Drei Ernten sind dank subtropischem Klima und fruchtbarer Böden in Paraguay möglich, doch während das gepresste Export-Cannabis „paraguayo“ genannt vor allem die Taschen korrupter Beamter und Polizisten des Landes füllt, verpasst die Regierung in Asunción den Anschluss an Argentinien, Uruguay, Bolivien und Chile, was das Ausschöpfen des legalen ökonomischen Potenzials von Medizinalhanf betrifft.
Seit Dekaden ist Paraguays „Gras“, der „paraguayo“ („Paraguayer“) für Südamerikas Cannabis-Konsumenten, das was Marokkos Haschisch-Exporte für Europa sind. Denn Paraguay mit seinen nur knapp sieben Millionen Einwohnern ist mit Mexiko der größte Produzent für Schwarzmarkt-Cannabis der gesamten Region.
Wer schon einmal Südamerika bereist hat, wird das gepresste Produkt aus Blüten (auch Samen und Äste finden sich oftmals darin) unweigerlich zumindest einmal gesehen haben. Wie Marokko auch kürzlich, stellte Paraguay die Weichen für die Legalisierung von Cannabis für die medizinische Nutzung. Auch Straffreiheit für den Eigenanbau zur Selbstversorgung bei Cannabis-Patienten ist im Gesetz, das im August 2020 abgesegnet wurde, verankert. Wer ein ärztliches Attest vorlegen kann, hat einen Kleingarten, der für Exekutive und Justiz unantastbar ist.
Wobei bisher, was medizinische Präparate betrifft, nur ein Importpräparat und ein im Land produziertes Cannabis-Öl zugelassen wurde, dessen Kosten sich kaum ein Paraguayer leisten kann. Eine altruistische Initiative, die Abhilfe schafft, ist Granja Madre – ein Anwalt und ein Unternehmer schlossen sich bereits 2018 zusammen, und verschenken seither Medizinalhanf an Patienten. Gleichzeitig formiert sich ziviler Ungehorsam, mit dem kollektiven Anbau von Cannabis für Patienten. Aber auch unternehmerisch wird gegen das Staatsmonopol Widerstand forciert, über den Verband für Industriehanf „Cámara Paraguaya del Cannabis Industrial“, kurz Cannapy.
Sie werfen dem Präsidenten Mario Abdo Benítez vor, „nur eine Gruppe an Unternehmern zu begünstigen“, die die Lizenzen über die Cannabis-Kommission (span. Comisión Interinstitucional de Cáñamo Industrial, kurz Coinca) des Ministeriums für Land- und Viehwirtschaft (span. Ministerio de Agricultura y Ganadería, kurz MAG) erhalten haben. Und man die gesellschaftliche Struktur des Landes, Familien-Kleinbauern in Subsistenzwirtschaft, bei Cannabisanbau für die Medizin sträflich wie gänzlich außer acht lässt.
Natürlich will man in Paraguay noch keinesfalls einen rekreativen Cannabis-Genuss erlauben, wie in Uruguay über ein Staatsmonopol oder in Mexiko. Das hat seine Gründe, in erster Linie im enormen Gewicht der Schwarzmarkt-Exporte. An dem nicht zuletzt über endemische Korruption die Polizeikräfte und nicht zuletzt Eliten verdienen. Offizielle Zahlen der Regierung in Asunción gehen von etwa 7000 Hektar illegaler Cannabis-Pflanzungen in Paraguay aus. Experten, die mit dem Gesetzentwurf zur Legalisierung von Medizinalhanf beauftragt waren, und Cannabis-Aktivisten gegen davon aus, dass auf mindestens der dreifachen Fläche Cannabis für die illegale Ausfuhr zu den Nachbarn, in erster Linie Brasilien und Argentinien die Pflanzen kultiviert werden würden.
Knapp 1.400 Hektar würden alljährlich von den Spezialeinheiten der Polizei, die dem SENAD unterstellt sind. Die paraguayischen SENAD-Einheiten werden, wie könnte es auch anders sein, Unterstützung von der US-amerikanischen Drogenbehörde DEA und der föderalen, brasilianischen Polizei. Die für gefährliche Einsätze geschulten Spezialeinheiten werden jedoch in erster Linie zum Vernichten von Cannabispflanzen eingesetzt. Zwar ist das Dreiländereck zwischen Brasilien, Paraguay und Bolivien bei Weitem nicht so ein gefährliches Pflaster, wie das nördlichere mit Peru. Doch erst Ende März wurden hier knapp 430 Tonnen Schwarzmarkt-Cannabis dingfest gemacht. So sind Polizeirazzien allabendlicher Fixpunkt in den TV-Nachrichten, wobei man primär zu sehen bekommt, wie Eliteeinheiten der SENAD Pflanzen mit Macheten umhacken, und ganze Plantagen lichterloh in Flammen aufgehen.
Übrigens liegt der Kilopreis (sic!) für „paraguayo“ für Großabnehmer „ab Hof“ (von der Plantage) bei etwa 6 US-Dollar (4,5 Euro), der Ertrag pro Hektar und Ernte ist dank des subtropischen Klimas und fruchtbarer Böden mit 1,5 Tonnen pro Hektar recht hoch. Und in Paraguay gehen sich stets drei Ernten pro Jahr aus. Gemäß dem Antidrogen-Staatssekretariat (span. Secretaría Nacional Anti-Drogas, kurz SENAD) würden, von geschätzten 63 Mio. US-Dollar an Schwarzmarkt-Einnahmen pro Ernte knapp 49 Millionen in den Taschen korrupter Beamter verschwinden. Das sind fast 150 Mio. US-Dollar pro Jahr.