Eine Welt mit nahem Horizont erklärt sich schnell, einfach und für andere Menschen mit nahem Horizont plausibel. So kommt es einem zumindest auf der Bundespressekonferenz vom 18.08.2017 zum Drogen- und Suchtbericht vor, als Tilo Jung der Drogenbeauftragten Marlene Mortler einige Fragen stellt. Sie hat auf einige Fragen schon geantwortet oder braucht auf diese nicht antworten, sie richtet nämlich Ihren Fokus auf Problemfälle. Diesen will sie angeblich helfen, spricht sich jedoch lautstark gegen jegliche Legalisierungsbemühungen von Cannabis aus.
Den Fokus auf Problemkonsumenten und alle in einen Sack gesteckt
Wer nicht in einer Welt mit nahem Horizont lebt, der wird sich wie Tilo einige Fragen stellen. Es gibt laut Mortler also offensichtlich und seit eh und je Kiffer, die durch Cannabis keinen Schaden nehmen. Er darf aber in keinem Fall legalisiert werden, womit auch diese unproblematischen Kiffer Repressalien ausgesetzt sind. Und wenn nicht durch das Strafrecht, dann durch die Führerscheinstelle, durch schlechtere oder gar keine Chancen auf den jeweiligen Beruf oder durch das Stigma, dass man als Kiffer kriminell ist. Ja, warum ist man denn als Kiffer kriminell? Weil es kriminalisiert wird. Würde man Tee trinken kriminalisieren, wären Teetrinker Kriminelle.
Auch die Problemfälle werden genau wie andere Kiffer kriminalisiert und stigmatisiert. Hilft ihnen das auf ihrem Lebensweg? Nein. Jemand, der Probleme hat, profitiert nicht dadurch, zusätzlich noch bestraft zu werden. Wer sich z. B. in seinem sozialen Umfeld kaum halten kann, beim Job Schwierigkeiten hat, sich bereits zurückzieht oder nur noch in gewissen Kreisen angenommen wird, der braucht nicht auch noch eine Anzeige mit Strafandrohung wegen Hanf.
Aber das Verbot wirkt ganz toll gegen Dealer? Nein, tut es nicht. Je teurer man Drogen handeln kann, umso interessanter ist es für die Dealer. Wenn die Problemfälle das Geld nicht haben, dealen sie halt selbst, um sich zu finanzieren. Auch Jugendliche haben oft nur diese Möglichkeit, um einen problematischen Konsum zu finanzieren. Durch das Verbot sind die Drogen nur anders und bedenklicher, es ist aber immer genug für alle mit Kaufkraft zu haben.
Den Drogen und Suchtbericht anders lesen
Frau Mortler hat all Ihre Ziele, die Sie beim Bekleiden von dem Posten als Bundesdrogenbeauftragte hatte, aus Ihrer Perspektive erreicht. Unter Jugendlichen wird weniger Alkohol getrunken, Tabak ist out und bei den Drogen stagnieren die Zahlen zumindest weitgehend. Aber wegen dieser ganzen Legalisierungsdebatte kiffen immer mehr Jugendliche und alle, die legalisieren wollen, sind gewiss auch daran nun schuld? Nun, Menschen haben den Drang danach, ihr Bewusstsein zu beeinflussen.
Drogen, Spielen, Sport, Sex, Arbeiten oder sonst etwas nehmen Einfluss auf unser Bewusstsein. Jeder Mensch ist für Verschiedenes anfällig und jeder Mensch sucht sich etwas. Weniger Jugendliche trinken Alkohol oder rauchen Tabak, so der Drogen und Suchtbericht. Dafür sind über 5 % von ihnen Spiel- oder Online süchtig und immer mehr kiffen. Nun – wenn jetzt weniger Jugendliche trinken oder Tabak rauchen, dann heißt das doch nicht, dass sie nicht anstelle dessen etwas anderes machen. Wenn sie kiffen und nicht saufen, müsste man das doch sogar positiv werten. Lieber die Psychose vom Kiffen als vom Saufen!
Und die THC Konzentrationen im Marihuana wären heute viermal höher, als irgendwann einmal. Aber diese wurden doch alle erst nach dem Verbot gezüchtet. Es liegt allein daran, durch den regulierten Markt die verschiedenen Cannabinoide in ihrer Konzentration zu einer Sorte zu benennen, damit die Konsumenten sich darauf einstellen können. Denn reine und hohe THC Konzentrationen sind für viele Problemfälle kritisch und auch für normale Konsumenten bereits unangenehm. Wenn jedoch auf dem Schwarzmarkt keiner so genau weiß, was er verkauft oder kauft, wem soll denn damit dann geholfen sein?
Dem Drogen- und Suchtbericht ist laut Mortler zu entnehmen, dass immer mehr Kiffer Hilfe und Therapie benötigen. Von den illegalen Drogen käme ein großer Teil wegen Cannabis in solche Einrichtungen. In diesem Drogen- und Suchtbericht wird aber auch erklärt, dass es die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland ist. Wäre es dann nicht naheliegend, dass es gehäuft Personen gibt, die vielleicht ganz andere Probleme haben und denen zu intensiver Cannabisgenuss deswegen noch mehr schadet? Und kommen diese ganzen „Sorgenkiffer“ denn auch alle freiwillig? Oder werden sie von Eltern, Psychologen oder Richtern geschickt? Inwieweit haben diese Zahlen im Drogen- und Suchtbericht ohne weitere Erläuterung und Aufschlüsselung überhaupt eine Aussagekraft, außer der „gewünschten“?
Lasst die Menschen doch einfach Menschen sein
Wer nimmt sich das Recht dazu, für uns in unseren Wohnzimmern besser zu wissen, was gut und richtig ist, um es auch in unseren Wohnzimmern für uns durchzusetzen? Da fallen gewiss jedem schnell ein paar Gruppierungen ein, die es gerne für andere besser wissen. Was ist denn mit allen, die eben mit dem Alkohol nicht glücklich werden? Und was ist mit den ganzen alkoholbedingten Schäden, die sich oft erst im Alter zeigen?
Warum kann nicht einfach akzeptiert werden, dass Menschen ganz unterschiedlich sind und ihr Leben sowie ihre Freizeit auch unterschiedlich gestalten? Die einen sind mit Bier zufrieden, die anderen wollen lieber kiffen oder im Wald Pilze suchen. Andere treiben Sport oder spielen bis zum Umkippen im Web.
Dass wir alle nicht wollen, dass sich jemand mit Drogen zugrunde richtet, das wird hier mal einfach angenommen. Genau deswegen sind diese Drogenverbote doch kontraproduktiv, da sie den Substanzkonsum nicht signifikant, oder nicht einmal nennenswert reduzieren, den Konsum jedoch viel gefährlicher machen.
Es wird durch Verbote nicht weniger, sondern nur bedenklicher konsumiert. Mit einem sinnvoll regulierten Markt haben volljährige Menschen die Wahl, was sie machen und wissen auch, was sie nehmen und wie sie es unbedenklicher nehmen können. Sollen die einen doch trinken, die anderen kiffen und die nächsten trippen, solange sie sich in der Öffentlichkeit an die Regeln halten und im trauten Heim die Kinder und ihr Umfeld nicht darunter leiden?