Ob zur besten Sendezeit in der „Tagesschau“, im Bierzelt vom Ortsverein oder als Gast in der Talkshow „Markus Lanz“ zu später Stunde – Politiker der Bayernpartei CSU machen im Vorfeld der Cannabis-Legalisierung weiter kräftig Stimmung gegen eine faire Drogenpolitik.
Weil die alten Fake News von der „Kifferpsychose“ und „Einstiegsdroge Hanf“ oder Erwachsenen, die ihren Kindern einen Joint drehen, niemand mehr glaubt, setzen die Gefolgsleute von Ministerpräsident Markus Söder seit einiger Zeit hauptsächlich auf Geschrei und Drohung. Saufen wird natürlich weiter maximal verharmlost und schwerster Alkoholismus als „Kulturgut“ beworben, was sich laut aktueller Berichten aus Sicht dieser Partei gerade nach einer Freigabe für Hanfprodukte auf keinen Fall ändern darf.
Auch legales THC soll weiterhin mit allen Mitteln gegängelt werden, erklärt die CSU mit großem Eifer und stellt für die Bildung von Spezialeinheiten bei der Polizei zur Jagd auf Cannabiskonsumenten sogar Millionen Euro an Steuergeld zur Verfügung.
Warum bayrische Amigos so große Angst vor der Hanfpflanze haben
Eigentlich soll das neue Cannabisgesetz (CanG) der Ampelkoalition im Bund für Entlastung sorgen, mehr Respekt gegenüber mündigen Bürgern und besserem Jugendschutz, aber damit hat die CSU aus guten Gründen gleich mehrere Probleme. Zum einen jammern im Hintergrund die Brauer über möglicherweise sinkende Umsätze mit Gerstensaft und der Maß auf dem Oktoberfest, weil legales Marihuana nachweislich weniger Menschen zum Alkohol greifen lässt. Was Studien als eigentlich tolle Sache einer Freigabe für Cannabis nachweisen, sieht für die Union im Freistaat nach weniger Spenden durch Bierfirmen aus. Nach einer weniger versoffenen Bevölkerung fürchtet sich die Amigo-Partei CSU fast so sehr wie vor Frauen, die erfolgreich im Beruf Karriere machen.
Hauptverantwortlich für immer mehr kiffende Kinder und Jugendliche, giftiges Chemie-Gras auf dem Schwarzmarkt, Top-Bedingungen für das organisierte Verbrechen: Die Christliche Soziale Union und von dieser Partei gestellte Bundesdrogenbeauftragte! Während moderne Länder rund um Cannabis schon länger Realpolitik machen, blockierten CSU-Chargen wie Marlene Mortler und Daniela Ludwig jede Veränderung. Sie zerstörten durch blamables Nichtstun ähnlich viele Existenzen wie durch rigide Strafen für Menschen, die lieber Hanf einnehmen, als Bier zu trinken.
Hier zu vertuschen ist sozusagen Parteiräson, schließlich war nicht nur das groteske Geschwätz über Cannabis als keinem Brokkoli mindestens genauso peinlich, wie die von der CSU ständig attackierte, infantile Sprache der heutigen Bundesregierung.
Cannabis Social Clubs im Visier bayrischer Behörden
Falls im Freistaat jemand Bier brauen will und dabei das Reinheitsgebot aus dem Mittelalter beachtet, steht einem Gläschen oder zwei gerne auch mit dem jugendlichen Nachwuchs nach Ansicht der CSU nichts im Wege. Sollte jedoch ein Hanf-User künftig auf die Idee kommen, in Bayern einen der geplanten Cannabis Social Clubs zu gründen und dort dann gemeinsam mit den anderen Mitgliedern solcher Vereine Hanfpflanzen zu züchten, sind regelmäßige Hausbesuche durch die Polizei unbedingt erforderlich. Klaus Holetschek als bayrischer Gesundheitsminister und berüchtigter Kettenhund von Markus Söder wird höchstpersönlich eine Spezialeinheit befehligen, deren gesamte Polizeiarbeit ausschließlich auf die Anbauclubs gerichtet sein soll!
