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In diesem Artikel geht es um eine der eher dunkleren Zeiten der Cannabisprohibition, genauer gesagt, um dessen Ursprünge. Doch der Artikel soll keineswegs nur düster sein, denn die Geschichte, um die es heute geht, ist so absurd, dass man nur schmunzeln kann. Fangen wir also an, wie jede gute Geschichte beginnt, nur, dass diese Geschichte auf Tatsachen beruht und nachprüfbar ist. Sie hat sich 1938 in Amerika zugetragen: Es war einmal, vor nicht allzu langer Zeit.
Der „Experte für Cannabis“
Dr. James Munch, ein Professor der Physiologie und Pharmakologie in der Temple University in Philadelphia, war von Harry J. Anslinger angeworben worden, um für das Federal Bureau of Narcotics (FBN) auszusagen, in einer Zeit, in der die Zukunft von Cannabis auf dem Spiel stand. Harry Anslinger ist der Mann, der für die Prohibition maßgeblich mitverantwortlich ist, da er als Leiter des eben genannten Bureaus um seine Existenz bangte. Da die Alkoholprohibition kläglich gescheitert war, musste er einen Weg finden, um die Streichung seines Büros zu verhindern, und prägte das Wort „Marihuana“ als Synonym für Cannabis. Doch genug zu Anslinger, dieser Artikel widmet sich seinem Experten.
Dr. Munch hatte seit 1930 immer wieder einmal zugunsten der FBN ausgesagt und auch einige Studien zum Thema Cannabis (mit)verfasst. Er hatte sich durch jahrelange Zusammenarbeit mit US-Behörden einen Namen gemacht, und verband häufig Gewaltverbrechen mit Cannabis, um das Kraut so ins Eck der Droge zu rücken. Zu diesem Zweck verfasste er Fallstudien, die Verbrechen mit Cannabis in Verbindung setzten, die er dann auch bei Anhörungen zitierte. Er ist und wird für immer ein wichtiger Spieler für die Seite der Prohibition sein.
Dr. Munch sagte über einen Zeitraum von einigen Jahren immer wieder für Anslingers Behörde aus, und wurde im Jahr 1938 auch zu einem offiziellen Kongressausschuss eingeladen, bei dem der „Marihuana Tax Act“ diskutiert wurde. Der Zeuge Dr. Munch sagte für die Prohibition aus und bot seine Expertenmeinung an, da er bereits einige Jahre lang Versuche an Hunden durchgeführt hatte.
Während der Anhörung stand Dr. Munch unter Eid, was definitionsgemäß das Lügen untersagt und die unter Eid stehende Person dazu verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Ein Eidbruch wird normalerweise mit einer Strafe geahndet, die oft relativ hoch angesetzt ist, um sicherzustellen, dass der Eid nicht gebrochen wird. Es war während ebendieser Anhörung, dass Dr. Munch aussagte, er habe – aus rein wissenschaftlichen Gründen – auch einmal das gefährliche Kraut konsumiert. Als man ihn darauf ansprach und ihn fragte, welche Effekte die Droge auf ihn gehabt habe, sagte er aus (immer noch unter Eid), dass er sich „in eine Fledermaus verwandelt habe“ (wörtliches Zitat von Dr. Munch, übersetzt) und danach im Zimmer herumgeflogen wäre, um dann in ein 200 Fuß (ca. 61 m) tiefes Tintenfass zu fallen.
Konsequenzen, Auswirkungen und kritische Gedanken
Diese Anhörung hatte für Munch keine weiteren direkten Auswirkungen, außer, dass sein Freund Anslinger ihn nicht mehr unter Eid aussagen ließ und ihn generell nicht mehr zu Anhörungen einlud. Die Anhörung war allerdings ein Erfolg, da nur wenige Monate später der Marihuana Tax Act, ein erster Schritt in Richtung weltweiter Prohibition, ratifiziert wurde. Anslinger bekam also letztlich doch, was er wollte.
Was folgte, spüren wir heute noch am eigenen Leib. Cannabis wurde zuerst besteuert (Marihuana Tax Act 1937) und schließlich, auf Drängen von Anslinger, weltweit verboten (Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel 1961). Die Prohibition, die von Leuten wie Anslinger und Dr. Munch angestrebt wurde, führte zu einem Krieg gegen die Drogen, der über die letzten Jahre Millionen von Menschenleben gekostet hat. Es wird Zeit, dass die Legalisierung so abhebt, wie Dr. Munch nach ein paar Zügen an einer Marihuana-Zigarette.