Entzündungen sind bei vielen Krankheiten der Auslöser. Die tatkräftigen CB2-Rezeptoren ermöglichen jedoch unter anderem den therapeutischen Einsatz von Cannabis bei Krankheiten wie der Multiplen Sklerose oder Parkinson. Der typische Bindungspartner für diesen Typ Rezeptoren ist das CBD. Während THC überwiegend neurologisch Einfluss ausübt, indem es an CB1-Rezeptoren bindet, leistet das CBD an den CB2-Rezeptoren seinen Teil.
Das zentrale Nervensystem unter der Lupe
Wie bereits erwähnt, erstreckt sich das zentrale Nervensystem über das Gehirn und das Rückenmark. Diese Nervenzellen sind den anderen Zellen übergeordnet. So ist das Gehirn für die meisten Funktionen die zentrale Schaltstelle. Reflexe und dergleichen kommen jedoch direkt aus dem Rückenmark.
Über die Wichtigkeit des zentralen Nervensystems sollte man sich an dieser Stelle bewusst werden. Unsere Stimmung, Gedanken, Emotionen, Bewegungen, Wünsche, Hoffnungen und all das stammen aus dem zentralen Nervensystem. Bevor wir uns im Detail anschauen können, was genau mit unserem Zentralnervensystem passiert, müssen wir uns dieses ein weniger mehr im Detail vergegenwärtigen. Hierfür schauen wir uns seine beiden Teile an.
Das Gehirn
Das vermutlich komplexeste Gebilde ist das menschliche Gehirn. Es kontrolliert, steuert und reguliert so ziemlich den ganzen Rest des Körpers. Über 100 Millionen Neuronen vermuten Forscher im Gehirn. Wer durch diese hohe Zahl noch nicht geschockt ist, wird es durch die Nächste sein: 1000 Billionen Gliazellen ergänzen das menschliche Gehirn. Dabei sind Neuronen extrem vielfältig einsetzbar, eine unfassbare Bandbreite an Funktionen wird von ihnen übernommen. Dabei setzt sich das Gehirn aus einzelnen spezialisierten Bereichen zusammen, die eigene Funktionen ausführen und häufig auch Cluster genannt werden. Es arbeiten jedoch immer mehrere Teile des Gehirns zusammen, um ein kohärentes und emergentes Bild der Außenwelt zu schaffen.
In der Fachsprache unterteilt man das Gehirn in vier sogenannte Lappen. Im Großen und Ganzen kann man ihnen allen einen Zweck zuschreiben.
- Der Temporallappen
Dieser Teil des Gehirns nimmt Erinnerungen und schreibt ihnen Emotionen zu. Hierdurch werden die Erinnerung erst längerfristig gespeichert und in Zukunft abrufbar. Ein gewisser Teil des Sprachverständnisses liegt auf jeden Fall auch in diesem Teil des Gehirns.
- Der Parietallappen
Hier werden sinnliche Wahrnehmungen verarbeitet. Unser Körper verfügt über unterschiedliche Rezeptoren, die Wahrnehmungen von außen an das Gehirn weiterleiten. Der Parietallappen hat jedoch auch seinen Teil am Sprachverständnis.
- Der Okzipitallappen
Dieser Teil des Gehirns birgt den visuellen Cortex. Dementsprechend werden hier visuelle Sinneswahrnehmungen verarbeitet, damit der Besitzer des Gehirns ein kohärentes Bild von seiner Umwelt wahrnimmt.
- Der Frontallappen
Die meisten Neuronen, die auf Dopamin ansprechen, findet man in diesem Teil des Gehirns. Dadurch ist dieser Lappen unter anderem am Kurzzeitgedächtnis, der menschlichen Motivation und dem Aufstellen von Plänen involviert.
Durch diese sehr grobe Aufteilung erhält man natürlich kein tieferes Verständnis über das Gehirn. Die einzelnen Lappen setzen sich aus zahlreichen kleineren Arealen zusammen, welche zum Teil sehr spezialisierte Funktionen übernehmen können. Wenn man also tatsächlich verstehen will, wie das menschliche Gehirn funktioniert, muss man sich tiefer im Detail mit den einzelnen Funktionen und ihren Arealen beschäftigen.
