Ein Problem, das sicherlich viele regelmäßige Cannabiskonsumenten kennen werden, ist die ansteigende Toleranz. Bei fast allen Drogen, bis auf sehr wenige Ausnahmen, bildet sich im Laufe der Zeit eine Toleranz aus, so auch bei Cannabis. Dies führt dazu, dass man im Laufe der Zeit immer größere Mengen konsumieren muss, um die gleiche Wirkung zu erreichen und die Wirkung bei Dauerkonsum im Laufe der Zeit einfach unbefriedigender wird.
Das Gehirn reduziert CB1-Rezeptoren
Der Grund, warum man sich durch Cannabis berauscht fühlt, ist, weil THC an den CB1-Rezeptoren im Gehirn andockt. Ein Wirkstoff und ein Rezeptor passen hier zusammen wie Schloss und Schlüssel. Der Körper produziert grundsätzlich selbst Cannabinoide, wie Anandamid. Damit dieses seine Funktion entfalten kann, dockt es an Cannabinoidrezeptoren im Körper an. Viele extern zugeführte Substanzen, wie THC, sind in ihrer Strukturformel den körpereigenen Cannabinoiden so ähnlich, dass sie ebenfalls an diesen Rezeptoren andocken können. THC ist ein CB1-Agonist, das bedeutet, es hat eine aktivierende Wirkung auf den CB1-Rezeptor.
Wenn ein Cannabinoid an einem CB1-Rezeptor andockt, wird zunächst eine ganze Kaskade an biochemischen Reaktionen ausgelöst. Die Kommunikation zwischen zwei Nervenzellen im Gehirn durch Cannabinoide, findet über spannungsabhängige Natriumkanäle und Kalziumkanäle statt. Diese Kanäle wiederum schütten dann die eigentlichen Neurotransmitter zur Signalübertragung aus, die sogenannten G-Proteine. Durch die veränderte Reizweiterleitung in mehreren Gehirnregionen, die eine hohe Anzahl an CB1-Rezeptoren aufweisen, kommt es zur typischen psychoaktiven Wirkung von THC, welche sich durch eine deutlich veränderte Wahrnehmung der eigenen Gedanken und der Umweltreize auszeichnet. Irgendwann ist die Empfängerzelle mit Neurotransmittern gesättigt, gleichzeitig beginnt auch der Abbau von THC über die CYP-450 Enzyme der Leber.
Deswegen lässt die psychoaktive Wirkung nach einigen Stunden wieder vollständig nach und die Aktivität der Natrium- und Kalziumkanäle sinkt wieder auf ein normales Maß. Nun befindet sich der CB1-Rezeptor wieder im Ausgangszustand und ist bereit, eine neue aktivierende Wirkung durch ein Cannabinoid zu empfangen. Wird dieser Vorgang aber in kurzer Zeit zu oft wiederholt, startet das Gehirn eine Art Schutzfunktion. Die stark veränderte Aktivität der Natrium- und Kalziumkanäle entspricht nicht dem natürlichen Dauerzustand, weshalb das Gehirn beginnt, CB1-Rezeptoren abzubauen. Genau diese dadurch veranlasste Verringerung der CB1-Rezeptoren, ist der Grund für die Toleranz. Bei einer kleineren Anzahl an entsprechenden Rezeptoren fällt deren aktivierende Wirkung in Summe schwächer aus und dementsprechend wird auch die Wirkung durch den Konsumenten als schwächer wahrgenommen.
Toleranz sinkt innerhalb weniger Wochen wieder
So schnell bei THC eine Toleranz aufgebaut werden kann, so schnell verschwindet sie aber auch wieder. Hört in einer abstinenten Phase die Zufuhr von externen Cannabinoiden wie THC auf, beginnt das Gehirn allmählich wieder neue CB1-Rezeptoren an den Nervenzellen zu erzeugen. Im Durchschnitt ist nach etwa 2 Wochen, die Anzahl der CB1-Rezeptoren wieder am ursprünglichen Niveau, was bedeutet, dass nun auch die Wirkung von Cannabis wieder genau so stark ausfallen kann, wie zuvor. Das Cannabinoidsystem passt sich sehr rasch an Veränderungen an, ganz im Gegensatz zu anderen Rezeptorsystemen des Körpers, bei denen es um ein vielfaches länger dauert, bis die Toleranz wieder in die Nähe des anfänglichen Niveaus sinkt. Auch die körperlichen Reaktionen die während eines Entzuges bzw. während einer abstinenten Phase eintreten, sind in ihrer Intensität nicht annähernd vergleichbar mit vielen anderen psychoaktiven Substanzen.
Konsumform hat Einfluss auf Toleranz
Manche Patienten sind aus medizinischen Gründen darauf angewiesen, täglich, oder sogar mehrmals täglich Cannabis gegen schwere Beschwerden zu konsumieren, weshalb eine Pause nicht ohne Weiteres möglich ist. Die gute Nachricht ist, dass durch die Konsumform der Aufbau einer Toleranz niedrig gehalten und erheblich verzögert werden kann. In diesen Fällen ist eine orale oder sublinguale Aufnahmeform dem Rauchen vorzuziehen. Backwaren können so etwa mit Hanf hergestellt werden, oder Dronabinol als Tropfen eingenommen werden.
Der Grund, warum der orale Konsum eine subjektiv viel stärkere und längere Wirkung auslöst, ist, weil THC im Verdauungsweg in 11-Hydroxy-THC umgewandelt wird. Dieses kann die Blut-Hirn Schranke sehr viel leichter überwinden als THC, was dazu führt, dass es deutlich höhere Plasmakonzentrationen als THC erreichen kann. 11-Hydroxy-THC wird deutlich langsamer abgebaut als THC, gleichzeitig ist aber seine Bindungsaffinität am CB1-Rezeptor nicht größer als jene von THC, wodurch die subjektiv als deutlich stärker empfundene Wirkung, aus diesem Grund nicht zu einer stärkeren Toleranz führt.