Das Wörtchen „Cannabis“ hat in den vergangenen Jahrzehnten einen extremen Wandel durchgemacht. Als ich in der 7. Klasse das Thema Drogen im Unterricht hatte, war Cannabis vom Lehrplan her noch auf einer Stufe mit Kokain, LSD und Heroin. Heute bekommen Personen Cannabis aus der Apotheke, es gibt Cannabis-Light im Internet zu kaufen, Hanföl gibt es in jedem Biomarkt und der ein oder andere isoliert sogar sein Haus mit Hanf.
Auch der Markt mit Terpenen, CBD und anderen Cannabinoiden boomt! Die aktuelle Stimmung zu einer vollständigen Legalisierung ist so gut wie noch nie, leider jedoch noch nicht gut genug. Na ja, ein paar Jahre können wir jetzt ja auch noch warten!
Die CBD-Lawine nimmt Fahrt auf
Doch es gibt da eine Berufsgruppe, bei denen „warten“ leider definitiv nicht zum Sprachgebrauch gehört. MLM-Vertriebler. Jeder kennt die guten alten Systeme des Strukturvertriebes. Für alle, die sie nicht kennen, hier ein kleiner Crashkurs:
Ich hab’ ein tolles Produkt, gebe es Dir günstiger, Du musst es dann nur noch verkaufen! Wenn Du noch mehr Verkäufer wie Dich anwirbst, dann bekommst Du sogar eine Provision! Und wenn die Leute dann wiederum Leute anwerben, bekommst Du auch noch eine Provision! Am Ende bist Du reich! Du musst mir dafür nur meine Produkte abkaufen! Und um zu zeigen, wie seriös ich bin, locke ich Dich noch mit Sachpreisen wie einem iPad oder einer Traumreise, welche Du ab soundsovielen verkauften Produkten GRATIS erhältst!
Doch um welches Produkt handelt es sich dieses Mal? Staubsauger? Tupperware? Das Elixier für ewiges Leben? Fast! Irgendwie haben sich die altbekannten MLM-Vertriebler auf CBD eingeschossen: Auf einer der vielen Seiten wirbt man sogar ziemlich direkt mit den Vorteilen einer CBD-Therapie mit ihrem Produkt:
- keine Lagerhaltung
- kein Auto-Ship
- keine monatlichen Kosten
- keine Mindest-Umsätze im Produktverkauf
- Neugierig: lass uns reden! +49 (Original!)
Hat zwar mit CBD nicht gerade viel zu tun, beschreibt aber sehr gut die Richtung, in die die CBD-Branche gerade abzurutschen droht: Eine dicke Werbelawine rast nämlich direkt auf die Branche zu und wird wohl nicht mehr so schnell zum Stillstand kommen.
Der Witz ist aber: Es geht bei dieser Werbung natürlich nur indirekt um CBD an sich! Vielmehr geht es um die Erschaffung eines Multi-Level-Marketing Systems zum Vertrieb der Produkte. Dies schadet vorwiegend den seriösen Händlern, welche durch die schiere Masse an Konkurrenzprodukten und „Shops“ erdrückt werden.
Schneeballsystem in Reinkultur?
Bei Wikipedia steht Folgendes über das Netzwerk-Marketing: „Netzwerk-Marketing (auch Network-Marketing, Multi-Level-Marketing (MLM), Empfehlungsmarketing oder Strukturvertrieb) ist eine Spezialform des Direktvertriebs.[1] Im Unterschied zum klassischen Direktvertrieb werden Kunden angehalten, als selbstständige Vertriebspartner weitere Kunden anzuwerben.[2] Je nach Aufbau können Netzwerk-Marketing-Systeme einem illegalen Schneeballsystem ähneln oder ein solches als Netzwerk-Marketing ausgeben.“ [Quelle: Netzwerk-Marketing]
Multi-Level-Marketing ist für viele Händler ein Horror-Begriff, für andere ist es wiederum die Haupteinnahmequelle. Die Firmen setzen für ihre CBD Produkte beispielsweise sehr stark auf günstiges Social-Media-Marketing. Facebook und Co werden derzeit überschwemmt von MLM-Postings. Es gibt sogar das typische „Freunde anwerben für Provision“: Als „Vertriebspartner“ kann man oft sogar mit bis zu 24 % beteiligt werden. Natürlich muss man dafür dann z. B. einen hauseigenen Webshop mieten und sich zum CBD-Händler ausbilden lassen.
Aber keine Angst: Das kann meist mit nur wenigen Präsentationsfolien erledigt werden und nach einer halben Stunde ist man dann endlich durch mit dem Blabla, es folgen die harten Fakten: Die Produkte gibt es oft nur auf zwei Wegen: Kunde oder Verkäufer, friss oder stirb! Ein Verkäufer zu sein, hat aber anscheinend viele tolle Vorteile (Originalzitate):
- „keine spezielle Ausbildung nötig“
- „keine große Investition“
- „erprobtes, schlüsselfertiges Konzept“
… und so weiter und so fort… Ortsunabhängig ist es außerdem, ein Limit nach oben gibt es nicht!
