Seit Cannabis als Medizin immer mehr Akzeptanz in der Öffentlichkeit genießt, ist das mögliche Potenzial gegen Krebserkrankungen ein immer wieder aufkommendes Thema. Das Potenzial ist da, da sind sich mittlerweile viele Forscher einig. Man wird durch eine simple Freigabe von handelsüblichem Cannabis leider nicht die Welt von Krebserkrankungen befreien können. Spezifische Forschung an den Hunderten von Substanzen ist nötig, die in der Cannabispflanze schlummern.
Den Cannabinoiden wird der Großteil der medizinischen Wirkung von Cannabis zugeschrieben
Die Cannabisforschung wird es in den kommenden Jahren noch mit sehr vielen einzelnen Substanzen zu tun haben, aber auch mit den Interaktionen der Stoffe untereinander. Gerade bei Krebserkrankungen scheinen unterschiedliche Cannabissorten gegen verschiedene Tumorarten wirksam zu sein. Harvard-Wissenschaftler haben vor Kurzem eine Verbindung in der Pflanze gefunden, die primär für die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs großes Potenzial zu haben scheint. In diesem Fall ist es kein Cannabinoid, sondern eine andere Substanz, die bei Tumoren der Bauchspeicheldrüse Wirkung zu zeigen scheint.
Ein Flavonoid tötet die Tumorzellen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
Die drei großen Stoffgruppen, die in Cannabis vorhanden sind, sind Cannabinoide, Terpene und Flavonoide. Während der Großteil der bis heute bekannten medizinischen Wirkungen von Cannabis den Cannabinoiden zugeschrieben werden, stand bei der Harvard-Studie ein Flavonoid im Fokus des Interesses.
Am Dana-Farber Cancer Institute der Universität haben Forscher in Versuchen bei Mäusen 70 Prozent der Tumore erfolgreich behandeln können. Das Flavonoidderivat trägt die Bezeichnung FBL-03G, ist nicht psychoaktiv, kommt auch in Gemüse und Obst vor und verleiht den Gewächsen ihre Farbe. Die Cannabispflanze weist nur etwa 0,14 Prozent des Flavonoids auf.
Die Überlebenschancen der Krebspatienten könnten durch den Cannabiswirkstoff stark erhöht werden
Den Angaben der Harvard-Wissenschaftler, die an der Studie arbeiteten, zufolge, hat die tumororientierte Verabreichung von Flavonoiden aus Cannabis sowohl die lokalen Tumorzellen abtötet, als auch die Zellen von Metastasen. Dies könnte die Überlebenschancen bei Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs signifikant erhöhen.
Nach Lungenkrebs gehören die Tumore in der Bauchspeicheldrüse zu den häufigsten Krebserkrankungen. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate beträgt derzeit etwa acht Prozent. Durch die Ergebnisse der Studie könnten Medikamente entwickelt werden, die die Chancen der Patienten stark erhöhen.
In der Folge der erfolgreichen wissenschaftlichen Arbeit soll nun untersucht werden, wie das Immunsystem in den Prozess eingebunden ist. Da die Wirkung des Flavonoids auch bei Metastasen in anderen Organen angeschlagen hat, liegt es nahe, dass es Mechanismen gibt, die die Heilung indirekt über das Immunsystem fördern. Die nächsten präklinischen Studien des Teams aus Harvard mit FBL-03G sollen bis zum Ende 2020 abgeschlossen sein.