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Das heilende Potenzial der Hanfpflanze in Form der modernen Cannabismedizin ist ein aktuelles und wichtiges Thema. Immer mehr schwer erkrankte Menschen versuchen in der Cannabis Therapie Linderung oder Heilung zu finden. Doch wann kann ein Arzt Cannabis verschreiben?
Grundsätzlich kann ein Arzt einem Patienten Cannabis verschreiben, denn Ärzte besitzen eine Therapiehoheit. Das bedeutet, dass der Arzt zu entscheiden hat, ob Cannabis im Einzelfall für den Patienten sinnvoll ist oder nicht. Wichtig ist nur, dass sich der Arzt eine mögliche Besserung des Gesundheitszustandes des Patienten mit Cannabis verspricht.
Erkrankungen – Diagnose
Cannabis wird überwiegend bei schweren Erkrankungen eingesetzt. Man kann die Patienten in verschiedene Gruppen unterteilen. Einen Großteil machen Menschen mit chronischen Schmerzen aus. Beispiele dafür sind das Rückensyndrom oder Migräne, neurologische Erkrankungen, Polyneuropathie, Multiple Sklerose oder Epilepsie. Auch psychische Probleme, wie Zwänge, Depressionen oder ADHS können sich durch eine Therapie mit Cannabis bessern. Cannabis kann auch während einer Chemotherapie sehr hilfreich sein.
Anwendungsgebiete für eine Therapie mit Cannabis
- Übelkeit/Erbrechen
- Appetitlosigkeit/Abmagerung
- Bewegungsstörungen
- Schmerzzustände
- Glaukom
- Epilepsie
- Asthma
- Abhängigkeit/Entzugssymptome
- Autoimmunerkrankungen
- Entzündungen
- Psychische Erkrankungen
Diese Indikationen müssen aus einer schweren Erkrankung hervorgehen, um überhaupt eine Chance auf eine Cannabis-Medikation zu haben. Aktuell bekommt man Cannabis am ehesten verschrieben, wenn eine Krankheit der oben genannten Gruppen festgestellt wurde. Hierfür ist es ratsam den Krankheitsverlauf gut zu dokumentieren. Insbesondere geht es um die Therapie, also die Tabletten oder Medikamente, die man zuvor zu sich genommen hat, um die bestehenden Erkrankungen in den Griff zu bekommen. Aber auch wie stark die Krankheit ausgeprägt ist und seit wann man das Leiden hat, ist von Bedeutung. Dadurch kann der Arzt die jeweilige Situation des Patienten besser einschätzen.
Orientierungshilfe bei Cannabismedikation
Seit der Gesetzesänderung im März 2017 sind Ärzte befähigt Cannabis auf Rezept auszustellen.
Der Gesetzestext lautet:
§ 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung
Absatz (6): Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn
1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung im Einzelfall nicht zur Verfügung steht,
2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht und
3. die oder der Versicherte sich verpflichtet, an einer bis zum … [einsetzen: Datum des letzten Tages des auf das Inkrafttreten folgenden 60. Monats] laufenden nicht interventionellen Begleiterhebung zum Einsatz dieser Arzneimittel teilzunehmen.
Die wichtigsten Änderungen im neuen Gesetz
- Der behandelnde Arzt hat die Therapiehoheit
- Therapeutische Möglichkeiten müssen ausgeschöpft sein
- Ausnahmegenehmigung von der BfArM ist nicht mehr nötig
- Krankenkassen müssen für die Cannabis-Medikation aufkommen
- Kostenantrag wird vom Arzt an die Krankenkasse gesendet
- Krankenkassen haben eine Frist von 4 Wochen für die Entscheidung (bei Palliativpatienten 3 Tage)
Momentan gestaltet sich die Suche nach einem Arzt noch etwas schwierig, da sich viele Ärzte noch nicht mit dem Thema Cannabis als Medizin befasst haben. Hier ist es zu empfehlen, selbst Informationen zu sammeln und diese dem Arzt vorzulegen. So kann man versuchen Vorurteile abzubauen und die Skepsis zu lindern. Die Suche nach einem Arzt kann je nach Krankheitsbild leider etwas dauern, daher nicht entmutigen lassen und dranbleiben.
Durch die jahrelange Stigmatisierung von Cannabis haben auch Ärzte gewisse Bedenken gegenüber Cannabis, jedoch werden diese Stück für Stück abgebaut. Derzeit sind die Hürden und die Auflagen für Ärzte, die Cannabis verschreiben wollen, mit viel Arbeit verbunden, denn der Arzt muss auch mit dem Patienten an einer Begleiterhebung teilnehmen. Das ist eine Studie, die mehr Auskunft über die Therapie mit Cannabis liefern soll. Solche Studien sind mit viel Schreibarbeit und Zeit verbunden, was ein weiterer Grund dafür sein kann, dass viele Ärzte noch so zurückhaltend beim Thema Cannabis reagieren.
Der Antrag an die Krankenkasse
Hat man einen Arzt gefunden haben, der bei einer Therapie mit Cannabis unterstützt, muss dieser einen Bericht an die Krankenkasse senden, einen sogenannten Kostenantrag für die Kostenübernahme der Therapie mit Cannabis. Hierbei wird die Notwendigkeit von einer Cannabis Therapie erklärt und warum diese unvermeidbar ist. Dabei geht es vorwiegend darum, das Risiko und den Nutzen einer solchen Therapie im Vergleich zu anderen Therapien abzuwägen.
Vor allem dann, wenn man schon sehr viele Medikamente einnimmt, ist es riskant weitere Medikamente zu nehmen, da diese eventuelle Wechselwirkungen verursachen können. Hat der Arzt einen solchen Antrag gestellt, hat die Krankenkasse in der Regel 4 Wochen Zeit, den Antrag anzunehmen oder abzulehnen. In schwierigen Fällen (bei Palliativpatienten) muss die Krankenkasse innerhalb von 3 Tagen Bescheid geben, ob sie die Kosten übernehmen wird. Sollte der Antrag abgelehnt werden, hat man selbstverständlich die Möglichkeit dagegen vorzugehen und rechtliche Schritte einzuleiten. Diesen Schritt sollte man unbedingt versuchen, denn viele Patienten haben ihr Recht auf diesem Wege schon zugesprochen bekommen.
Privatrezept als Option
Natürlich kann jeder Arzt ein Privatrezept ausstellen, wenn der Patient die Kosten selbst trägt. In diesem Fall muss der Arzt auch keine Kostenerstattung bei der Krankenkasse erbitten. Dieser Vorgang ist primär für den Versuch, ob Cannabis hilfreich ist, zu empfehlen. So kann der Patient die Medizin ausprobieren und wenn sie wirkt, kann die Kostenübernahme vorbereitet werden. Hoffen wir, dass alle Patienten, die mit Cannabis besser leben können, auch Hilfe bekommen.