Der Grund, warum Drogen überhaupt beim Menschen eine Wirkung auslösen, ist, weil der Körper selbst bereits unzählige dieser Substanzen produziert, die strukturell eng verwandt sind, mit jenen Substanzen, die wir umgangssprachlich als Drogen bezeichnen. Im Falle von Cannabis handelt es sich hierbei um die Stoffgruppe der Cannabinoide. THC, der wohl bekannteste psychoaktive Vertreter dieser Gruppe, löst beim Menschen nur deshalb einen Rausch aus, weil er an den gleichen Rezeptoren andockt, an denen auch körpereigene Cannabinoide wirken.
Der Körper produziert mehrere Cannabinoide, um sich sozusagen bei Bedarf berauschen zu können, beispielsweise wenn Schmerzstillung erforderlich ist, oder die Emotion Glück erzeugt werden soll. Auch eine Vielzahl an immunologischen Prozessen werden durch Cannabinoide gesteuert. Dies geschieht primär über den CB2-Rezeptor, der sich auf Immunzellen und vielen weiteren Körperregionen befindet. Das vermutlich bekannteste körpereigene Cannabinoid ist Anandamid. Ferner gibt es noch zahlreiche sehr viel exotischere als N-Arachidonoyldopamin, in Kurzform auch NADA genannt.
Chemisch mit Dopamin verwandt
NADA ist chemisch betrachtet eine Sonderform der Cannabinoide. Im Körper wird NADA aus dem bekannten Hormon Dopamin synthetisiert. Laut aktuellem Stand der Wissenschaft gibt es 2 Synthesewege, mit denen NADA im Körper herstellt wird. Der größte Teil wird durch eine Reaktion von Dopamin mit Arachidonsäure hergestellt. Daneben wird eine kleine Menge auch noch über eine Reaktionskette ausgehend von der nicht essenziellen Aminosäure Tyrosin hergestellt, bei der hauptsächlich Dopamin selbst entsteht, jedoch nebenbei auch NADA als Zwischenprodukt anfällt.
Die Wirkung von NADA entfaltet sich hauptsächlich an den CB1-Rezeptoren. Dort wirkt es als Agonist. Es weist eine Inhibitionskonstante Ki von etwa 0.25 auf, was einem vielfachen der Potenz von THC entspricht. Im Körper kommt NADA primär im Kleinhirn, im Hippocampus und im Striatum vor. Da es neben seiner typischen chemischen Struktur, die von bekannteren Cannabinoiden kennt, auch noch ein Dopamingerüst besitzt, wirkt es darüber hinaus auch noch TRPV1-Rezeptoren, die für die Schmerzübertragung zuständig sind. Dieser Rezeptor wird umgangssprachlich auch als Capsaicin-Rezeptor bezeichnet, weil er jener Rezeptor ist, der die Schärfe von Chilis, als scharf, und als schmerzhaft scharf wahrnehmen lässt.
Wichtige Rolle beim Schmerzempfinden
NADA ist im Zentralnervensystem hauptsächlich für die sogenannte Nozizeption verantwortlich. Als Nozizeption bezeichnet man jene Kaskade an biochemischen Reaktionen, durch die ein Schmerzreiz von seinem Ort der Entstehung ins Gehirn weitergeleitet wird. Unter anderem sind an diesem Signalweg Aktivitäten an den Cannabinoid Rezeptoren und an den TRPV1-Rezeptoren beteiligt. NADA wirkt dort als Neurotransmitter, der über eine agonistische Wirkung an den genannten Rezeptoren andockt und abhängig von seiner dortigen Konzentration, an der Intensität des wahrgenommenen Schmerzes beteiligt ist.
Eine Forschungsarbeit aus dem Jahr 2017, die an der medizinischen Universität in Halle (an der Saale) durchgeführt wurde, beschäftigte sich mit genau dieser Rolle von NADA in der Prozesskette der Schmerzweiterleitung. Man kam dabei zu dem Schluss, dass NADA in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Suche nach neuen Schmerzmitteln werden könne. Alle bislang am Markt verfügbaren Schmerzmittel greifen nicht in der gleichen Weise regulierend in den Prozess der Schmerzweiterleitung ein, wie NADA.
Schlüsselfunktion in zahlreichen weiteren körpereigenen Prozessen
NADA wirkt als körpereigenes Mittel gegen Entzündungen. Seine entzündungshemmende Wirkung ergibt sich vorwiegend dadurch, dass es die PEG2-Synthese hemmt. PEG2 ist ein Protein, welches eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Entzündungen spielt. Typische Begleiterscheinungen wie Rötung oder auch Fieber werden vornehmlich durch dieses Protein gesteuert. Folglich lindert eine Eindämmung von PEG2 durch das körpereigene Cannabinoid NADA, genau diese Entzündungsreaktionen.
Des Weiteren ist NADA an der Regulierung des Gefäßtonus beteiligt. Gefäße können sich durch verschiedene Einflussfaktoren entweder zusammenziehen oder sich auch erweitern und entspannen. Genau dieser Prozess wird auch über CB1-Rezeptoren an den Gefäßwänden gesteuert. NADA ist hier für die entspannende Wirkung über eine agonistische Wirkung am CB1-Rezeptor zuständig. Sowohl von Mausmodellen, als auch von Zellkulturen ist bekannt, dass NADA auch eine neuroprotektive Wirkung hat.
Vor allem im Hippocampus kann es durch seine agonistische Wirkung auf den CB1-Rezeptor den Schaden von oxidativen Stress auf Nervenzellen reduzieren. In Immunzellen spielt NADA eine Schlüsselrolle in der Koordination des Immunfaktors TNF, einem Zytokin, welches ebenfalls an Immunreaktionen beteiligt ist. An all diesen Beispielen lässt sich zeigen, dass Cannabinoide viel mehr können, als einfach nur high machen. Vielmehr spielen sie eine zentrale Rolle bei einer Vielzahl immunologischer und chemischer Prozesse ohne denen unser Körper nicht lebensfähig wäre.