Überall spricht man mal wieder über die Legalisierung von Cannabis in Deutschland. Für viele ist es ein großer Traum, irgendwann in den Schlagzeilen die Worte „Cannabis legal“ zu lesen. Es herrscht dabei der allgemeine Glaube, dass danach alles besser wird – eine strahlende Zukunft für die Patienten und Freizeit-Stoner. Doch eine Sache wird hier gerne vergessen: Wir leben in Deutschland und die Deutschen lieben Regeln und Bürokratie. Somit sollte man die Auswirkung einer Legalisierung nicht allzu euphorisch betrachten. Es wird eine lange Zeit dauern, bis alles in geregelten Bahnen laufen wird und man einen Coffeeshop oder Social Club genauso leicht wie ein Café gründen und führen kann.
CBD – Legal, aber …
Sehen wir uns doch mal unseren ersten Testkandidaten für eine Legalisierung an: CBD. Es wird in Form von Blüten, Extrakten, aber auch in Lebensmitteln und als Tinktur oder Öl vertrieben. CBD ist ebenfalls ein Cannabinoid aus Cannabispflanzen, aber auch aus Nutzhanf gewonnen werden kann. Demnach kann man es in gewisser Hinsicht als ersten Testdurchlauf betrachten. CBD gibt es nun schon lange in Deutschland und während dieser Zeiten hörten wir genug von Polizei-Einsätzen in CBD-Shops, Beschlagnahmung ganzer Warenbestände und dadurch entstehende Existenzbedrohungen. Der Grund dafür war der Verdacht auf Produkte, die den Grenzwert von 0,2 % THC überschreiten. Falls es tatsächlich Überschreitungen gab, so waren es oftmals nicht mehr als 0,3 – 0,5 % – 5 Milligramm mehr pro Gramm Pflanzenmaterial. Aufgrund dieser doch vergleichsweise sehr geringen Mengen wurden bereits CBD-Shops geschlossen und die Lebensgrundlage ihrer Besitzer zerstört. Ziemlich verwirrend, wenn man bedenkt, dass in Deutschland sicherlich noch keine einzige Flasche eines Spirituosengeschäft auf ihren tatsächlichen Alkoholgehalt geprüft oder eine Kneipe vom SEK gestürmt wurde, da der Verdacht auf Alkoholausschank an Minderjährige gemeldet wurde.
Beim Alkohol und Zigaretten ist der Deutsche noch immer sehr gnädig, doch alles, was die Cannabispflanze betrifft, wird nicht nur unter die Lupe, sondern gleich unters Mikroskop genommen. Ein wunderschönes Beispiel dafür ist ein aktueller Fall in dem kleinen Dörfchen Malkers, in der Nähe von Fulda.
Nutzhanfunternehmer angeklagt
Es geht um die Green Pioneers: ein kleines Unternehmen, bestehend aus drei jungen Männern, die ein eigenes Nutzhanf-Feld bestellen und aus der Ernte CBD-haltige Produkte herstellen, wie Tee oder Öl. Diese Produkte enthalten allesamt weniger als 0,2 % THC, was sich die Jungs durch stetige Labortests bestätigen lassen. Und dennoch wurde vor einem Jahr das Wohnhaus des Inhabers Philipp Gärtner von bewaffneten Beamten durchsucht und alle Produkte wurden konfisziert. Der Fall ging schnell durch die Medien, wo die Unternehmer sich gegen diese Aktion schriftlich zur Wehr setzten. Selbst jetzt, ein ganzes Jahr später, ist der Prozess noch immer nicht durchgestanden, viel mehr steht ihnen nun eine Fortsetzung der Anklage bevor – und es dreht sich noch immer um das gleiche Thema.
Um das Ganze etwas abzukürzen, fasse ich den Verlauf knapp zusammen: Der Staatsanwaltschaft bekommt einen Hinweis, dass bei den Green Pioneers mit Betäubungsmitteln im bandenmäßigen Stil gehandelt werden. Die Staatsanwaltschaft lässt alle Produkte konfiszieren und schickt sie ins Labor zur Überprüfung. Die Ergebnisse zeigten bei allen Produkten einen THC-Wert von unter 0,2 %, dennoch wurden nur zwei von vier Produkten nach einem Jahr als „unbedenklich“ eingestuft und konnten von den CBD-Herstellern wieder abgeholt werden. Was allerdings verschwiegen wurde, war, dass die Laborergebnisse auch bei den anderen beiden Produkten keinen erhöhten THC-Gehalt aufwiesen.
Die „Hanfkraft-Tropfen“, hergestellt aus Nutzhanf, stehen für die Staatsanwaltschaft noch immer unter Verdacht, für die Erzeugung eines Rausches missbraucht werden zu können. Somit hätten die Green Pioneers ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigt. Doch seien wir mal ehrlich: Selbst wenn die Tropfen einen Gehalt von 0,5 % aufweisen würden, müsste man mehrere der Tinkturen vollständig austrinken, um einen Rauschzustand erleben zu können. Wer sollte so etwas ernsthaft in Erwägung ziehen, wenn er auch für 10 € Gras auf der Straße kaufen kann, dass mit Sicherheit den 50- bis 60-fachen Wirkstoffgehalt besitzt?
Noch kein Ende in Sicht
Da sich im Prozess immer mehr abzeichnete, dass die Staatsanwaltschaft einen Fehler begangen und unsachgemäß gehandelt haben könnte, zog sie noch vor wenigen Wochen noch ein weiteres Ass aus dem Ärmel: Kurzhand erhielten sämtliche Einzelhandelsstellen, welche die Produkte der Green Pioneers anboten, eine Anzeige aufgrund des Handels mit Betäubungsmitteln. Und nur um es noch einmal zu erwähnen: wir reden hier von Tee, Tea-Balls und einem Nutzhanf-Extrakt.
Im Großen und Ganzen kann man davon ausgehen, dass es bei diesem Prozess für die Staatsanwaltschaft um die Wahrung ihres Gesichtes geht. Wenn man schon eine bewaffnete Hausdurchsuchung anfordert, muss man auch überhaupt Gründe oder Ergebnisse vorweisen können. Da dies bei den Produkten der Green Pioneers nicht möglich zu sein scheint, wird ebenso lange weiter gesucht und geklagt, bis dem jungen Start-up die Puste und/oder das Geld ausgeht. Für die Behörde wäre es ein mühsamer und eher unbedeutender Sieg, der schnell ad acta gelegt und dann bald vergessen wird. Für die Green Pioneers aber bedeutet dieser absurde Prozess die Bedrohung ihrer Lebensgrundlage.
Fazit
Wenn solche Beispiele schon im CBD-Bereich zu finden sind, trübt das meine Vorfreude auf eine Legalisierung von THC in Deutschland doch gewaltig. Aktuell ist noch immer nicht klar, wie eine Legalisierung aussehen und durchgeführt werden soll. Aber so deutsch, wie wir nun mal sind, überlegt man sich in der Politik bereits jetzt, ob es nicht sinnvoll wäre, eine THC-Grenze einzuführen. Sollte es dann eines Tages mal so weit sein, werden wir hoffentlich nicht über unzählige Durchsuchungen und Ladenschließungen lesen, die mit der Überschreitung eines ausschließlich in Deutschland festgelegten Grenzwertes begründet werden.