Obwohl die Behandlung mit Cannabis im Rahmen einer Palliativversorgung in Deutschland legal ist, haben viele Patienten trotzdem Schwierigkeiten, einen Arzt zu finden, der ein Rezept für medizinisches Cannabis ausstellt und sie bei der Therapie begleitet. Das Frankfurter Start-up Algea Care bietet austherapierten Patienten Zugang zu medizinischem Cannabis und Therapiebegleitung via Telemedizin.
Gesetzliche Krankenkassen und MDK prüfen genau, ob sie die Kosten für eine Behandlung mit Cannabis übernehmen müssen. Bevor Patienten bei ihrer Kasse einen Antrag auf Kostenübernahme der Therapie mit medizinischem Cannabis einreichen können, muss man erst einmal einen Arzt finden, der bereit ist, ein Rezept auszustellen.
Schnelle Expansion aufgrund hoher Nachfrage
„Schätzungsweise weniger als zwei Prozent der praktizierenden Ärzte verordnen medizinisches Cannabis und sehen sich in der Lage, die Therapie angemessen zu begleiten“, sagt Algea-Mitgründer Dr. Julian Wichmann. „Das ist ein stückweit auch verständlich, denn es handelt sich nach wie vor um ein relativ Neues und vor allem um ein sehr komplexes Thema, an dem sehr viele Begleitthemen hängen. Beispielsweise muss man als verschreibender Arzt auch den Bestand in Apotheken im Auge behalten und bei rechtlichen Themen über Expertise verfügen.“
Im Juni wurde das Unternehmen gegründet, drei Monate später nahm die erste Niederlassung in Frankfurt den Betrieb auf. Es folgten weitere Standorte in Berlin und München. In Zukunft will das Unternehmen auch Praxen in Hamburg, Köln und Stuttgart eröffnen „Wir betreten mit unserem Businessmodell komplettes Neuland und haben ein Alleinstellungsmerkmal als erster Telemedizinanbieter, der auch nach Betäubungsmittelgesetz regulierte Medikamente wie Cannabis verschreiben kann.“
Die beiden Gründer Julian Wichmann und Anna Kouparanis, die schon seit Längerem in der Branche tätig ist, bestätigen die sehr hohe Nachfrage an Cannabis als Medizin. „Bisher sind wir nur sehr wenig in die Öffentlichkeit getreten, um unser Geschäftsmodell in Ruhe weiterentwickeln und skalieren zu können – sonst hätten wir den Ansturm zu Beginn nicht bewältigen können.“ Knapp drei Monate nach Betriebsbeginn hat Algea Care 32 Mitarbeiter. Darunter zehn Ärzte, die über 500 Patienten betreuen.
Kontinuierliche Betreuung von Cannabispatienten
Patienten können einen Termin für ein Erstgespräch vereinbaren, das immer vor Ort in einer der Praxen stattfindet. Zuvor erhalten Interessierte ausführliche Anamnesebögen, die sie selbstständig ausfüllen. Die hauseigenen Mediziner prüfen dann die Unterlagen, bevor ein Arztgespräch vereinbart wird. Das habe den Vorteil, dass Patienten bequem von zu Hause alle Unterlagen fertigstellen und die Ärzte sich vorab in Ruhe mit dem jeweiligen Fall befassen könnten, so Wichmann. Im Erstgespräch könne man sich dann auf wirklich wichtige Fragen konzentrieren.
Das Unternehmen arbeitet rein privatärztlich, habe aber größtenteils Kassenpatienten. Ein Erstgespräch koste zwischen 100 und 140 Euro. Es sei damit weitaus günstiger als bei anderen Privatärzten. Denn nach dem Ersttermin und der Verordnung verspricht Algea Care eine angemessene Betreuung per Videosprechstunde. Auch Nebenwirkungen, die zu Beginn noch nicht auftreten, könne man durch die ständige Betreuung besser behandeln.
„Im Schnitt hat ein Patient dann alle vier bis sechs Wochen einen Folgetermin. Das ist auch notwendig, weil es sich um ein sehr komplexes Arzneimittel handelt, bei dem man den Therapieverlauf engmaschig betreuen und oft auch anpassen muss“, erklärt Wichmann.