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Beta-Amyrin zählt zu den weniger bekannten Terpenen, die im Hanf vorkommen. Genauer gesagt ist Amyrin ein Terpen, von dem mehrere verschiedene Analoga existieren, wobei Beta-Amyrin das pharmakologisch bedeutsamste ist. Beta-Amyrin gehört zur Untergruppe der Triterpene.
Wie man aus dem Namen ableiten kann, ist das eine Gruppe von Terpenen, die aus 3 Terpeneinheiten, also 3 aneinander gereihten identischen Kohlenwasserstoffen, bestehen. Beta-Amyrin und einige andere Analoga von Amyrin kommen auch in weiteren Pflanzen, wie Tomaten, vor. Beta-Amyrin kommt in allen Pflanzenteilen vom Hanf vor, sogar in den Wurzeln. Aktuelle Forschungsergebnisse konnten zeigen, dass Beta-Amyrin einige interessante medizinische Wirkungen aufweist.
Indirekte Wirkung auf die Cannabinoidrezeptoren
Obwohl Beta-Amyrin kein Cannabinoid ist und somit nicht an den Cannabinoidrezeptoren andocken kann, zeigt es dennoch über Umwege, sowohl am CB1- als auch am CB2-Rezeptor, eine indirekte agonistische Wirkung. Bereits im Jahr 2012 untersuchte ein Forschungsteam aus der Schweiz diesen Effekt anhand von Beobachtungen an Zellkulturen und Mäusen. Die indirekte Wirkung an den Cannabinoidrezeptoren kommt dadurch zustande, dass Beta-Amyrin den Abbau des körpereigenen Cannabinoids 2-Arachidonoylglycerin (2-AG) hemmt. 2-AG wird im Stoffwechsel durch Hydrolyse abgebaut. Darunter versteht man eine Aufspaltung und somit den Abbau eines Moleküls durch Wasserstoffatome.
Genau diese Hydrolyse wird durch Beta-Amyrin unterbunden. Dadurch kommt es zu einer verstärkten Anreicherung von 2-AG an den Cannabinoidrezeptoren. Bei Alpha-Amyrin konnte dieser Effekt ebenfalls festgestellt werden, jedoch in deutlich geringerem Maße. Interessanterweise wird aber nur der Abbau von 2-AG gehemmt. Andere körpereigene Cannabinoide wie Anandamid sind von diesem Effekt nicht betroffen. Diese indirekte Verstärkung der agonistischen Wirkung von 2-AG an den Cannabinoidrezeptoren bringt eine Reihe von möglichen medizinischen Anwendungen mit sich, die jenen von extern zugeführten normalen Cannabinoiden nahekommen.
Schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkung
Durch Beobachtungen an Mäusen ist bekannt, dass Beta-Amyrin durch seine Aktivierung der Cannabinoidrezeptoren eine lang anhaltende schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkung entfaltet. Erstaunlich war die sehr hohe Bindungsaffinität, die durch diesen Wirkungsmechanismus an beiden Rezeptoren erzeugt werden konnte. Am CB1-Rezeptor konnte ein Ki-Wert von 0,133 gemessen werden, während die Bindungsaffinität am CB2-Rezeptor deutlich geringer ausfiel und einen Ki-Wert von 1989 aufwies. Die Bindungsaffinität ist umso höher, je geringer der Ki-Wert ist.
Im Vergleich dazu haben THC-Derivate am CB1-Rezeptor einen Ki-Wert von 10 bis 20. Das bedeutet, mithilfe von Beta-Amyrin konnte am CB1-Rezeptor eine Wirkung erzeugt werden, die um ein Vielfaches höher ist als jene von THC. Das Paradoxe dabei ist das Fehlen einer psychoaktiven Wirkung. Wie es möglich sein kann, bei einer so starken Wirkung am CB1-Rezeptor keine berauschende Wirkung auszulösen, ist nicht restlos verstanden. Die Wirkung konnte durch die Gabe eines CB1- bzw. CB2-Antagonisten wieder aufgehoben werden, wodurch im Umkehrschluss bewiesen werden konnte, dass es sich um eine Wirkung an den beiden Cannabinoidrezeptoren handelte.
Diese ausgeprägte Wirkung am CB1-Rezeptor, die mit einer starken Schmerzstillung einhergeht, könnte zukünftig vorwiegend für Patienten mit chronischen Schmerzen, die möglichst keine Beeinträchtigung im Alltag erfahren möchten, ein neuer Therapieansatz sein. Festgestellt wurde außerdem, dass Beta-Amyrin, aber auch Alpha-Amyrin eine Reihe von Entzündungsfaktoren signifikant hemmen. Unter anderem wurden Zytokine und Interleukine, die an zahlreichen entzündlichen Prozessen als Auslöser beteiligt sind, deutlich gehemmt. Dieser Effekt kam primär über die Wirkung am CB2-Rezeptor zustande, ähnlich wie es auch von Cannabinoiden wie CBD bekannt ist.
Antioxidative Wirkung
Beta-Amyrin zeigte sowohl bei in-vitro als auch in-vivo Untersuchungen eine ausgeprägte antioxidative Wirkung. Aufgrund dieser Wirkung könnte Beta-Amyrin ein Wirkstoff sein, der zahlreiche Zivilisationskrankheiten verlangsamen oder sogar gänzlich verhindern kann. Unzählige Erkrankungen, von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin zu Krebs, werden mit freien Radikalen, also oxidativem Stress, in Verbindung gebracht. Diese Radikale wirksam hemmen zu können, ist essenziell für die Gesundheit.
Es konnte gezeigt werden, dass Beta-Amyrin die Lipidperoxidation effektiv hemmen kann. Bei der Lipidperoxidation handelt es sich um einen oxidativen Prozess, bei dem Fette, auch Lipide genannt, durch freie Sauerstoffradikale oxidieren. Daraus entstehen hochreaktive Fettsäuren, die Zellwände beschädigen und auf diese Weise eine Reihe klassischer Volkskrankheiten wie Arteriosklerose fördern. Genau diesen Prozess scheint Beta-Amyrin zu unterdrücken. Durch Studien an Ratten konnte gezeigt werden, dass nach einer siebentägigen Verabreichung von Beta-Amyrin sämtliche Blutparameter, die mit einer Lipidperoxidation in Zusammenhang stehen, drastisch gesenkt werden konnten.