Du willst diesen Beitrag hören statt lesen?
Klicke dazu auf den unteren Button, um den Inhalt von Soundcloud zu laden.
Kannst Du Dich daran erinnern, wie und wann Du zum ersten Mal die Existenz von Drogen, und von Cannabis, wahrgenommen hast? Haben Deine Eltern Dich über Drogen aufgeklärt oder die Schule?
In vielen Fällen geschieht der Erstkontakt mit Cannabis ohne Vorkenntnisse. Alles, was wir damals als angehende Teenager über Drogen wussten, bevor wir welche probiert hatten, hatten wir in der schulischen Pflichtlektüre der Bücher „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ und „Fragt mal Alice“ gelernt. Warum man annahm 12-Jährige beinahe ohne Gespräch mit diesen Büchern allein lassen zu müssen und maximal in der anschließenden Besprechung mit erhobenem Zeigefinger zu sagen „Da seht Ihr, was passiert, wenn ihr so Zeug ausprobiert“, ist mir bis heute ein Rätsel. Denn als man dann wirklich mit Drogen in Kontakt kam, war das alles so weit weg von den Büchern, dass der Kopf das nicht mehr miteinander verbinden kann. Die Drogenaufklärung ist also buchstäblich sehr realitätsfern gewesen.
Im Rahmen der Legalisierungsdebatten wird das Thema Jugendschutz ständig argumentativ angeführt, eigentlich sogar von Befürwortern und Gegnern gleichermaßen. Umso verwunderlicher ist es, dass die Gegner, die seit Langem das Zepter in der Hand haben, denn das Verbot ist ja Realität, den Jugendschutz offensichtlich nicht geregelt bekommen, vorwiegend nicht die Aufklärung. Die liegt aber auch in den Händen und der Verantwortung der Eltern, und das ist auch gut so.
Aber wie macht man das? Dadurch dass wir selbst durch 40 Jahre Anti-Drogen Propaganda geprägt sind, haben wir keine Routinen darin ein solches Gespräch zu beginnen. Als einzige Vergleichsmöglichkeit kann vielleicht die Sexualaufklärung herangezogen werden. Denn auch da tauchen Fragen nach dem richtigen Zeitpunkt auf oder danach, in welchem Maß man warnen soll und in welchem Maß die schönen Aspekte beleuchten.
Die eigene Meinung zu Cannabis ist daher nicht das Wichtigste, wenn es darum geht, mit dem Kind darüber zu reden. Viel wichtiger ist es dabei den Eindruck zu vermitteln, dass man der richtige Ansprechpartner ist, wenn es Fragen gibt oder Probleme. Wenn man sein Kind spüren lässt, dass man seine Ansichten und Fragen ernst nimmt, und wenn man seinerseits zeigt, dass man sachlich darüber spricht und sich auf das Urteilsvermögen und den Verstand des Kindes verlässt, dann wird man einen Dialog früher oder später auf Augenhöhe führen können. Und das ist unermesslich wertvoll, weil damit das Grundvertrauen in Eure Bindung gestärkt wird. Auch mit Problemen anderer Art wird Dein Kind eher zu Dir kommen, wenn es bei einem Thema wie Drogen nicht einfach dogmatisch belehrt wird, sondern im vertrauensvollen Dialog auch seine Ansichten gehört und einbezogen werden.
Wann ist das richtige Alter?
Das ist schon gleich eine schwierige Frage zu Beginn. Da zum Verständnis eine gewisse Reife vorausgesetzt werden sollte, muss man das als Elternteil wohl selbst einschätzen können. Man kann sich seine Herangehensweise ja etwas überlegen und seinen Ansatz dem anderen Elternteil oder anderen Menschen im persönlichen Umfeld vorstellen und reflektieren lassen, ob man das im Alter des Kindes verstanden hätte.
Es ist sicher ein Glücksfall, wenn man halbwegs auf solch ein Gespräch vorbereitet ist, und das Kind von selbst mit Fragen kommt. Dies ist wahrscheinlich der natürlichste Gesprächseinstieg. Ansonsten muss man bei der Wahl des Zeitpunkts berücksichtigen, dass es hierfür einen Rahmen gibt. Das Zeitfenster liegt zwischen dem frühesten Zeitpunkt, an dem das Kind den Gesprächsinhalt ausreichend versteht, und dem spätesten, bevor in seiner Schule oder im Freundeskreis selbst die Informationen und auch die Drogen an sich kursieren. Natürlich kann man danach auch noch mit seinem Kind darüber sprechen, jedoch geht es darum aufzuklären, bevor diese Dinge den Weg unserer Kinder kreuzen. Zwischen dem 10ten und 14ten Lebensjahr sollte es wohl sein, wobei heute 14 schon bei vielen zu spät ist.