Vorzugsweise möchte man die Eröffnung vom THC-Verein direkt verhindern und Beamte für Kontrollen mindestens mit PCR-Test, Geigerzähler und Elektronenmikroskop ausstatten. Kann der Cannabis-Social-Club dann doch existieren, plant es die CSU betont „engmaschig“ bei der Schikane und will alle Mitglieder am liebsten noch aktenkundig durchleuchten wie Schwerverbrecher. Auf besonders häufige, peinliche Befragungen wie nebenan in der Kirche beim Dorfpfarrer müssen sich die Präventionsbeauftragten vom Gras Club gefasst machen.
Zwar braucht es für diese wichtige Position offenbar noch keine medizinische Professur, nur geringste Mängel wollen bayrische Politiker sofort bestrafen und die Delinquenten medienwirksam an den Pranger stellen. Als Vehikel der Macht wird lustigerweise ausgerechnet der gerade von der CSU so gerne scharf kritisierte Amtsschimmel dienen.
Bei THC ist maximale Bürokratie kein Problem
Bekommen Anbauclubs Besuch durch die Polizei, sollen eifrige Beamte in wirklich jede Ecke und Nische spähen. Wie viel Willkür dabei durchkommt, kann nur die kommende Entwicklung zeigen, aber von Umweltauflagen für die Dämmung bis zur Zahlung der Mitgliedsbeiträge lässt sich bestimmt eine Menge gegen die bösen Cannabisbauern finden, oder? Sogar Proben vom reifenden Marihuana will diese Partei aus Bayern einfach mal so beschlagnahmen und im Labor prüfen lassen, vorzugsweise bei Kostenübernahme durch den Hanf Club. Die Pleite vom Verband durch gezielte Aktionen wie darauffolgende Bußgeldbescheide in gewohnt astronomischer Höhe nimmt der nur angeblich christlich-soziale Politiker gerne in Kauf.
„[Beim Cannabis] wird das Thema Entbürokratisierung für uns keine Rolle spielen, sondern wir achten an oberster Stelle auf die Sicherheit.“
Markus Söder
Wie hoch ist der THC-Gehalt und finden sich Pestizide oder Schadstoffe im Gras wie heute beim Dealer auf dem Schwarzmarkt, dessen Verwerfungen die CSU wie schon beschrieben nach Kräften gefördert hat? Falls etwas nicht stimmt und Dokumentationspflichten verletzt sind, will man im Freistaat jeden Arm vom Kraken der Bürokratie in Bewegung setzen. Was geht an Bestrafung, das soll auch drohen, so die CSU, mit Nachdruck und offenbar fern jeder Anerkennung einer sich verändernden Rechtslage. Von Ressourcenverschwendung keine Rede und man kann nur hoffen, dass keine echten Verbrecher vom gänzlich sinnlosen Fokus der Behörden auf harmlose Cannabis-Clubs profitieren.
Der in puncto Cannabinoide nie als Freund und Helfer auftretende Beamte muss in Bayern jeden Verstoß sofort anzeigen – droht bei Nachsicht gar die Suspendierung vom Dienst? Zur Finanzierung dieser Cops mit dem Spezialgebiet Hanf werden wahrscheinlich die vielen erhofften Bußgelder dienen, wie sonst die Einnahmen durch falsches Parken oder Raserei.
In fortschrittlichen Staaten hingegen fließt das Steuergeld aus dem legalen Cannabisverkauf in soziale Projekte und Umweltschutz, werden Minderheiten unterstützt und die lokale Wirtschaft gefördert. Hierzulande wird stattdessen erst einmal spannend zu sehen, was Gerichte zu solchen Aktionen bald entscheiden und ob sich die CSU in ihrem Verfolgungswahn zumindest juristisch einigermaßen einhegen lässt.