Am 08.04.2017 hat die neu gegründete Deutsche Cannabisagentur eine Ausschreibung auf ted.europa.eu veröffentlicht. Gesucht werden 10 seriöse Unternehmen, die mit dem Anbau von Marihuana zu medizinischen Zwecken erfahren sind. Diese sollen eine nicht verlängerbare Lizenz für 65 Monate erhalten, um pro Jahr ca. 200 Kilo, alle zusammen also 2.000 Kilo Marihuana anzubauen. Es handelt sich also um eine Lizenzvergabe für den Marihuanaanbau, der dann ganz legal stattfinden wird.
Deutsche Cannabisagentur schreibt aus
Mit dieser Ausschreibung steht nicht nur die Deutsche Cannabisagentur, sondern auch die übergestellte Behörde BfArM und die Bundesregierung, die die Gesetzesänderung immerhin auf den Weg brachte, in massiver Kritik. Vor März 2017 gab es ca. 1.000 Patienten, die per Ausnahmegenehmigung in der Apotheke Marihuanablüten abholen durften. Anfang August gibt es erste Daten der Krankenkassen, womit Hochrechnungen möglich sind: Jetzt sind es schon rund 6.000 oder mehr Patienten, die per BtM Rezept in der Apotheke Marihuana erhalten. Es könnten sogar schon deutlich mehr sein, da in diesen Zahlen nicht alle Patienten eingerechnet werden.
Bereits vor März 2017 gab es immer wieder Lieferengpässe, womit die Patienten in den Apotheken nichts erhielten. Viele erhofften sich eine schlagartige Verbesserung. Wie sieht die Realität aus? Die Preise wurden wegen unnützer Vorgaben und Rechenspielereien fast verdoppelt, auch existieren immer noch diese Lieferengpässe.
So rufen die Patienten zuerst in der Apotheke an und erfragen, welche Sorten lieferbar sind. Dann gehen sie zum Arzt, lassen sich diese verschreiben und hoffen, dass nicht schon, wer anders schneller war. Weiterhin zahlen die Krankenkassen in vielen berechtigten Fällen trotz eindeutiger Formulierungen im Cannabis-Medizingesetz nicht.
Wenn die Lizenzvergabe für den Marihuanaanbau den eigentlichen Anbau ab 2019 vorsieht und nicht genügende Mengen importiert werden können, sehen sich viele Patienten weiterhin dem Notstand ausgesetzt.
Laut DHV sind es Mitte Juli ca. 5.500 Hanfblütenpatienten in Deutschland. Ab 3:57
2.000 Kilo würden schon jetzt nicht reichen
Einige betroffene Patienten haben hochgerechnet, wie viele Patienten mit diesen 2.000 Kilo Jahresleistung durch die Lizenzvergabe für den Marihuanaanbau versorgt werden könnten und kommen auf ca. 5.500. Wenn es nach fünf Monaten aber anstelle von 1.000 schon über 6.000 Patienten sind, würden 2.000 Kilo Jahresanbau jetzt bereits nicht genügen. Wenn die Deutsche Cannabisagentur ihre Lizenzvergabe für den Marihuanaanbau beendet hat, kann sie also direkt mit der nächsten Ausschreibungsrunde beginnen, um die nächst größere Menge auszuschreiben.
Man könnte doch auch importieren? Ja, das machen wir schon seit 2009 und es funktioniert nicht richtig. Ständig wird in neuen Regionen oder Ländern medizinisch oder zu Genusszwecken legalisiert. Das ist auch gut. Jedoch kommen die legalen Akteure mit dem Anbau nicht mehr hinterher. Das gilt gerade für medizinisches Marihuana, wo es höhere Auflagen gibt. Wenn diese Situation die nächsten Jahre anhält, kann auch nicht eine genügende Menge Marihuana nach Deutschland für die medizinische Verwendung importiert werden.
Auch mit der Lizenzvergabe für den Marihuanaanbau durch die Deutsche Cannabisagentur sehen sich viele Patienten einem jahrelangen Notstand entgegen. Bei all den kritischen Worten muss aber auch einmal gesagt werden, dass die Entwicklung positiv ist: Immerhin geht es voran! Wenn auch nicht schnell genug, so stimmt mal die Richtung. Letztes Jahr klagten rund 1.000 Patienten über Notstand und der Rest darüber, dass er keine Marihuanablüten aus den Apotheken beziehen darf. Heute klagen über 6.000 Patienten über den Notstand und innerhalb von einem Jahr folgen vielleicht schon über 60.000. Klar, das ist erst einmal doof. Aber wenn es dann über 60.000 klagende Patienten sind, ist doch der Handlungsdruck viel größer, mit dem dann auch die Geschwindigkeit angepasst werden muss.
Lizenzvergabe für den Marihuanaanbau nicht abwarten
Frank Tempel fordert als MdB von Die Linke bereits die zeitlich begrenzte Freigabe vom Eigenanbau zu medizinischen Zwecken, damit die Patienten sich selbst versorgen können. Viele Patienten würden lieber anbauen, als in die Apotheke zu gehen, selbst wenn die Kassen zahlen. Beim Cannabis Medizingesetz ging es genau um die Verhinderung von diesem Eigenanbau, dem die ersten Gerichtsurteile schon befristet entsprachen.
Die Lizenzvergabe für den Marihuanaanbau wird definitiv nicht genügen, damit alle Patienten genug Cannabis erhalten. Es soll weiterhin so langsam wie irgend möglich weitergehen, da man als Regierung einfach den Hanf oder den für sich frei entscheidenden Bürger nicht will. Patienten sollen auch weiter zum Arzt und die Pharmakonzerne bereichern, damit das Wirtschaftswachstum beflügelt wird. Denn mit dem legalen Hanf wird dieser günstiger sowie selbst zu jetzigen Preisen viele Medikamente einfach deutlich mehr Umsatz machen würden.
Es liegt nun an allen Patienten, die sich im Notstand sehen, dass sie zum Anwalt gehen und auf genau diesen Notstand klagen. Selbst wenn sich das über Jahre hinzieht und bis dahin hoffentlich genug Marihuana für alle Patienten in den Apotheken zu haben ist, wird es alles beschleunigen. Wenn 10 Patienten klagen, tut das der Regierung nicht sehr weh. Wenn es jedoch 1.000 sind und zu jeder Klage wenigstens ein Zeitungsbericht erscheint, dann müssen sich die Regierenden schon die Zähne zusammen beißen, wenn sie dem Wähler erklären, dass alles seine Richtigkeit hat. Je mehr Patienten auf Notstand und damit Eigenanbau klagen, umso eher wird die Deutsche Cannabisagentur genügende Mengen als Lizenzvergabe für den Marihuanaanbau ausschreiben.
Es ist also noch nicht alles gut, aber doch immerhin schon viel besser, als vor März 2017. Und wir selbst können nachbessern!