Immer wieder erleben wir die unbeholfene Art und Weise, wie Politiker gegen Cannabis argumentieren, meistens aus den Reihen der Unionsparteien CDU und CSU. Das kann unsere Drogenbeauftragte Daniela Ludwig sein, die ohne Erfahrungen oder Kenntnisse der Materie unbedachte Aussagen in den Raum wirft. Zum Beispiel, dass die Strafverfolgung eine präventive Funktion habe.
Aber sie ist nicht die Einzige, die sich traut, Cannabis unqualifiziert abzuurteilen. Bei der ehemaligen Drogenbeauftragten führte die öffentlich geäußerte fachliche Inkompetenz zu starken Hassreaktionen im Internet und in der Community. Auch die junge Unionspolitikerin Wiebke Winter wird für ihre vor Unwissenheit strotzenden Aussagen gegen Cannabis von der Öffentlichkeit mit Hass überzogen. Wo führt der Zorn der Cannabis-Community hin? Bringt die Aggressivität uns ans Ziel oder erzeugt sie nur mehr Widerstand?
Drohungen und Beleidigungen im Internet
Beim Stern YouTube Format Diskuthek wurde im August des letzten Jahres das Thema „Freies Kiffen für alle: Ist die Cannabis-Legalisierung überfällig?“ diskutiert. Mit in der Diskussionsrunde war Wiebke Winter von der Jungen Union Bremen. Ihre Aussagen und Kommentare gaben Anlass zum Schmunzeln, und manchmal musste man sich auch ungläubig an den Kopf fassen, denn es war auch die eine oder andere Mortler-Logik dabei. Im Anschluss an die Sendung schlugen Winter dann viele Hasskommentare aus dem Netz entgegen.
Neben Beleidigungen und Spott waren auch Drohungen ausgesprochen worden. Nach eigener Aussage von Winter konnte sie drei Nächte lang aufgrund der vielen Hasskommentaren nicht schlafen, die ihr ihre Argumentation in der YouTube Sendung einbrachte. Am Ende ging sie mit dem Thema Hass im Netz dann an die Öffentlichkeit, erneut in das Stern-Online-Format Diskuthek, wo sie über ihre Erfahrungen sprach.
Hasskommentare machen Legalisierungsgegner zu Opfern
Was wir hier erleben können, ist eine Verschiebung des eigentlichen Themas. Was als Diskussion über Cannabis und Legalisierung begann, wurde nun zu einem Thema: „Hass gegen junge Frau im Internet“. Das ist bedauerlich, denn damit wird der Cannabis-Debatte ein Stück Raum genommen. Neben der Stern YouTube Talkshow berichten auch weitere Medien über die verbalen Angriffe auf die junge Politikerin. Dies hätten auch mögliche Ressourcen für mehr Cannabis-Diskussion sein können.
Neben der Quantität der Gespräche über Cannabis leidet auch die Qualität der Diskussion unter einem solch aggressiven Verhalten gegenüber Cannabisgegnern, denn auch diese verschiebt sich. Wer Gewalt gegen sich gerichtet sieht, gilt als Opfer. Und im Auge der Medien und der Öffentlichkeit hat ein Opfer erstens das Recht und zweitens die Sympathien auf seiner Seite.
Lass Daniela Ludwig und Co. Täter bleiben
Wenn wir also Frau Ludwig argumentativ im Netz vorwerfen können, welchen Schaden die von ihr unterstützte Cannabis-Prohibition anrichtet, dann bleibt sie Täter. Wenn wir belegen, dass es Jugendlichen schadet, die auf dem Schwarzmarkt schlechte, gestreckte Blüten kaufen, oder sich Spice im Internet bestellen, dann ist sie Täter. Wenn wir darlegen können, wie potenzielle Cannabispatienten nicht zu ihrem Recht gekommen sind und daher leiden müssen, dann ist Frau Ludwig ein Täter. Wenn man sie aber niveaulos beleidigt und ihr droht, macht man sie zum Opfer, und das sollte sie nicht sein. Natürlich ist auch Spott manchmal angebracht, doch dieser sollte den Aspekt Humor und Menschlichkeit nicht vermissen lassen. Unsachlicher, offen gezeigter Hass gibt dem davon Betroffenen recht und spielt der Anti-Legalisierungs-Lobby unnötig Argumente in die Hand.