Schimmelpilze und deren Sporen umgeben uns täglich zu Millionen in der Luft, die wir atmen. Die allermeisten von ihnen sind harmlos. Auch die potenziell krankheitsauslösenden kann unser Immunsystem in der Regel bekämpfen. Jedoch ergibt sich mit medizinischem Cannabis in diesem Zusammenhang eine gefährliche Konstellation für Risikogruppen. Viele Patienten, die medizinisches Cannabis konsumieren, sind schwer und chronisch erkrankt. Deswegen ist deren Immunsystem oftmals nur bedingt funktionsfähig und genau aus diesem Grund dann anfälliger für Pilzinfektionen.
Auf Hanf der nicht richtig getrocknet und weiterverarbeitet oder gelagert wurde, können sich zahlreiche Schimmelpilze bilden. Eine besonders gefährliche Gattung davon sind Pilze der Gruppe Aspergillus. Sporen von diesem Schimmelpilz können bei immungeschwächten Patienten zur sogenannten Aspergillose führen, die tödlich enden kann. Abseits von einer potenziellen Gefahr für die Gesundheit, führt Schimmelbefall auch zu einem zunehmenden Zerfall der erwünschten Wirkstoffe und somit zu einer verminderten medizinischen Wirksamkeit.
Temperatur beim Rauchen eliminiert Sporen nicht
Ein großes Problem ist die enorme Hitzebeständigkeit von Aspergillus. Cannabis wird häufig geraucht, jedoch reicht die dabei entstehende Temperatur nicht aus, um die Sporen zuverlässig abzutöten. Das führt dazu, dass die Sporen bewusst in die Lunge gelangen, in jenes Organ, von welchem aus sich eine Aspergillose am stärksten in den Körper ausbreiten kann. Während ein gesunder Mensch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht daran erkranken wird, kann dies für einen HIV-Patienten, oder Chemotherapiepatienten mit geschwächtem Immunsystem, lebensbedrohlich sein.
Auf Medicinal Genomics, einer renommierten US-Plattform über medizinisches Cannabis, finden sich über 20 dokumentierte Fälle, bei denen kontaminierter Rauch bei immungeschwächten Patienten zu Aspergillose führte. Wichtig zu wissen ist, dass dieses Problem nur beim Rauchen besteht. Sofern man an einem eingeschränkten Immunsystem leidet und man nicht sicher ist, ob das eigene Produkt auf Aspergillus getestet wurde, sollte man, wenn möglich, auf andere Konsumformen ausweichen. Durch oralen Konsum, beispielsweise durch Backwaren, kann dieser Pilz nicht übertragen werden. Auch Cannabisprodukte in pharmakologischer Reinheit, wie Dronabinol, enthalten natürlich keine Pilzsporen.
Testen und Bestrahlen als Gegenmaßnahme
Bei den Herstellern von medizinischem Cannabis ist diesen Problem bereits seit einigen Jahren bekannt. Fast alle Bundesstaaten die medizinisches Cannabis anbieten, testen deren Produkte auf Aspergillus. Die United States Pharmacopeia (USP) nennt hierbei die sogenannte qPCR-Methode als das sicherste standardisierte Verfahren, um diesen gefährlichen Schimmelpilz nachzuweisen. Dieser PCR-Test deckt alle genetischen Subtypen von Aspergillus ab. Einen einfachen Schnelltest, den man zu Hause anwenden kann, gibt es bis heute bisher nicht. In Deutschland versucht man dieses Problem mittels Bestrahlung der Ernte unter Kontrolle zu bekommen. Etwas mehr als die Hälfte des in Deutschland geernteten Cannabis wird bestrahlt, um Schimmelpilze und andere Mikroben abzutöten.
Dabei unterscheidet man zwei verschiedene Methoden. Die Bestrahlung mittels Gammastrahlung und die Bestrahlung mit Elektronen. Insbesondere die Dekontamination mittels Gammastrahlung sorgt für kontroverse Diskussionen. Ein Argument der Kritiker ist, dass durch Gammastrahlung radioaktive Isotope entstehen und außerdem das Wirkstoffprofil verändert wird. Laut aktuellen Stand der Wissenschaft ist diese Befürchtung jedoch unbegründet. Die keimtötende Dosierung von Gammastrahlung ist so gering, dass diese weit unter der Intensität liegt, bei der Stoffe wie Cannabinoide zerfallen würden.
Chromatografische Analysen von Cannabisproben vor und nach der Dekontamination mittels Gammastrahlung, konnten keine Veränderungen im Cannabinoidprofil nachweisen. Lediglich in der Zusammensetzung der Terpene ergaben sich leichte Schwankungen. Es konnte bei dieser Bestrahlungsintensität auch keine gesundheitlich bedenkliche Konzentration an radioaktiven Isotopen nachgewiesen werden. Die Sterilisation von Lebensmitteln durch Gammastrahlung wurde von der FDA und der WHO als unbedenklich eingestuft und ist auch bei vielen weiteren Lebensmitteln eine gängige Praxis.
Prohibition verstärkt Problem
Abseits von medizinischem Cannabis, bei welchem dieses Problem bereits im Blickfeld ist, tritt eine Verunreinigung durch Aspergillus natürlich insbesondere bei Straßengras auf. Ein Patient, der aufgrund der schier endlosen Bürokratie, welche für medizinisch verschriebenes Cannabis nötig ist, auf leicht erhältliches Straßengras zurückgreift, kann hier in eine fatale Falle tappen. Je nachdem in welchem gesundheitlichem Zustand er sich befindet und gegen welche Grunderkrankung er Cannabis anwendet, kann dies zu einer tödlichen Aspergillose führen. Diese Gefahr ist wieder ein Grund mehr, Cannabis endlich vollständig zu legalisieren. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass flächendeckend ein Mindestmaß an Qualität erhältlich ist.