Viele Konsumenten von Cannabis werden die typische paranoide Nebenwirkung kennen, die bei überzüchteten Sorten auftritt, welche nur einen hohen THC-Gehalt haben, aber praktisch kein CBD mehr, was aber nicht an der natürlichen Hanfpflanze selbst liegt, sondern an der Prohibition. Diese führte dazu, dass im Laufe der Jahre und Jahrzehnte immer potentere reine THC-Sorten gezüchtet wurden, um den Gewinn am Schwarzmarkt zu maximieren.
Je höher der CBD-Gehalt ist, desto weniger der THC-typischen Nebenwirkungen treten auf. Insbesondere fällt dies Konsumenten auf, die genetisch bedingt eine Disposition für derartige Empfindungen haben, die man auch unter temporären psychotischen Episoden zusammenfassen könnte. Genau dieser Wirkungsmechanismus von CBD spielt auch eine Schlüsselrolle bei der Behandlung von Psychosen. Der Wirkungsmechanismus ist der gleiche. Eine antagonistische Wirkung am CB1-Rezeptor führt zu einer signifikanten Reduktion von psychotischen Symptomen, besonders bei paranoider Schizophrenie, welche eine der häufigsten klinischen Diagnosen weltweit auf diesem Gebiet ist.
Es gibt einen komplexen Zusammenhang zwischen dem Endocannabinoidsystem, extern zugeführten Cannabinoiden und Psychosen. Vornehmlich kommt hier der CB1-Rezeptor ins Spiel, an welchem mittels Agonisten die typische psychoaktive Wirkung von THC und anderen psychoaktiven Cannabinoiden ausgelöst wird. Im Gegenzug dazu lässt sich dieser mittels eines Antagonisten wie CBD hemmen und daher die mit ihm assoziierten Effekte eindämmen. Obwohl CBD nur eine mäßige Bindungsaffinität am CB1-Rezeptor zeigt, ist seine antagonistische Wirkung dennoch ausreichend, um die Effekte von THC signifikant zu reduzieren. Die Effekte von synthetischen Cannabinoiden, welche im Gegensatz zu THC (partieller Agonist), in der Regel Vollagonisten sind, werden zumindest bedingt aufgehoben.
CBD als mögliche nebenwirkungsarme Alternative zu Neuroleptika
In der Regel werden Psychosen mit Neuroleptika wie Haloperidol oder Amisulprid behandelt. Zwar sprechen die meisten Patienten auf diese Medikamente an, jedoch haben diese oft erhebliche Nebenwirkungen, die den Alltag der Patienten deutlich beeinträchtigen können, wie Herz-Kreislauf-Probleme, Emotionslosigkeit und Depressionen. Im Vergleich dazu, treten bei CBD, selbst bei hohen Dosen praktisch keine Nebenwirkungen auf, weshalb dieses für Patienten eine echte Alternative darstellen könnte.
Es gibt mittlerweile einige klinische Studien, die zeigten, dass CBD ab einer Dosierung von 600 bis 1000 Milligramm am Tag, psychotische Symptome abschwächen kann. Die Tatsache, dass CBD einen völlig anderen Wirkungsmechanismus hat als konventionelle Neuroleptika, könnte eine große Hoffnung für Patienten sein, die auf diese Medikamente nicht ansprechen und als behandlungsresistent gelten. Die konventionellen Medikamente wirken in der Regel ausschließlich über den Dopamin-D2-Rezeptor und zeigen keine Beteiligung am CB2-Rezeptor.
Noch nicht abschließend geklärt werden konnte bislang, inwiefern das körpereigene Cannabinoid Anandamid eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Psychosen spielt. Auffällig war, dass in Studien, bei denen Patienten besonders deutliche antipsychotische Wirkungen von CBD verspürten, auch eine erhöhte Anandamid-Konzentration im Blut festgestellt werden konnte.
Fazit zur aktuellen Studienlage
Studien, in denen Psychose-Patienten lediglich bis zu 600 mg CBD pro Tag verabreicht wurden, zeigten oftmals keine signifikante Besserung der Symptomatik, während die Resultate bei höheren Dosierungen in der Regel aber vielversprechender ausfallen. Bei einer im Jahr 2018 veröffentlichten Doppelblindstudie, wurde 88 Schizophrenie-Patienten, zusätzlich zu ihrer regulären Medikation entweder täglich 1000 mg CBD oder ein Placebo gegeben. Nach 6 Wochen zeigte sich in der CBD-Gruppe eine deutliche, statistisch signifikante Verbesserung der Symptomatik.
Bewertet wurde das Studienergebnis mithilfe der PANSS-Skala, der sogenannten Positive and Negative Syndrome Scale, welche zur Einordnung der Stärke von psychotischen Symptomen dient und eine eindeutige Abnahme der Positiv- und Negativsymptomatik im Vergleich zur Placebogruppe zeigte. Die Studienlage zur Behandlung von Psychosen mit ausschließlich CBD ist aktuell noch sehr dünn und die Anzahl der Patienten niedrig. Jedoch konnte bei einer Studie, die bereits im Jahr 2006 stattgefunden hatte, gezeigt werden, dass bei 3 Patienten, die an therapieresistenter Schizophrenie litten, durch die alleinige Gabe von CBD zumindest bei einem Patienten eine Verbesserung erzielt werden konnte.
Die Tagesdosis betrug zu Beginn der Studie 40 mg/Tag und wurde dann im Laufe von 35 Tagen kontinuierlich auf 1280 mg/Tag erhöht. Die Tatsache, dass CBD in hohen Dosen prinzipiell in der Lage ist, auch therapieresistente Psychosen zu bessern, gibt Hoffnung, dass der eingangs erwähnte völlig neue Wirkungsmechanismus, im Vergleich zu herkömmlichen Antipsychotika, eine echte Behandlungsoption für Patienten mit Psychosen werden könnte. Auch wenn für eine abschließende Aussage zur Effektivität von CBD noch weitere Studien nötig sein werden.