Auch in Deutschland wird die Cannabis-Legalisierung politisch mit einer Bekämpfung von Schwarzmarkt und organisiertem Verbrechen begründet. Dealer starten bekanntlich richtig durch, wenn Hanfprodukte verboten sind, scheren sich weder um Polizei noch Gerichte und verkaufen berauschende Substanzen an Teenager genauso bedenkenlos wie gestrecktes Gras an Erwachsene.
Weniger illegaler Handel verheißt theoretisch auch weniger Risiken, doch wie sieht es in der Realität aus? Ist die seit Anfang April 2024 geltende Freigabe von Haschisch und Marihuana ohne Fachgeschäfte im Kampf gegen Banden ein scharfes Schwert oder wirkungslos?
Angebot: Uralte Heilpflanzen beim Dealer kaufen?
Noch stumpfer und fahrlässiger als eine eher misslungene Legalisierung ist natürlich das Verbot von Cannabis. Wer sich dieser Tage zum Beispiel über das Wüten der CDU/CSU gegen Hanf und THC wundert, muss wissen: Die Union besetzte über Jahrzehnte das Amt vom Bundesdrogenbeauftragten mit illustren Parteikadern ohne jede Kompetenz, förderte dadurch den Schwarzmarkt massiv und ist für zahllose zerstörte Existenzen direkt verantwortlich. Synthetische Cannabinoide („Legal Highs“), fiese Streckmittel, kiffende Kinder – diese Bilanz möchte man verständlicherweise vergessen machen.
Konservative Politiker dreschen auf das neue Cannabisgesetz (CanG) der Ampelregierung ein, als sei das Ganze waschechtes Teufelswerk, denn die Zahlen des eigenen Versagens sind eindeutig: Bei Minderjährigen und unter 25-Jährigen hat sich der Hanfkonsum in den vergangenen zehn Jahren unter Bundeskanzlerin Angela Merkel verdoppelt! Die Justiz wurde mit zig tausenden Verfahren zugeschüttet, oft wegen ein paar Gramm Gras oder einem Bröckchen Hasch und meistens ging es gegen arglose Konsumenten, während sich der Schwarzmarkt prächtig entwickeln konnte.
Patienten, denen Krankenkasse oder Arzt das Cannabis-Rezept verweigern, schleppen sich auf den Schwarzmarkt, ganz normale Leute, die keine Lust auf Bier haben ebenso und quer durch alle Schichten der Gesellschaft werden Bürger wegen THC zu Kriminellen. Mit der allergrößten Schikane ist dank CanG zwar Schluss, aber trocknet der Bandenhandel nun wirklich schnell wie gründlich aus und wie ist die Situation eigentlich in anderen Ländern?
Nachfrage: Cannabis Eigenanbau oder Fachhandel?
Jede Menge Hanf wurde in der BRD auch zu Verbotszeiten schon angebaut, doch die neue Rechtslage erlaubt das für Privatpersonen und bis zu drei Pflanzen explizit, zusammen mit Cannabis Social Clubs rund um gemeinschaftliche Zucht auf einem Vereinsgelände. Versprochen waren eigentlich Fachläden wie in Kanada und vielen US-Bundesstaaten mit einer Legalisierung, wo laut aktueller Untersuchungen immerhin gut 70 % der Konsumenten nicht mehr auf dem Schwarzmarkt einkaufen. Produkte mit THC in allen möglichen Aufmachungen sind offiziell reguliert, geprüft, zugelassen und das schätzen Verbraucher in Übersee ausdrücklich.
Auch steigt der Konsum keinesfalls massiv an, nur weil erwachsene Menschen ihr Genussmittel normal kaufen können. Vollständig verschwunden sind die Dealer nicht. Kriminelle profitieren regional verschieden und unterbieten meistens den Preis, wenn etwa extrem hohe Steuern auf Cannabis erhoben werden. Fans der Cannabinoide mögen zwar keine Geizkragen sein, aber wer will schon gerne deutlich mehr bezahlen, wenn das gleiche Hanfprodukt relativ einfach auch billiger zu haben ist?
