Der ein oder andere fragt sich bestimmt, was nur aus den ganzen Marlene-Mortler-Seiten im Internet werden soll. Über Jahre hinweg hatte sich Frau Mortler eine stabile Basis aus Gegnern angesammelt, die sich, besonders in sozialen Medien, bestens vernetzt waren und ihrer Höhne dort freien Lauf ließen. Memes mit Frau Mortler waren immer ein Garant für einen Lacher … aber jetzt?
Wer trägt jetzt noch ein „Marlene Mortler absetzen“-Shirt in der Öffentlichkeit? Und hat der Satz „Es ist illegal, weil es verboten ist“ (oder andersherum?) überhaupt noch einen humoristischen Wert?
Die einzig wichtige Frage ist und bleibt: Was denkt die neue Drogenbeauftragte, Daniela Ludwig (CSU), zum Thema Cannabis? Kurz nach ihrer Ernennung kam direkt ein sehr altes Argument auf: „Einstiegsdroge“. Aber, ein Glück: Das Zitat mit der Einstiegsdroge stammt aus dem Jahr 2015, damals hatte Frau Ludwig zu dem Thema nicht viel zu melden und auch nicht viel Ahnung. Dieser Ausrutscher sei daher, von meiner Seite aus, verziehen.
Cannabis für Patienten soll gefördert werden
Wer das Zitat von 2015 weiter liest, sieht sehr schnell, dass Frau Ludwig damals bereits über die medizinischen Vorteile von Cannabis informiert war und hierzu auch eine klare Meinung hatte:
Hier ist es das Ziel der Bundesregierung, die Versorgung mit cannabishaltigen Fertigarzneimitteln zu verbessern und Patientinnen und Patienten den (Anm.d.Red.) Zugang zu diesen zu ermöglichen.
Frau Ludwig spricht hier jedoch höchstwahrscheinlich bewusst von „Fertigarzneimitteln“, nicht von Cannabis generell, also auch in Blütenform. Aber auch hier gilt: 2015 war die Cannabispolitik in Deutschland, auch im Thema Medizin, noch nicht besonders weit. Erst seit der Gesetzesänderung 2017 [1] ist der Weg zum Rezept nun endlich zumutbar, ca. 50 % der Anträge werden auch angenommen.
Wie Frau Ludwigs Meinung zu Cannabisblüten als Medizin aussieht, kann man leider nur erahnen. Aber hey, Funfact: Frau Ludwig ist Drogenbeauftragte, nicht im Gesundheitsministerium. Insofern kann man das Wort „Fertigarzneimittel“ einfach ignorieren und sich darüber freuen, dass Frau Ludwig schon 2015 so positiv über Cannabis als Medizin geäußert und besonders die Rolle der Regierung hervorgehoben hat.
Was macht Daniela Ludwig noch so?
Know your enemies… Und da Cannabis (und die damit verbundene Strafverfolgung) natürlich paranoid macht, sieht die Cannabis-Branche neuen Politikern meistens mit einer ordentlichen Portion Skepsis entgegen. Wer kann es uns verübeln? Vor der Wahl scheint immer alles grün zu sein, nach der Wahl wird weiterhin die Pharma- und Alkohollobby verköstigt, bei kleinsten Mengen drohen immer noch hohe Strafen und der Verlust der Fahrerlaubnis. Ohne Rezept hat sich in den letzten Jahren an den Gesetzen 0,0 % verändert, die geplanten Modellversuche tragen ihren Beinamen „geplant“ leider immer noch zurecht.
Also, wer ist Daniela Ludwig, was macht sie in ihrer Freizeit und womit verdient sie noch so ihr Geld? Auf der Seite abgeordnetenwatch.de [2] werden seit 2017 vier Tätigkeiten angegeben, die sie auch alle noch ausführt. Frau Ludwig sitzt im Vorstand des Bayerischen Roten Kreuzes, ist stellvertretende Generalsekretärin der CSU und Mitglied des Kreistages im Landkreis Rosenheim. Außerdem ist sie Vorstandsmitglied bei FortSchritt Rosenheim E.v. [3], einem Verein, der geistig und körperlich beeinträchtigten Kindern und jungen Erwachsenen angemessene Bildungsprogramme ermöglicht und deren Eltern unterstützt. Sagt, was ihr wollt, aber die Frau hat ihr Herz anscheinend an der richtigen Stelle.
„Zeit für einen Neuanfang“
Tatsächlich hat sich Frau Ludwig in einem aktuellen Interview sehr deutlich für ein Zitat, „Neuanfang“ in der Drogenpolitik [4] ausgesprochen. Sie wolle weg von der bisherigen „Verbotspolitik“ und wolle „Menschen mit ihren Sorgen und Problemen“ mehr zuhören. Auch zum Thema Cannabis hat Frau Ludwig gute Möglichkeiten. Sie möchte sich bei unseren Nachbarn in Europa umschauen, ob es bereits bessere Modelle als in Deutschland gibt.
Weiterhin will sie weg von der Frage „Legalisierung ja oder nein“, was schon fast nach einem Modell à la Niederlande (Coffeeshops) oder Spanien, Cannabis Social Clubs, schreit. Ob sich die deutsche Cannabis-Branche mit einer so halbherzig durchgesetzten Lösung zufriedengeben wird? Wage und hoffe ich an dieser Stelle zu bezweifeln. Außerdem wäre die Bundesregierung definitiv geisteskrank, wenn sie sich die Steuereinnahmen der entstehenden Cannabisindustrie und die Einnahmen des daraufhin florierenden Schwarzmarktes entgehen lassen würden.
[1] Gesetzesänderung 2017 [2] abgeordnetenwatch.de [3] Neuanfang in der Drogenpolitikphotocredit @Tobias Koch