Gerade setzt Kalifornien die Marihuana-Legalisierung für Konsumenten ab dem 01.01.2018 um, da macht Jeff Sessions von sich hören – Gute Menschen rauchen kein Marihuana, sagte er bereits am 05.04.2016 bei einer Senatsanhörung. Nun wird er die seit Barak Obama ruhenden Bundesgesetze wieder anwenden, die über dem Recht der einzelnen Bundesstaaten eine Verfolgung von Marihuana vorsehen. Kalifornien legalisiert also den Genusskonsum von Marihuana. Die Bundesebene schickt dennoch die Beamten, um einen in den nächsten Bundesknast zu verfrachten. So erlebten es bereits bis in Obamas Amtszeiten hinein viele kalifornische Patienten.
Das binäre Weltbild mit gespiegelter Realität
Wer genau ist Jeff Sessions? Nun, es handelt sich um einen der härtesten Drogenkrieger der USA, der die Gunst der Stunde nutzte und sich im Wahlkampfhelfer-Team von Donald Trump laut Steve Bannon als „der Anführer der populistischen Revolte gegen die Elite“ hervortat. Man müsse der „Arbeiterklasse“ der USA nur erklären, dass illegale Immigranten ihnen die Arbeitsplätze nehmen, um gewählt zu werden, war ein Ansatz von Jeff Sessions.
Es handelt sich um solch einfache Lösungen, die einem so oft aus diesen Kreisen serviert werden. Jeff Sessions ist seit 1996 Senator in den USA und wegen der einfachen „Lösungsansätze“ zugleich sehr erfolgreich. Seit dem 18.11.2016 ist er Justizminister der USA. Seine These zu Marihuana lautet: Gute Menschen rauchen kein Marihuana! Genau das ist die Aussage, die wieder mal so einfach ist: Gute Menschen rauchen kein Marihuana, willst du zu uns Guten gehören, dann rauche kein Marihuana, sonst geh halt in den Knast und verrichte Knastarbeit für Centbeträge!
Wer entscheidet denn, was gut oder böse ist?
Gute Menschen rauchen kein Marihuana, so der Standpunkt von Jeff Sessions. Die Gegenfrage soll nun lauten: „Wer entscheidet denn, was gut oder böse ist? Auf welcher Grundlage wird das entschieden?“
So haben die Nazis im Dritten Reich entschieden, dass Juden, Homosexuelle oder Kommunisten nicht zu den Guten gehören. Auch alle nicht Deutschstämmigen wären weniger gut als die „Herrenrasse der Arier“. Millionen Menschen starben aufgrund dieser Wertung. Nun wird erklärt, dass die Nazis Faschisten sind, die eine kranke Ideologie verfolgen und sich immer weiter in diese hinein steigerten. Es wird erklärt, dass die Nazis den Menschen „einfache Lösungen“ zu komplexen Problemen anboten, um sich an die Macht zu bringen. Es wären Kriminelle und wir alle können froh sein, dass sie besiegt wurden.
Wer entscheidet nun, ob es gute oder böse Menschen sind, die Marihuana rauchen? Auf welcher Grundlage wird dieses entschieden? Wenn jemand nicht einmal in seinem eigenen Wohnzimmer für sich selbst Marihuana rauchen kann, weil man ihn angeblich beschützen möchte, hat man dann einen freien oder unfreien Menschen vor sich?
„Was wir nicht wollen, das verbieten wir zum Wohl vom Volk“ – ?
Es gibt natürlich Dinge, die sich verbieten lassen, da man die Verbote zugleich entweder kontrollieren kann oder es sich um nachvollziehbare und sinnvolle Verbote handelt. Man kann also verbieten, bei Rot über die Straße zu gehen, da man nicht nur sich selbst durch fehlerhaftes Verhalten in akute Gefahr bringt. Es passiert noch immer, aber nicht mehr so häufig.
Dann gibt es Dinge, die lassen sich nicht einmal bei Androhung der Todesstrafe effektiv verbieten. Es handelt sich meist um Dinge, die aus ideologischen oder wirtschaftlichen Motiven auf ideologischer Ebene verboten werden. Man drängt die Betroffenen lediglich zum Rand der Gesellschaft. Dass diese Personen dadurch massiven Schaden nehmen, ist ein effektives Verbotsargument: „Den Schaden haben sie genommen, da sie sich nicht an unser wohlwollendes Verbot gehalten haben.“
Wenn jemand für Marihuana gekündigt wird oder im Knast sitzt, hat er dann das Problem wegen des Marihuanas oder aufgrund der Verbote? Wenn diese Person verstrecktes Marihuana konsumiert und krank wird: Ist daran das Marihuana schuld oder der Grund, dass es auf dem unkontrollierten Schwarzmarkt verstreckt wurde?
