Es geht um Jugendschutz in Zeiten von Cannabis legal und es geht hoch hinaus: Seit Kurzem steht nun auch ein von Krankenkassen finanziertes Präventionsangebot mit dem klingenden Namen „Höhenrausch“ zur Verfügung, das Kinder und Jugendliche beim Klettern über Risiken durch Hanfkonsum aufklären möchte.
Gezielt zupacken und immer weiter nach oben an der Kletterwand steigen soll helfen, soziale Kompetenzen zu schulen und für mehr Aufmerksamkeit gegenüber THC sorgen. Teilnehmen dürfen Schüler wie Schülerinnen ab 14 Jahren und los geht’s mit dem bereits evaluierten Projekt dieser Tage in Berlin.
Interaktive, unterschwellige Angebote für effizienten Jugendschutz nach der Hanf-Freigabe
An der Kletterwand hängen junge wie ältere Semester zwar nicht am seidenen Faden, sondern werden ordentlich verschnürt abgesichert, aber ein falscher Griff oder eine zu lässige Risikoeinschätzung haben direkte Konsequenzen. Ganz ähnlich sei es beim offiziell erlaubten Cannabis, meint die verantwortliche Krankenkasse und Eigenverantwortung müssen Teenager eben lernen, sonst drohen durch THC im Zweifelsfall schwere gesundheitliche Probleme.
Hanfprodukte sind bekanntlich nur für Erwachsene geeignet. Außer es handelt sich um therapeutische Cannabinoide und um entsprechend ärztlich beaufsichtigte Behandlungen etwa von kindlicher Epilepsie, dessen berüchtigte Anfälle auch in der Pädiatrie immer öfter erfolgreich mit diesen pflanzlichen Wirkstoffen gelindert werden. Aus der Forschung gibt es freilich keinerlei Hinweise, dass eine Legalisierung von THC für Volljährige zu mehr Hanfkonsum unter Minderjährigen führt, ganz im Gegenteil.
Daten aus Kanada und den USA zeigen oft sogar sinkende Konsumraten und das hat gute Gründe. Verbotene Früchte schmecken nun mal am allerbesten, Gras legal hingegen wird rasch zu Gras normal und deshalb für Kids weniger spannend, schließlich versucht auch kein Knirps im Tabakladen ständig an bunt verpackten Zigarren schnuppern möchte. Wissenschaftliche Argumente spielen in Deutschland beim Thema Cannabis allerdings noch keine große Rolle.
Präventionsmaßnahmen werden viel öfter mit angeblichen Risiken begründet als mit Chancen einer Freigabe oder dem Verweis auf empirische Studien. Aber Bescheid wissen über potenzielle Schäden, das ist für Hanf im jungen Gehirn stets genauso wichtig wie bei Alkohol und Tabak. Während diese Genussmittel offiziell verkauft werden und Zigaretten mittlerweile drastische Warnbilder tragen, gibt es Cannabinoide nur per Anbau, entweder in speziellen Clubs oder zu Hause in Eigenregie und niemals für Teenager.
Bundesmodellprojekt soll Urteilsvermögen schärfen und THC Konsum verhindern
Zwei Jahre hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung an „Höhenrausch“ gefeilt und von der Krankenversicherung finanzielle Unterstützung bekommen. Angesprochen sind jenseits der jungen Leute vor allem Lehrer, Sozialarbeiter und Erzieher, von denen natürlich nicht jeder dicke Betreuer an der Kletterwand hochgetrieben wird. Ganzheitlich, nachhaltig, gendergerecht – an alles hat man gedacht, was für bestmögliche Online-Schulungen nötig sein soll. Wer den Lehrgang schafft, darf sich danach unter die im Cannabis-Gesetz der Bundesregierung angekündigten „Präventionsfachkräfte“ rechnen.
Zugeschickt wird den Teilnehmern außerdem ein Rucksack voller Material sowie ein umfangreiches Handbuch, damit sich die Veranstaltungen komplett eigenständig durchführen lassen. Gibt es vor Ort keine Halle zum Klettern, sind auch Gruppentouren zu solchen Einrichtungen möglich. An der Kletterwand umfasst der Workshop zur Hanf-Prävention drei Etappen, auf denen die Kids Wissen sammeln und ihre individuellen Entscheidungen reflektieren. Wie reagieren Mama und Papa und sonstige Erziehungsberechtigte auf jugendlichen Umgang mit THC? Wo müssen Teenager besonders aufpassen und was braucht es für die individuell optimale Risikobalance?
Ein vielversprechender Ansatz. Schließlich merkt man sich den plötzlichen Absturz aus luftiger Höhe auch mit Sicherheitsleine am Hintern und professionellen Klettertrainern als Aufpassern! Junge Leute dürften durch solche Events zuverlässiger angesprochen werden als bei Belehrungen durch Polizeibeamte in voller Montur.
Bisher kreuzen Cops mit den fiesesten Substanzen aus der Asservatenkammer im Klassenzimmer auf, berichten dann zum Cannabis wie die Heilige römische Inquisition zur Hexenverbrennung und statt sinnvoller Erlebnispädagogik gibt es Märchenstunde, über die sich in der großen Pause die ganze Schule lustig macht. Prävention findet so jedenfalls nicht statt und frische Ideen sind herzlich willkommen.
Werden Gefahren durch den Konsum von Haschisch und Marihuana unterschätzt?
Bei Vorstellung vom Cannabis Präventionsprojekt „Höhenrausch“ zitierte die Krankenkasse unter anderem eine frühere Umfrage von Forsa, nach der mehr als 60 % der Eltern im Land Angst vor dem Legalisieren hatten. Was genau und vor allem auf welche Weise nach Hanf gefragt wurde, blieb zwar unerwähnt, doch nach Jahrzehnten der Verbote von THC sorgt sich die wahlweise nicht oder vollkommen falsch aufgeklärte Bevölkerung logischerweise um den eigenen Nachwuchs.
Per se führt Cannabis zu keiner Psychose, Sucht oder Demenz bei Kindern. Riskant wird es der medizinischen Forschung zufolge bei Vorerkrankungen und Dauerkonsum von extra viel THC, wobei an dieser Stelle Erwachsene übrigens ähnlich gefährdet sind wie Minderjährige. Es lässt sich streiten, ob mehr Klarheit in der Aufklärung besseren Jugendschutz bringt als die in Deutschland praktizierte Methode Holzhammer, aber wissenschaftlich informieren kann der Gesetzgeber nur, wenn das auch so gewünscht ist.
Wahrscheinlich sind selbst Heranwachsende nicht so extrem, fahrlässig drauf, wie von Politikern unterstellt. Vor der Legalisierung legte der Hanfkonsum unter besonders jungen Menschen jedes Jahr zu – trotz Verbot und brutaler Schikane gegen User aller Lebensalter. Bundesdrogenbeauftragte von der CDU/CSU interessierten sich null für intelligente Präventionsansätze, ignorierten gesundheitsgefährdende Streckmittel auf dem Cannabis-Schwarzmarkt und lehnten jede Form von Freigabe ab.
Es lässt sich nur mutmaßen, wie viele Existenzen diese sinnlose, ja richtig gefährliche Drogenpolitik zerstört hat und wirklich durchdachte Projekte wie „Höhenrausch“ waren lange überfällig.