Zuallererst sei gesagt, dass Cannabis-Genusskonsumenten vielleicht noch dieses Jahr aufatmen können, eventuell wird das Strafrecht durch ein Bußgeldmodell ersetzt. Die gute Botschaft heißt dennoch nicht, dass an der neuen Stoßrichtung von Marlene Mortler als Drogenbeauftragte des Bundestages keine Kritik zu äußern wäre. Es soll sozusagen die Zweiklassengesellschaft der Cannabis-Konsumenten etwas umgewandelt werden. Auch heute ist derjenige, der über einen guten gesellschaftlichen Status und Geld verfügt, demjenigen im Vorteil, bei dem das nicht der Fall ist. Er kann mit genau diesem Status dem Richter erklären, dass er durch den Cannabiskonsum nicht absackt und kann mit seinem Geld die besseren Anwälte beauftragen.
Die neue Zweiklassengesellschaft der Marlene Mortler
Dennoch wäre die neue „Zweiklassengesellschaft“ der Marlene Mortler als Bußgeldmodell eine erhebliche Verbesserung für Cannabis-Konsumenten. Wenn diese lediglich in Bezug zu ihrem Eigenkonsum auffallen und hierbei nicht gewisse Grenzen überschritten werden, dann soll es nicht mehr ein Fall der Strafverfolgung sein. Es soll sich um eine Ordnungswidrigkeit wie Falschparken handeln. Der Konsument selbst darf sogar noch wählen, ob er ein Bußgeld zahlt oder eine „Behandlung“ über sich ergehen lässt.
Ähnlich ist es auch in der Schweiz, dass auffällige Konsumenten für reine Konsumhandlungen, bei denen sie sich nicht in gewissen Sperrzonen befinden, nur noch gebüßt werden. Die Bußgelder sind für Schweizer Verhältnisse erschwinglich. Marlene Mortler als die Drogenbeauftragte auf deutscher Bundesebene möchte möglicherweise ein ähnliches Bußgeldmodell auf den Weg bringen. Dazu soll am 27.06.2018 eine Experten-Anhörung stattfinden, bevor über dieses Bußgeldmodell abgestimmt wird.
Die Drogenbeauftragte und ihr Ablasshandel
Wer das Geld hat, der zieht einen Schein beim Ordnungsamt und einen beim Dealer seines Vertrauens, schon kann der nächste Joint entfacht werden. Wer das Geld nicht hat, der geht auch ohne Einsicht oder Drogenproblem zur Beratung, um sich sein Hirn erweichen lassen. Auch wenn Bessergestellte durch ihren Konsum nicht vor dem leeren Kühlschrank stehen, so neigen auch diese Menschen teils zu Problemen, die sich in erheblichen Problemkonsum niederschlagen können. Mittellose Menschen können häufig gut mit ihrem Konsum umgehen, da sie von ganz allein erlernen müssen, wie sie haushalten. Wer kaum Geld hat und einigermaßen normal leben möchte, muss immerhin sein Geld einteilen, auch beim Cannabis oder Alkohol. Viele Menschen können das sehr gut, müssten dann aber dennoch eine Beratung oder Behandlung über sich ergehen lassen, wenn sie in diesem Bußgeldmodell das Geld nicht aufbringen. Solche Forderungen sitzt man ansonsten nach Tagessätzen ab.
Wenn solch ein Ablasshandel der Drogenbeauftragten nicht merklich an die finanziellen Möglichkeiten der Cannabis-Konsumenten angepasst wird, dann finden sich die Ärmsten bei der Beratung und die Bessergestellten mit Pizza und Joint vor dem Fernseher. Dennoch wäre selbst dieses Bußgeldmodell besser als die Strafverfolgung. Denn nur weil es die geringe Menge gibt, so ist das nicht eine legale Menge. Der Staatsanwalt kann bei dieser geringen Menge das Verfahren einstellen oder fortführen. Oft genug werden solche Verfahren fortgeführt, wobei es die Bessergestellten wiederum weniger treffen wird.
Warum ein Bußgeldmodell etablieren?
Warum möchte die Drogenbeauftragte denn auf einmal ein Bußgeldmodell erwirken? Hubert Wimber als ehemaliger Polizeipräsident von Münster ist eigens zum GMM Duisburg 2018 gefahren, um hier eine Rede zu halten. Ihm lagen nur die Zahlen bis 2016 vor. Demnach gab es im Jahr 2016 in Deutschland 302.000 Ermittlungsverfahren mit Anfangsverdacht auf Drogen. So viele gab es das ganze angefangene Jahrtausend noch nicht in einem Jahr. Bei fast 80 % dieser Fälle handelte es sich um Verdachtsfälle gegen reine Konsumenten. Wenn ein Ermittlungsverfahren stattfindet, dann ist man auch als Konsument erst einmal polizeilich bekannt. Dann sind Einschnitte für den künftigen Lebensweg zu befürchten, man kann im Bildungssystem oder beim Job benachteiligt werden. In Bayern habe sich die Zahl der Drogentoten in sechs Jahren fast verdoppelt. Nach diesen 50 Jahren der deutschen Drogenprohibition möchte die neue GroKo mit all dem laut Koalitionsvertrag fortfahren.
Sind über 300.000 Ermittlungsverfahren wegen BtM Delikten vielleicht zu viel für unsere Polizei, die sich immerhin der „Gefahrenabwehr“ widmen soll? Sind Cannabisdelikte für die Drogenbeauftragte nicht mehr gefährlich genug oder muss auch Deutschland dem neuen „grünen Trend“ folgen? Wir wissen es nicht und werden es so genau vermutlich auch nie erfahren. Wir können uns aber dennoch freuen, wenn wir Schritt um Schritt auch juristisch zu ganz normalen Bürgern werden, die zu schützen, und nicht zu bekämpfen sind. Denn das Bußgeldmodell kann nicht als die Lösung, sondern nur als Annäherung an diese angesehen werden, wir wollen die regulierte Legalisierung.
Die leidigen Ersatzstrafen
Die Polizei schreibt wegen der geringen Menge viele Anzeigen für den Papierkorb. Das tut dem Ego nicht gut, warum nicht verstärkt Drogentests machen? Durch ein verstärktes Testen gibt es mehr Vorfälle mit Führerscheinentzug, womit die Öffentlichkeit vermutlich sehr beunruhigt ist und sich das ganze „Verfolgen“ verständlich erklären lässt. Der Bürger muss eben vor dem Cannabis oder dem Cannabis-Konsumenten geschützt werden. Wenn dieser friedlich ist, dann muss der Bürger halt anders vor dem Kiffer geschützt werden. Die Polizei begründet sich immerhin nicht mit Untätigkeit, sondern will Fakten schaffen.
Wie ist es, wenn wir das Bußgeldmodell über uns ergehen lassen und den Beamten der „Arbeitsspaß“ dahin geht? Werden dann noch mehr Drogentests gemacht, um viel mehr Führerscheine zu kassieren? Auch damit wäre der nüchtern fahrende Cannabis-Konsument zu Unrecht in der Arbeitswelt benachteiligt. Viele Jobs oder auch Anfahrten zu Jobs gehen nun mit dem eigenen Pkw, für den der Führerschein unablässig ist.
Letztlich dürfen wir uns wie so oft überraschen lassen. Bei dem, was wir von unserer Drogenbeauftragten oder auch den abstimmenden Abgeordneten im Bundestag bereits kennen, kann das Bußgeldmodell leider auch eine böse Überraschung werden, die medial als die „heile Welt“ verkauft wird, wie beim Cannabis als Medizin Gesetz.