Richtig warnen
Ob man selbst alle Drogen furchtbar findet oder nicht, ob man kifft oder es grundsätzlich ablehnt, in der Regel wollen wir unsere Kinder auch vor den Dingen behüten, die wir selbst machen, wenn wir wissen, dass dies Probleme mit sich bringen kann. Und da reicht auch das Wissen um die Illegalität und Strafverfolgung, die einen selbst nie vom Konsum abhalten konnte. Drohungen und alte Anti-Drogen Parolen sind mit Sicherheit der vollkommen falsche Ansatz. Man muss sich überlegen, dass ein Gespräch über Marihuana und die Art wie man es führt darüber entscheiden, ob Dein Kind mit künftigen Fragen oder sogar Problemen zu Dir kommen wird. Man darf sich nicht der Tatsache verschließen, dass nach diesem Gespräch das Kind in seinem Leben noch öfter mit Drogen aller Art in Kontakt kommen wird. Und wie es damit umgeht, auf welcher Grundlage es entscheidet, ob es die Drogen nimmt, und ob Du das alles jemals erfahren wirst, all das kann von diesem ersten Gespräch abhängen.
Benutze reale Argumente! Cannabis bei einem Kind schlechtzureden, mit dem Grund, dass es verboten ist, funktioniert nicht. Wenn Dein Kind ein durchschnittlicher Teenager wird, wird dieses Verbot es eher attraktiv machen. Argumente, wenn möglich, wissenschaftlich untermauert, sind hier wesentlich geeigneter. Dazu ist es nötig, dass man sich selbst informiert, wenn man sich nicht richtig auskennt. Der Internet-kundigen Generation von heute fallen peinliche Lügen, Halbwahrheiten und veraltete Propaganda schnell auf, Dein Kind wird merken, ob Du sachlich argumentierst oder Argumente an den Haaren oder aus Sendungen der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten herbeiziehst. Tatsächliche Erkenntnisse der Forschung, reale eigene Erfahrungen und Meinungen von sach- und fachkundigen Experten, sollten die Quellen sein, aus denen Du in Gesprächen über Drogen schöpfst.
Rede nichts schön
Auch wenn Du selbst viel konsumierst, solltest Du in einem vernünftigen Gespräch die Balance nicht vergessen, es soll ja keine Werbeveranstaltung werden. Wenn wir die Verbote nicht für sinnvoll halten, macht es doch Sinn darüber zu sprechen, und das nicht nur in rebellischem Unterton. Denn man muss ja berücksichtigen, dass auch ein unsinniges Verbot Konsequenzen mit sich bringt, und davor solltest Du Dein Kind schützen. Daher sollte das Kind für diese Problematik schon sensibilisiert werden. Auch solltet Ihr erwähnen, dass es nicht unbedingt ein kluger Zug wäre, wenn das Kind zum Beispiel über Euren Konsum in der Schule spricht.
Wenn ich selbst konsumiere
Für Konsumenten ist es eine etwas kniffliger Fall. Viele Kinder haben ein bewundernswertes Gespür für Recht und Unrecht und posaunen vieles direkt heraus. Dass Dein Kind Deine würzige Zigarette im Klassenzimmer erwähnt, darauf kannst Du vermutlich verzichten. Wenn man medizinisch Cannabis erhält, ist es weniger problematisch, da man hier eine gute Erklärungsgrundlage hat für legalen Konsum. Hat man dies nicht, so hilft vielleicht ein anderes Beispiel, das man anführen kann, die Ampel.
Ist für einen Fußgänger die Ampel rot, so muss er stehen bleiben. Tut er dies nicht, können dreierlei Dinge passieren. Erste Möglichkeit, er geht über die Straße und alles ist gut, zweite Möglichkeit, er wird von der Polizei gesehen und bekommt eine Strafe und die dritte Möglichkeit ist, er läuft los und wird überfahren. Wenn ich nun die Information hinzufüge, dass die Straße eine lange Gerade ist und meilenweit kein Auto zu sehen, dann fällt die schlimme Konsequenz für die Gesundheit weg, und in dem Moment macht es dann schon Sinn, sich zu fragen, ob man sich trotz der fehlenden gesundheitlichen Konsequenz die andere, nämlich eine Strafe zahlen zu müssen, noch für sinnvoll halten kann oder sich darüber hinwegsetzt.
Dies klingt zunächst etwas nach Verharmlosung, aber wenn Du im Gespräch die Risiken von Marihuana mit Zigaretten und Alkohol verglichen hast, dann wird da schon offensichtlich, dass das Gefahrenpotenzial von natürlichem Cannabis eher gering ist und man daher die Ampel-Parabel als Vergleich einsetzen kann.