Nach Ansicht von Experten bieten regulierte Fachgeschäfte immer Vorteile, weil der Staat die Aufsicht hat und die Qualität jederzeit prüfen kann. Das geht weder auf dem Schwarzmarkt noch in Cannabis-Anbauclubs und schon gar nicht in jedem Schrebergarten. Einen Fachhandel kann es laut Ampelkoalition bei uns erst in einigen Jahren geben, vielleicht und nur nach vorherigen Modellprojekten. Verantwortlich für diese Verzögerung? Wieder mal die Bürokraten bei der EU in Brüssel, sagen SPD, FDP und Grüne, denen rechtliche Blockaden im Europarecht angeblich erst nach den Versprechungen von Fachgeschäften auffielen.
Wahrscheinlich gibt es bei den Regierungsparteien gegen Cannabis kaufen im Laden aber noch weitere Bedenken und Sorgen vor potenziell dealenden Vereinsmitgliedern. So zirkulieren derzeit Pläne, die legale Anbaufläche für Zuchtvereine deutlich zu verkleinern, damit die Grower bei besonders viel Gras vor Augen nicht auf dumme Gedanken kommen. Geld verdienen soll in Deutschland mit Hanfpflanzen am besten niemand, weshalb es auch keine Förderung von Nutzhanf gibt und keine Steuern auf THC oder Jobs und Wirtschaftswachstum vom Acker.
Fördert das Cannabisgesetz Dauerkonsum statt Prävention?
Wie es wohl wäre, wenn wir für jede Flasche Bier erst mal die hauseigene Brauerei im Keller anwerfen müssten und für jede Zigarette Tabak anbauen, trocknen und fachgerecht einlagern? Statt solcher Absurditäten gibt es für beide Genussmittel einen offiziellen Handel mit Steuern, Auswahl und Fachpersonal, wo im Großen und Ganzen auch der Jugendschutz eingehalten wird. Versoffene Spiegeltrinker können sich die Plärre gleich leicht holen wie jeder Erwachsene mit Lust auf ein Bierchen nach Feierabend.
Niemand muss ständig große Mengen Alkohol kaufen oder sich irgendwo anmelden und neben Schule wie Kindergarten kistenweise Schnaps aus dem Supermarkt schleppen. Cannabis hingegen darf und soll nur im Privaten stattfinden, aus eigener Ernte konsumiert oder von Vereinskollegen zur Verfügung gestellt. Kritiker halten das für problematisch, weil züchten, tauschen und gemeinsam anbauen kaum für die meisten Bürger infrage kommt.
Das CanG leistet so dem Dauerkonsum Vorschub, dem größeren Verbrauch und macht es Gelegenheits-Usern von THC praktisch genauso schwer wie zu Verbotszeiten. Hochwertige Hanfprodukte, extrahiert und veredelt, gibt es für Genießer keine und Cannabis zum Essen und Trinken hat die Ampelregierung ebenfalls nicht erlaubt. Soll das etwa eine verquere Prävention sein, um interessierte Verbraucher abzuschrecken, die naturgemäß ein paar Gummibärchen eher ausprobieren als einen rauchenden Joint?
Möglich, dass sich auf dem Schwarzmarkt kaum etwas ändert und mafiöse Strukturen weiter beste Geschäfte machen – was wiederum den Gegnern von Cannabis Munition liefert! Sicher ist das CanG ein Fortschritt gegenüber brutaler Behördenwillkür, aber ein populäres Genussmittel mit der Kneifzange anfassen bleibt den Realitäten im Land schlicht unangemessen. Dealer wirklich dauerhaft vertreiben können nur Fachgeschäfte, wie sich das aktuell in Nordamerika eindrucksvoll beobachten und wissenschaftlich mit aller Empirie nachweisen lässt.