Bei dem Thema Cannabis als Medizin scheiden sich die Geister. Was im letzten Jahr noch vielen Patienten Hoffnung und Kraft gegeben hat, ist leider immer noch ein Trauerspiel, geprägt von Empörung und Leid. Im Moment weigern sich die meisten Krankenkassen (GKV) noch eine Kostenübernahme für Cannabis zu gewähren, sogar bei Patienten, die über eine Ausnahmegenehmigung für den Gebrauch von Cannabis verfügen.
Dieses Verhalten ist nicht nachvollziehbar, da eine Ausnahmegenehmigung nur von der Bundesopiumstelle ausgestellt werden darf, welche der staatlichen Institution Bfarm (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) angehört. Mit anderen Worten stellen sich die gesetzlichen Krankenkassen bzw. deren Dachverband über den Staat, der diese Form der Selbsttherapie nur in äußerst schweren Fällen genehmigt hat. Dadurch bleibt der Zustand für die meisten Patienten unzumutbar, egal ob es nun darum geht, einen Kassenarzt zu finden, der eine Cannabistherapie unterstützt und begleitet, oder eben darum, eine Kostenübernahme zu erhalten.
Pharmazeuten sind skeptisch
Am Montag den 08.05.17 hatte das House of Pharma und die Pharmazeutische Gesellschaft zu einer Diskussionsrunde nach Frankfurt am Main eingeladen. Das Thema war, wie soll es anders sein, Cannabis als Arzneimittel. Zu Gast waren unterschiedliche Pharmazeuten, Ärzte und Vertreter der Pharmaindustrie. Dabei waren viele der Pharmazeuten nicht davon angetan Cannabisblüten an Patienten abzugeben. Grundsätzlich sei dies eher ein Rückschritt aus pharmazeutischer Sicht. In der Regel werden Fertigarzneimittel, Reinsubstanzen und Monopräparate bevorzugt. Diese können dann auch teilweise synthetisch hergestellt sein.
Zudem würde die Erfahrung zeigen, dass Monopräparate eine ausreichende Wirkung besitzen, auch in Bezug auf Cannabinoide wie THC oder CBD. Das Problem bei Cannabis sei vor allem die Dosierung, die im Vergleich zu Kapseln oder Tabletten sehr ungenau ist. Vor allem Dosen von 5 oder 10 mg sind kaum abzumessen. So hatte auch das Bfarm auf einer Konferenz im März angekündigt, dass der Weg in Richtung standardisierte Arzneimittel auf Cannabinoidbasis gehen soll und weg von den Cannabisblüten. Des Weiteren wurde die Problematik des schwankenden Wirkstoffgehalts aufgegriffen, da Firmen wie Bedrocan und ähnliche nur einen ungefähren THC-Gehalt angeben können, der um einige Prozent schwanken würde.
Da auch die Qualität von Ernte zu Ernte anders sein könnte, ist die Produktion nach Meinung der Pharmazeuten ein weiteres Problem. Zudem müsste der Arzt jede Sorte speziell verschreiben und demnach auch den Wirkstoffgehalt der entsprechenden Sorten kennen. Des Weiteren wurde auch die Konsumform des Vaporisierens kritisch beäugt. Durch Vaporisation tritt eine unmittelbare Wirkung in Kraft, diesen Vorgang müsste man dann mehrmals täglich wiederholen. Herkömmliche Schmerzmittel oder Medikamente setzen ihren Wirkstoff Stück für Stück frei und werden so nur ein bis 2-mal täglich genommen. So müsste man bei Cannabis immer wieder erneut vaporisieren, um einen gewisse Wirkung zu halten.
Ein Licht im Dunkeln
Glücklicherweise war allen Beteiligten klar, dass Cannabinoide ein erhebliches pharmazeutisches und therapeutisches Potenzial haben, welches auch genutzt werden soll. Lediglich die Art und Weise des Konsums, bzw. das Medikament ist für viele noch etwas ungewöhnlich. Trotzdem beachteten die geladenen Experten auch den Vorteil des Entourage-Effekts und dessen Interaktion der einzelnen Terpene und Cannabinoide. Dieser Effekt sorgt dafür, dass manche Cannabinoide besser vom Körper aufgenommen werden können oder unerwünschte Nebenwirkungen einzelner Cannabinoide hemmen.
Deswegen ist Cannabis in Form von Blüten oder als Pflanzenextrakt wohl doch überaus wertvoll und in manchen Fällen unverzichtbar. Zumal auch einige Patienten davon berichten, dass die Wirkung von Medikamenten wie Dronabinol oder Marinol nicht ansatzweise so gut wirken wie Cannabis. Dies spricht wiederum für den Entourage Effekt und die ganzheitliche Wirkung von Cannabis. Man kann nur hoffen, dass die Krankenkassen die Notwendigkeit einer solchen Therapie erkennen und allen zukommen lassen, die sie brauchen.