Es ist eine ganz übliche Strategie, Schäden selbst zu verursachen und sie dann auf den Punkt zurückzuführen, wofür man dieses Vorgehen argumentativ rechtfertigt. Je härter man also Drogen bekämpft, umso schlimmer wird alles, wodurch sich ein noch härterer Kampf gegen die Drogen rechtfertigen lässt.
In Portugal wurde im Jahr 2001 der Konsum jeder Droge entkriminalisiert, da das Land durch eine Heroin-Epidemie bedroht war. Seitdem ist alles viel besser geworden, da man Probier- und Gelegenheitskonsumenten nicht mehr nach Außen raus in das Elend drängt. Die Problemfälle können leichter wieder in die Gesellschaft zurückfinden.
Selbst wenn man mit Drogenverboten den Drogenkonsum effektiv reduzieren könnte: Warum sollte man den Menschen ihre Freiheit auf Selbstbestimmtheit nehmen? Warum sollte man nicht durch ein sinnvolles Regulieren versuchen, den Menschen ihre Freiheit zu lassen, aber Schäden möglichst kleinzuhalten?
Gute Menschen rauchen kein Marihuana – warum nicht?
Warum sollen ausgerechnet gute Menschen kein Marihuana rauchen? Und wer entscheidet darüber, ob jemand ein guter oder schlechter Mensch ist? Wer dazu wäre berechtigt, über solche Dinge zu richten, ob jemand gut oder schlecht ist, weil er Marihuana raucht? Und wer garantiert dafür, dass die für schlecht befundenen ihr auferlegtes Stigma überleben? Was wäre die Meinung von Jeff Sessions zu dem unkontrollierten Töten von Drogenkonsumenten auf den Philippinen? Und wen interessiert die Meinung von Jeff Sessions?
Wenn Marihuana so schrecklich schlimm ist, warum haben die Drogenkrieger nicht einfach mal vor 20 Jahren im überschaubaren Feldversuch Marihuana versuchsweise freigegeben? Bei den schlimmen Auswirkungen hätten sie diese argumentativ verwenden können, um solch leere Phrasen wie „Gute Menschen rauchen kein Marihuana“ nicht mehr zu benötigen.
In den Reihen der Verbotsliga gibt es auch solche, die sehr wohl wissen, was sie da machen und dass Marihuana eben nicht derart schlimm ist, dass man es zum Schutze der Bürger verbieten muss. Sie wussten genau, dass all diese Horrorszenarien ausbleiben und sich das Verbot als unsinnig und kontraproduktiv abzeichnen würde. Deswegen haben sie jede kleine Nische verbittert zugedrückt, um noch nicht mit dem Kern ihres Wesens überführt zu werden. Deswegen bleibt es in den Reihen der Verbotsliga noch immer bei einer verdrehten Realität, in der sie die Folgen ihrer Taten als das hinstellen, was sie durch ihre Taten abwenden wollen.
Jeff Sessions ist mit „Gute Menschen rauchen kein Marihuana“ nicht allein
Nancy Reagan brachte 1982 in Kalifornien die „Just say no“ Kampagne hervor. Wieder eine ganz einfache Strategie, „Nein“ zu Drogen zu sagen. Nur, dass es wie viele dieser einfachen Strategien innerhalb der Gesellschaft nicht funktioniert.
Mechthild Dyckmans als Deutsche Drogenbeauftragte versucht es bei „Jung & Naiv“ immerhin mit Aufklärung: „Wenn es verboten ist, ist es illegal. Wenn es erlaubt ist, ist es legal.“
Die spätere und noch aktuelle Drogenbeauftragte Marlene Mortler kann nahtlos anknüpfen:
„Wenn ich nicht weiß, was drin ist, dann kann ich das auch nicht konsumieren.“ Diese technisch betrachtet völlig haltlose Aussage bleibt natürlich nicht allein. Auf die Frage von Markus in „Jung & Naiv“ „Warum ist Alkohol erlaubt und Cannabis verboten? 100.000 gegen 0 Tote im Jahr. Schon pervers.“ lautet die ultimative Antwort von Frau Mortler: „Weil Cannabis eine illegale Droge ist. Punkt.“
Das also sind die Personenkreise, die es für uns besser wissen und das zugleich auch für uns durchsetzen wollen? Wenn kiffen dumm macht, sollten wir das vielleicht unbedingt machen, um das noch ertragen zu können. Kiffen ist immerhin nicht tödlich wie Alkohol, Tabak oder viele Medikamente und kann diese sogar vielfach ersetzen, nicht nur, um unsere Drogenkrieger besser ertragen zu können.