Die Wirbelsäule
Die Wirbelsäule trägt Informationen zwischen dem Körper und dem Gehirn her. Eine ihrer wichtigsten Funktionen ist die Bewegung. Das Gehirn sendet Bewegungssignale aus, welche über die Wirbelsäule an die entsprechenden Muskeln getragen werden. Unterdessen wandern Sinneswahrnehmungen über die Wirbelsäule zum Gehirn.
Bekannt ist die Wirbelsäule des Weiteren für einige ihr innewohnenden Reflexe. Wenn ein Mensch stolpert und sich mit einem anderen Bein zu retten versucht, ist das in der Regel ein Reflex, welcher blitzschnell aus der Wirbelsäule kommt. Reflexe würden zu lange brauchen, wenn das Signal vom Gehirn ausgehen müsste. Deswegen verlaufen Reflexe unterbewusst ab. In der Regel hat man sich bereits bewegt, bevor die Sinneswahrnehmung überhaupt das Gehirn erreicht hat.
Komplexe motorische Aktivitäten wie das alltägliche Gehen werden durch Schaltkreise in der Wirbelsäule gespeichert. So könnte ein Mensch, ohne sein Gehirn noch dazu imstande sein zu laufen. Herausgefunden hat man das im Rahmen einer Studie, bei der man das Gehirn und die Wirbelsäule bei einer Katze getrennt hat. Wenn man die Katze jedoch anschließend auf ein Laufband stellte, so lief sie nach wie vor.
Adenylatcyclase wird gehemmt
Die Adenylatcyclase ist ein essenzielles Enzym. So ist dieses dafür verantwortlich, dass das Adenosintriphosphat (ATP) zum zyklischen Adenosinmonophosphat (cAMP) wird. Dieses cAMP ist ein sogenannter sekundärer Botschafter für die Proteinkinase A. Letzten Endes wird dadurch der Kaliumkanal des Typs A geschlossen, wenn THC an CB1-Rezeptoren bindet. Dieser Kaliumkanal übernimmt viele Funktionen im Menschen. Unter anderem übt er Einfluss darauf aus, wie Neurotransmitter freigelassen werden, wie Elektrolyte transportiert werden und dass sich Muskeln sanft und geschmeidig kontrahieren. Auf die Abgabe von Insulin im Bauch hat dieser Kanal ebenfalls Einfluss, ebenso darauf, wie schnell Neuronen angeregt werden.
Schwächere Calcium- und Natriumkanäle
An dieser Stelle müssen wieder einige biologische Fachbegriffe fallen. Von Calcium- und Natriumkanälen gibt es einige, die sich spannungsbedingt öffnen oder schließen. Von diesen werden genauer gesagt die N und P/Q Typen durch THC geschwächt. Dabei sind diese Kanäle dafür wichtig, welche Neurotransmitter in den synaptischen Spalt losgelassen werden. Schlussendlich wird die Abgabe von Neurotransmittern wie L-Glutamat, GABA, Noradrenalin und Acetylcholin gehemmt.
Aktivierung des MAP Kinase Enzyms
Eine sehr wichtige Funktion des THCs besteht darin, das MAP-Kinase Enzym zu aktivieren. Hierdurch werden zahlreiche zelluläre Vorgänge beeinflusst, darunter die Genexpression und die Zellproliferation. In der heutigen Forschung ist diese Wechselwirkung sehr interessant, da antitumorische Eigenschaften aus ihr resultieren könnten. Ein besonderes Cannabinoid mit Namen CBG steht bereits in der Diskussion, gegen Tumore vorgehen zu können. Wenn mehr Erkenntnisse auf diesem Bereich errungen werden, könnte sich die Hanfpflanze als ein noch größerer Segen herausstellen, als sie bereits ist.
THC und CBD für ein gesundes Nervensystem
Die heutige Forschung kennt nicht viel mehr genaue Wechselwirkungen als diese. Dabei konnten uns diese bereits einen ordentlichen Einblick dahin gehend geben, wie THC und CBD im Gehirn wechselwirken. Immer nur zu behaupten, dass bestimmte Effekte entstehen, ist nicht genug: Handfeste Beweise müssen die Funktion belegen.
Die beschriebenen Wechselwirkungen äußern sich in Form von Symptomen, die man als Benutzer selbst mitbekommen sollte. Hierunter befinden sich entzündungshemmende Eigenschaften, schmerzlindernde, neuroprotektive, entspannende, anxiolytische und so weiter. Es bleibt spannend abzuwarten, was die zukünftige Forschung über Cannabinoide noch alles zutage fördern wird.