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Marihuana oder Chemielabor?
Es gibt drei Arten von Cannabinoiden, wenn es um deren Entstehen geht. Es sind zum einen die endogenen Cannabinoide, die im Körper gebildet werden. Dem gegenüber stehen exogene Cannabinoide. Hier wird in die pflanzlichen Phytocannabinoide und die synthetischen Cannabinoide aus dem Chemielabor unterteilt.
Jedes Wirbeltier hat ein Cannabinoid-System und bildet damit auch endogene Cannabinoide. Bei den Phytocannabinoiden gibt es die größte Zahl und höchste Konzentration in der Cannabispflanze. Phytocannabinoide kommen vereinzelt auch in anderen Pflanzen vor. Das gilt ebenfalls für einige endogene Cannabinoide. So kommt Anandamid als endogenes Cannabinoid z. B. in Kakao und damit in Schokolade vor. Die Konzentrationen reichen natürlich nicht für einen Anandamid-Rausch, der dann dem THC-Rausch ähnlich wäre.
Fließende Übergänge
Viele in der Natur vorkommenden Moleküle können exakt im Chemielabor nachgebildet werden. Das ginge dann auch für einige endogene Cannabinoide und Phytocannabinoide. Es kann also Cannabinoide geben, die sich in zwei oder vielleicht drei der drei Entstehungsgruppen der Cannabinoide befinden können. Anandamid kommt immerhin auch in Kakao und Schokolade vor sowie es möglicherweise auch im Chemielabor hergestellt werden kann. Der überwiegende Entstehungsort ist jedoch in unseren Körpern, womit man es klar zu den endogenen Cannabinoiden zählen würde. Ansonsten müsste man den Begriff Anandamid um den Entstehungsort erweitern.
Neben den identischen Molekülen aus der Natur könnten auch künstlich nachgebildete Moleküle, die fast identisch sind, eine möglicherweise gleichwertige Wirkung wie das natürlich vorkommende Cannabinoid aufweisen. Dennoch würden die Wissenschaftler dann zwei verschiedene Bezeichnungen wählen. THC und Anandamid haben immerhin auch eigene Namen.
Zu den fließenden Übergängen gehören auch teilsynthetisch hergestellte exogene Cannabinoide. So wird aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen teils CBD-haltiger Faserhanf angebaut, um CBD zu extrahieren, woraus anschließend THC hergestellt wird. Aus wirtschaftlichem Gesichtspunkt wäre es viel sinnvoller, direkt THC-haltigen Cannabis anzubauen. Technisch gesehen sind die Atome in den Molekülen von THC und CBD exakt gleich angeordnet. Nur eine Doppelbindung zwischen beiden Molekülen ist anders.
Wenn im Chemielabor ein Naturprodukt lediglich angepasst wird, dann handelt es sich um teilsynthetische Produkte. Wenn jedoch bereits die Zutaten aus dem Reagenzglas oder dem Erdöl stammen, dann wäre es ein vollsynthetisches Produkt. Bei teilsynthetischen Cannabinoiden wird auch von künstlichen Cannabinoiden gesprochen. Sie sind weder reines Naturprodukt noch stammen sie gänzlich aus dem Chemielabor. Zumindest wird bei Dronabinol mit seinem Wirkstoff THC je nach Verfahren von einem pflanzlichen oder teilsynthetischen Ursprung gesprochen.
Hunderte exogene Cannabinoide
Cannabinoide werden erst seit Kurzem in den medizinischen Fokus der Öffentlichkeit gerückt. War den Leuten einst höchstens THC ein Begriff, so wissen inzwischen viele, dass auch CBD ein Cannabinoid ist und es noch viele weitere Cannabinoide gibt. Seit der „Spice“ Welle ist es zugleich öffentlich bekannt, dass es synthetische Cannabinoide gibt. Dennoch machen sich viele kein Bild von dem Umfang dieser Stoffgruppe.
Wenn bislang wenigstens 113 Pytocannabinoide neben weiteren ausschließlich in der Cannabispflanze ausgemacht wurden, so gibt es vermutlich bereits Hunderte synthetische Cannabinoide. Diese werden nicht entdeckt, sondern erschaffen. Wie bereits erwähnt wurde, muss im Molekül nur eine Doppelbindung anders sein, damit es zu einem anderen Stoff wird und eine ganz andere Wirkung entfaltet. Genau deswegen sind die synthetischen Cannabinoide viel gefährlicher als die natürlichen. Wird in Deutschland von Cannabistoten gesprochen, dann gehen die belegten Fälle ausnahmslos auf synthetische Cannabinoide zurück. Mit natürlichen Cannabinoiden ist es im praktischen Leben kaum möglich, eine letale Dosis zu erreichen.
Weiterhin gibt es Cannabinoide, bei denen sich die Wissenschaftler noch streiten, ob sie diese Moleküle in die Rubrik der Cannabinoide einsortieren oder nicht. Demnach sind in der Cannabispflanze viele Terpene enthalten, die z. B. den Geruch ausmachen und zu einer medizinischen Wirkung beitragen. Es gibt hierbei Moleküle, die man als Terpene und als exogene Cannabinoide werten könnte, da sie für beide Stoffklassen entsprechende Eigenschaften aufweisen.
Die Unterschiede zwischen den Cannabinoiden
Cannabinoide sind Botenstoffe, auch Neurotransmitter genannt, die im Körper an den Cannabinoid-Rezeptoren andocken und dadurch eine Reaktion auslösen. Diese ausgelöste Reaktion ist damit die Wirkung der Cannabinoide. Genau wie bei anderen Rezeptoren können verschiedene Botenstoffe unterschiedlich stark andocken oder im Körper eine unterschiedlich lange Haltbarkeit haben. Einige Cannabinoide werden also schneller oder langsamer verstoffwechselt und haben damit auch weniger oder mehr Zeit, um an einen Cannabinoid-Rezeptor oder auch anderen Rezeptoren anzudocken. Jeder Bodenstoff kann nur an bestimmte Rezeptoren andocken und belegt diese dann. Während der Andockzeit kann an dieser Stelle kein anderer Botenstoff andocken.
Wenn kontraproduktive Bodenstoffe sich im Körper nur langsam abbauen und sehr stark und zugleich sehr lange an einen Rezeptor andocken, dann muss sozusagen länger gewartet werden, bis sich ein Normalzustand wieder einstellen kann. Die Zeitspanne, in der Schäden entstehen können, ist zugleich viel länger. Bei den natürlichen Cannabinoiden sind diese Probleme überschaubar, da die Menschheit damit immerhin auch schon seit Jahrtausenden Erfahrungen hat. Für synthetisch hergestellte exogene Cannabinoide ist das alles andere als überschaubar, da sich eventuelle Spätfolgen dem Namen nach nur spät einstellen würden. Für die Konsumenten, die ohne Erfahrungswerte oder ohne richtige Informationsquellen in das kalte Wasser springen, ist die Gefahr einer kritischen Überdosierung oder einer noch unbekannten Unverträglichkeit weit höher, als bei natürlichen Cannabinoiden.