Stand der Forschung und zukünftige Ansätze
Krebs zählt zu den häufigsten Todesursachen in den entwickelten Industrieländern und die Tendenz der entsprechenden Diagnosen steigt. Die Wirksamkeit der Behandlungsmethoden hängt dabei stark von der Krebsart, den Lebensumständen und dem Diagnosezeitpunkt ab – wobei Krebs heute längst keine ausweglose Krankheit mehr sein muss.
Trotz der in den vergangenen Jahrzehnten stark verbesserten Therapieoptionen, greifen viele Betroffenen zu komplementären und experimentellen Methoden, um zum Therapieerfolg beizutragen. Die Wahl von CBD-Produkten liegt dabei nahe: Einerseits werden THC-haltige Hanfprodukte seit Jahrzehnten erfolgreich in verschiedenen Krebstherapien eingesetzt, andererseits existiert ein mittlerweile beachtlicher Datenkorpus, der die Anwendung von CBD bei Krebsbehandlungen in Augenschein nimmt.
Gesteigertes Wohlbefinden von Krebspatienten durch CBD?
Problematisch dabei sind jedoch Heilsversprechen, häufig aus dem US-amerikanischen Spektrum, die mit Pauschalaussagen werben und CBD als Wundermittel gegen Krebs vermarkten und damit Erwartungen wecken, die gegebenenfalls nicht erfüllt werden können. Ein Blick auf die aktuelle Studienlage schafft Klarheit und weist auf interessante Potenziale hin.
Die Behandlung mit CBD kann auf verschiedenen Ebenen angesetzt werden. Einerseits zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens, beispielsweise zur Milderung der negativen Auswirkungen von herkömmlicher Therapie (wie Übelkeit aufgrund der Chemotherapie), andererseits zur ursächlichen Behandlung der Krankheit (beispielsweise durch postulierte zytotoxischen Effekte von CBD-Extrakten auf Krebszellen).
In einer jüngst veröffentlichten Metaanalyse wurde aufgezeigt, dass sich CBD eher nicht, und nur in sehr geringem Maße dazu eignet, die Lebensqualität von Krebspatienten zu verbessern, auch wenn sie darauf hinweisen, dass weitere Studien notwendig wären, um diese Daten zu verifizieren – nicht zuletzt, da viele anekdotische Berichte von Patienten auf eine Wirkung hoffen lassen.
Ebenso zeigt sich die reine Anwendung von CBD (im Gegensatz zur Kombination von THC und CBD) als wenig hilfreich bei chemotherapiebedingter Übelkeit, wohingegen ein positiver Effekt auf den Appetit, die Schlafqualität sowie verminderte Angstzustände festgestellt wurden. Vielversprechender präsentieren sich jedoch die Ergebnisse von CBD in der Beeinflussung des Tumorwachstums und dessen Streuung.
CBD zeigt Verbesserungen bei zahlreichen Krebsarten
Zahlreiche Studien zeigten die zytotoxischen Eigenschaften von CBD auf Krebszellen sowie die Verhinderung der Metastasierung, verringertes Tumorwachstum sowie verminderte Resistenz gegenüber der Chemotherapie. Wobei die Wirksamkeit stark von der jeweiligen Zelllinie abhängt. Gewonnen wurden diese Erkenntnisse durch in-vitro Studien, sowie Tierversuche – für den Menschen existieren lediglich zwei Pilotstudien und eine kleine Zahl von Fallberichten. Diese Wirkungen wurden bei verschiedene Krebsarten getestet, so gibt es deutliche Hinweise auf eine positive Wirkung bei Leber-, Brust-, Lungen-, Prostata- und Darmkrebs, sowie bei Leukämie und Gebärmutterhalskrebs.
Dabei soll CBD unter anderem immunmodulierend wirken und regt mit großer Wahrscheinlichkeit die Autophagozytose an – einen natürlichen Prozess, in dem Zellen sich in ihre eigenen Bestandteile abbauen und verwerten können, welcher bei Krebs unter Umständen gestört sein kann. Andere Studien deuten darauf hin, dass CBD die Apoptose – den sogenannten programmierten Zelltod – von Krebszellen anregen kann und somit die unerwünschten Wucherungen hemmt.
Besonders spannend sind diese Ergebnisse in der Kinderkrebsforschung, da CBD in der Regel als eher verträglich gilt und somit eventuell die Dosierung der herkömmlichen Medikation verringern könnte. Malach et al. (2022) weisen darauf hin, dass Cannabinoide bereits heute erfolgreich bei Kindern mit Epilepsie angewendet werden, wodurch eine Forschung in diesem Feld zu rechtfertigen wäre. Vielversprechende Ergebnisse präsentiert darüber hinaus auch Fu et al. (2022) mit einem Kombinationspräparat aus CBD und PPD (einem aus Ginseng stammenden Wirkstoff). Das Medikament zeigte bei den Versuchstieren eine Tumorhemmung von über 82 % ohne, dass nennenswerte Nebenwirkungen festgestellt werden konnten.
Ergebnisse vielversprechend – weitere Forschung jedoch dringend nötig
Bis Dato existieren wie erwähnt keine systematischen Untersuchungen, dich sich dediziert mit der Anwendung von CBD im Menschen beschäftigen. Obwohl die in-vitro Ergebnisse sowie die Tierversuche sehr vielversprechend sind, erfordern diese Ergebnisse dringend weitere Studien mit menschlichen Probanden. Die Ergebnisse von Tierversuchen sind leider oft problematisch zu interpretieren, da es sich dabei um künstlich erzeugte Tumore handelt, die sich von den spontanen (d. h. zufälligen) Varianten im Menschen signifikant unterscheiden können.
Diesbezüglich sollte nicht übersehen werden, dass zahlreiche verschiedene Krebs-Zelllinien existieren, die sehr unterschiedlich auf die Verabreichung von Cannabinoiden reagieren. Ebenso scheint die Art der Vergabe einen großen Einfluss auf die Wirksamkeit aufzuweisen: Während das CBD bei den Versuchstieren intravenös verabreicht wird, wird es von Menschen in der Regel oral konsumiert – wobei die Bioverfügbarkeit insbesondere bei Krebspatienten durch den Krankheitszustand verschlechtert werden könnte.
Nahler weist darüber hinaus darauf hin, dass das menschliche Immunsystem eng mit dem Endocannabinoidsystem verbunden ist, die ihrerseits spezifischen Biorhythmen unterliegen. Einige Studien weisen darauf hin, dass die Effektivität der CBD Medikation eng mit dem individuellen Tagesrhythmus des Patienten zusammenhängt. Die vorliegenden unsystematischen Studien, kränkeln neben einer kleinen Teilnehmerzahl daran, dass die Probanden teils innerhalb desselben Versuchsaufbaus unterschiedliche, nicht standardisierte CBD-Produkte zu sich nahmen, deren Inhaltsstoffe in der Regel nicht bekannt sind, sodass keine verlässlichen Aussagen über die Wirkungsweise gemacht werden konnten.
Einige Studien raten – auch wegen der unklaren Deklaration von Inhaltsstoffen – von einer Eigentherapie mit handelsüblichen CBD-Präparaten ab, da auch negative Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf festgestellt wurden. In jedem Fall ist eine ärztliche Konsultation vor der Komplementärtherapie mit CBD angeraten. Trotz der methodischen Schwächen einiger Studien, sowie der vielen Unklarheiten aufgrund der Tierversuche deutet die Studienlage darauf hin, dass CBD ein vielversprechender Bestandteil zukünftiger Krebstherapien sein könnte – auch in der personalisierten Medizin.