In Deutschland werden jedes Jahr mehrere Tonnen verkaufsfertiges Cannabis von der Polizei und dem Zoll beschlagnahmt. Als Medizin ist Cannabis jedoch erlaubt, außerdem liegt der Grammpreis weit über dem für den Schwarzmarkt üblichen Preis. Ergibt sich dadurch für den Deutschen Staat ein großes Geschäft?
Überschriften mit einem Fragezeichen am Ende sind im Journalismus immer mit Vorsicht zu genießen. Denn gäbe es eine Antwort auf die Frage, wäre diese definitiv die bessere Überschrift! Und doch: Die Frage ist nicht komplett aus der Luft gegriffen! Tatsächlich wurde diese Frage so ähnlich in einem Interview der Süddeutschen Zeitung mit Zollmitarbeiter Christian Schüttenkopf gestellt. Die Antwort ist eigentlich vorhersehbar: Natürlich geht das nicht.
Cannabis auf dem deutschen Schwarzmarkt ist meistens von miserabler Qualität, kann Pestizide, Fungizide und sonstige Stoffe enthalten, wird häufig zum falschen Zeitpunkt geerntet und nur kurze Zeit getrocknet, wodurch der Geschmack und die Wirkstoffkonzentrationen stark variieren. Jede beschlagnahmte Menge einzeln zu testen, zu sortieren und dann noch zu kategorisieren. Eine recht sinnlose Arbeit, vor allem wenn man bedenkt, dass medizinisches Cannabis schon bald in Deutschland angebaut werden wird. Und zwar ganz legal und im besten Fall auch in guter, gleichbleibender Qualität.
Was WIRD denn zurzeit mit beschlagnahmtem Cannabis gemacht?
Ende 2017 in der bayrischen Gemeinde Olching: In den Öfen des dortigen Heizkraftwerkes brennt es. So wie eigentlich immer. Doch an diesem Tag wird hier nicht nur Plastikmüll verbrannt, sondern auch eine ordentliche Menge Cannabis: Insgesamt über eine halbe Tonne, nach Aussagen des Zolls sogar von „sehr guter Qualität“, landet in den Heizöfen. Der Betreiber des Kraftwerkes freut sich bestimmt wie Otto: 500 kg Brennstoff, komplett gratis! Cannabis brennt ziemlich gut, bei Temperaturen um die 900 °C auch ziemlich schnell. Und ist im Vergleich zu Plastikmüll extrem energiearm. Fakt also: Einen wirtschaftlichen Vorteil bringt das verbrennen definitiv nicht! Daher ergibt sich für mich die Frage:
Was könnte der Staat mit dem beschlagnahmten Cannabis machen?
Existiert eine Möglichkeit, mit welcher das beschlagnahmte Cannabis tatsächlich sinnvoll verwertet werden könnte? Tatsächlich ist das komplizierter, als man meinen würde.
Mein erster Gedanke: Coffeeshops in Holland! Der Deutsche Staat kann das Cannabis ja einfach an die berühmt-berüchtigten Coffeeshops weiterverkaufen! Diese Cannabis-Shops kennen sich mit Qualität und dem Verkaufen von Quantität sehr gut aus! Außerdem sind wir in der EU doch ohnehin alle Handelspartner, Stichwort Schengen!
Pro: Die Blüten aus Deutschland würden für einen angemessenen Preis verkauft werden, der Schwarzmarkt bekäme starke Konkurrenz und der Preis für Blüten würde wohl insgesamt sinken. Den Coffeeshops ist auch die genaue Herkunft der Ware oft ziemlich egal, Hauptsache es knallt und schmeckt halbwegs! Für den deutschen Steuerhaushalt ginge es hier um Millionen!
Contra: Die berühmte „Hintertür-Problematik“ in den Niederlanden: Coffeeshops und Cannabis sind dort nicht legal, sondern werden nur durch eine kleine Grauzone in den Gesetzen „geduldet“. Das große Problem: Der Schwarzmarkthandel in den Niederlanden wird genauso verfolgt wie in Deutschland! Der Zoll beschlagnahmt auch hier riesige Mengen Cannabis, die Straßendealer, Gangs und Grower haben gerade ein entspanntes Leben! Und die Coffeeshop-Besitzer haben das Problem, neue Ware heranzuschaffen. Denn: Bis zur „Hintertür“ des Coffeeshops bleibt der ganze Prozess genauso illegal und ähnlich gefährlich wie in Deutschland. Daher bleibt die Option „beschlagnahmtes Cannabis an Coffeeshops“ leider eine Wunschvorstellung.
Auch meine Ideen in Richtung „an Social Clubs verteilen“ oder „THC extrahieren und in die Schweiz als CBD-Gras exportieren“ scheitern einfach an der praktischen Umsetzung, den Landesgesetzen oder am finanziellen Rahmen: Die Transportkosten, das Sortieren und eben das Einordnen in standardisierte Qualitätsabstufungen wäre einfach zu zeitaufwendig und dadurch nicht mehr rentabel.
Biomasse einfach verbrennen? Das geht auch besser!
Mir schwebt da eine lustige Kifferidee vor, die aber mit Leichtigkeit umsetzbar wäre: Gras zu Erde, Erde zu Gras, und der Kreislauf ist geschlossen! Da Cannabisblüten im Grunde nichts anderes als „Grünschnitt“ sind, kann man diese auch einfach ins nächste Kompostwerk schütten und mitsamt vieler weiterer Zutaten zu einer ordentlichen Erde verarbeiten lassen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Blüten gelangen so zurück in den natürlichen Kreislauf und landen mit etwas Glück bei einem Grower im Zelt und nicht mitsamt der sonstigen Müllschlacke in der Deponie!
Bei einer Umwandlung von beschlagnahmten Cannabisblüten zu Gartenerde hätten alle Parteien etwas davon: Die Polizei und das Kompostwerk hätten eine öffentlichkeitswirksame, coole PR-Aktion, die Umwelt freut sich und mit der erzeugten Erde könnte man etwa die Gefängnishöfe begrünen lassen oder öffentliche Gärten gratis beliefern. Vielleicht entdeckt der ein oder andere Straßendealer dort dann seine eigentliche Berufung.