Aber wo ist der Haken?
Wie bei den meisten dieser Systeme muss man zum Einstieg erst mal ein „Starterpaket“ kaufen und die Produkte dann selbst an den Mann bekommen. Die Vorteile für die Firmen sind eindeutig: Um Kundenakquise kümmern sich die neu angeworbenen Händler, die Firma muss diese nur noch regelmäßig mit neuen Produkten ausstatten.
Da mag sich der ein oder andere denken „mhm, aber bei einer Gewinnbeteiligung von bis zu 24 % ist doch alles super!“. Das Doofe ist nur: Wenn ich bei diesem Vortrag auch halbwegs richtig aufgepasst habe, dann sind diese 24 % Beteiligung unerreichbar! Dazu ist das komplette System in seltsamen Stufen aufgebaut. Leider ist das sogar typisch für diese Vertriebsart. Je mehr man verkauft, desto höher ist dann auch die Gewinnbeteiligung.
Wie viel dann eine solche Starterbox im Verkauf aber überhaupt kostet, wird größtenteils nur versteckt erwähnt. An einer „Basic Box“ mit mehreren Ölen mit einem (von mir geschätzten!) Warenwert um die 100,00 bis 150,00 € verdient man als Verkäufer aber dann z. B. 20,00 €. Dazu kommen die Kosten für den Webshop.
Aber hey, es gibt da ja noch die Bonuszahlungen!
Da gibt’s da dann zwei „Pools“ mit Geld, wer genug „Qualifikationspunkte“ angesammelt hat, wird dann an der Ausschüttung beteiligt. Werden hier die Millionen verteilt?! Nein, wohl kaum. Denn um hier wirklich Kohle zu scheffeln, muss man mega viele weitere Shops „angeschlossen“, also weitere Händler angeworben haben, die dann die Starterpakete von einem kaufen. Und so weiter und so fort spätestens hier versteht man dann den Name „Multi-Level-Marketing“.
Soziale Medien als (günstige!) Werbeplattform
Unter dem Slogan „Teilen und Geld verdienen!“ versteckt sich eine für Online-Redakteure und Gruppenadmins ziemlich nervige Masche: Bezahlte Posts… Natürlich verbirgt sich aber auch hier ein großer Haken, der ein oder andere Fisch wird bei diesem Leckerbissen bereits angebissen haben: Als Belohnung winken, jedenfalls wenn man oft genug den vorgeschlagenen „professionellen Content“ teilt, eine Beteiligung von 1 % der Produkteinnahmen.
Und der Haken: Die Beteiligung von 1 % gibt es aber nur auf die Produkteinnahmen, die NICHT aus den Starterpaketen entstehen! Da diese Firmen sich aber NUR über den Verkauf von Starterpaketen finanzieren, sollten die Einnahmen aus sonstigen Produkten relativ gering sein… Und davon bekommt man dann für das Verkaufen der Privatsphäre und den Verlust vieler Online-Freunde dann immerhin noch 1 % dieser Einnahmen, geteilt durch gaaanz viele Personen… Geld verdienen durch Teilen bleibt also wohl weiterhin ein Traum.
Fazit: CBD bei Fachhändlern kaufen!
Es gibt eine ganze Liste von „Warnsignalen“ vor unseriösen Händlern. Wenn mehrere dieser Punkte zutreffen, sollte man dort nichts kaufen. Hier eine „kleine“ Auswahl:
- hohe Anfangsinvestitionen
- Ware im Voraus abnehmen und bezahlen
- Keine Rückgabemöglichkeit
- es werden übermäßige Gewinne versprochen (Traumreise oder direkt den Tesla?)
- Und wohl der wichtigste Punkt: Verkaufsunterlagen und Informationsmaterial müssen Sie selbst bezahlen
Wir merken ganz klar: Leider werden in unseren Beispielen die meisten der oben genannten Punkte eingehalten! Doch wie erkennt man denn nun seriöse Shops? Eigentlich ganz einfach! Seriöse Shops sind auf der Suche nach Endkunden, nicht nach neuen Vertriebspartnern. Wenn die Werbung eindeutig auf die Gewinnung neuer Verkäufer und Shopbetreiber abzielt, handelt es sich ziemlich sicher um ein Multi-Level-Marketing!
Daher meine große Bitte an Euch alle: Kauft bei seriösen Händlern, unterstützt nicht diese dubiosen Vertriebswege und fallt nicht auf die Versprechungen rein, auch wenn eine Traumreise, ein iPad oder gar 500 g Gold schon verlockend klingen.