In jüngster Zeit werden die CBD-haltigen Nutzhanfblüten wieder stark in den Medien thematisiert. Das liegt einerseits an Erfolgsmeldungen die rechtliche Situation dieser Blüten betreffend, andererseits aber auch daran, dass wieder einige Hanf- und CBD-Unternehmen ins Visier der Behörden geraten sind. Noch immer durchsuchen Beamte Shops und beschlagnahmen Hanfprodukte, die doch eigentlich legal sind. Und auf politischer Ebene findet CBD zwar breite Zustimmung, doch für eine vernünftige Regulierung fehlt derzeit die Konsequenz und das Interesse.
Wie unklar und wie schlecht reguliert die gesetzliche Lage von Nutzhanfblüten ist, zeigt eine Begebenheit, die sich gerade dieser Tage zugetragen hat. Aus der Schweiz sollte eine Menge von 305 Gramm von Hanfblüten mit einem THC-Gehalt von weniger als 0,2 Prozent nach Deutschland importiert werden, unter Berücksichtigung sämtlicher zollrechtlicher Abklärungen und Anforderungen. Dennoch intervenierte die Zollbehörde und beschlagnahmte die Blüten. Um mehr über die Hintergründe zu erfahren und einen Überblick über die Situation allgemein zu gewinnen, konnten wir uns mit dem Rechtsanwalt Lito Michael Schulte austauschen, den die Geschichte unmittelbar betrifft.
Hanf Magazin: Für den Leser eine kurze Beschreibung des Sachverhalts: Im Rahmen Deiner gewerblichen Tätigkeit hast Du die Einfuhr von 305 Gramm Nutzhanfblüten (THC<0,2 %) veranlasst. Die Ware wurde beschlagnahmt und es droht ein Strafverfahren. Kannst Du den ganzen Hergang etwas ausführlicher erläutern?
Lito Michael Schulte: Fünf Tage nach der BGH Entscheidung im Hanfbar-Verfahren habe ich per internationaler Zollanmeldung (IZA) versucht, CBD-Blüten beim Hauptzollamt Lörrach über die Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland für mein Einzelunternehmen einzuführen. Die Blüten sollten anschließend der gewerblichen Weiterverarbeitung zu Backwaren zugeführt werden. Daraus resultiert ein unbedenkliches Produkt und der Missbrauch zu Rauschzwecken kann ausgeschlossen werden.
Beabsichtigt war aber damit auch, den Missstand vieler Verkehrsteilnehmer zu beseitigen, weil der Zoll immer wieder Probleme bereitet und ich den Fall für mich persönlich justiziabel machen möchte, um mich in Person mit der Behörde auseinanderzusetzen. Trotz vorheriger Klärung mit der Bundesopiumstelle. Zu meiner Überraschung verhält sich der Zoll vollkommen uneinsichtig und ist der Auffassung, ich verstoße mit meinem Vorhaben gegen das BtMG. Der Zweck, zu dem ich die Blüten angemeldet habe und einführen wollte, stellt eine gewerbliche Verarbeitung in Lebensmitteln dar. Dies stellt definitiv ein Anwendungsfall des Ausnahmetatbestandes dar, wie auch die Bundesopiumstelle bestätigt. Aber die Behörden machen bundesweit Probleme. Der Markt verlangt endlich Rechtssicherheit.
Hanf Magazin: Für einen Moment sehen wir einmal davon ab, dass das mit der Einfuhr durch die Zollbehörde Weil am Rhein nicht wirklich geklappt hat. Fürs allgemeine Verständnis. Was muss man tun, um legal Nutzhanfblüten aus der Schweiz nach Deutschland zu importieren? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein? Welche Maßnahmen sind notwendig?
Lito Michael Schulte: Um legal CBD Blüten aus der Schweiz nach Deutschland zu importieren, müssen sämtliche zollrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Die beabsichtigte Einfuhr muss per internationaler Zollanmeldung gemeldet werden. Hierfür bedarf es diverser Schritte, die man auf www.zoll.de nachlesen kann.
Hanf Magazin: Die eine Behörde beschlagnahmt die Nutzhanfblüten, während das BfArM Dir bestätigt, dass in Deinem Fall die Einfuhr dieser Blüten alle Voraussetzungen einer legalen Handlung erfüllt. Wie ist das möglich? Woran liegt es?
Lito Michael Schulte: Da wir in einem Rechtsstaat leben, gilt der Grundsatz der Gewaltenteilung. Rechtsprechende, gesetzgebende und vollziehende Gewalt können grundsätzlich unabhängig voneinander handeln und daher auch unterschiedliche (Rechts-)Auffassungen vertreten. Der 6. Strafsenat des BGH in Leipzig hatte 5 Tage zuvor entschieden, dass der Verkauf an Endabnehmer zu Konsumzwecken grundsätzlich erlaubt ist.
Das Urteil, das der Entscheidung zugrunde lag, ist im Übrigen vollkommen absurd und Gegenstand einer weiteren Folge mit Herr Professor Nestler. In dieser Folge diskutieren wir über den (Un-)Sinn dieses Urteils und die vielleicht vertane Chance des BGHs, für mehr Rechtssicherheit für die Wirtschaftsakteure zu sorgen. Aber zunächst gilt es die Urteilsgründe abzuwarten. Daher kann das Urteil bisher leider nur als (Teil-)Erfolg interpretiert werden, wie der Vorfall am HZA Lörrach zeigt.
Hanf Magazin: Aus der Korrespondenz mit Behörden ist ersichtlich, dass an der einen Stelle mit dem BtMG, das andere mal mit der Novel Food Verordnung argumentiert wird. Das wirkt ja fast schon etwas hilflos. Ist es für die Beamten so schwer, die Beschlagnahme der Blüten zu rechtfertigen? Welchen Einfluss hat in dieser Sache die europäische Rechtsprechung, also der EuGH?
Lito Michael Schulte: Der Leiter des HZA Lörrach möchte um jeden Preis seiner Aufgabe gerecht werden, Betäubungsmittel aus dem Verkehr zu ziehen. Allerdings geht dies zu Lasten der Branche und der Attraktivität Deutschlands als Wirtschaftsstandort. Man Kann den Eindruck gewinnen, dass hier pauschale Wertungen vorgenommen werden, ohne sich den Einzelfall ganz genau anzuschauen. Nutzhanf riecht wie Gras und sieht aus wie Gras, aber man kann die Dinge nicht immer nach dem nach dem äußeren Schein beurteilen, sondern muss sie sich genau anschauen.
Außerdem sind Nutzhanfblüten in Lebensmitteln kein Novel Food. Dies hat unter anderem auch die Bundesregierung in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP bestätigt, ob die alten Aussagen der Europäischen Kommission zur Neuartigkeit der Hanfpflanze noch ihre Gültigkeit haben. Das Urteil des EuGH kann insoweit bedeutend sein, als dass der von uns gestellte Antrag (KFN+ und cannabizz.law) nach § 40 TabakerzG noch mehr Aussicht auf Erfolg haben wird und das BVL Nutzhanfblüten endlich zumindest als pflanzliches Raucherzeugnis für verkehrsfähig erklärt. Schließlich kann der Antrag nur bei zwingenden Gründen des Gesundheitsschutzes versagt werden. Dann müsste das HZA Lörrach die Einfuhr bewilligen und die Blüten herausgeben.
Hanf Magazin: Ist davon auszugehen, dass viele solche Importe bei den Zollbehörden hängen bleiben oder kann man das als Einzelfall bezeichnen?
Lito Michael Schulte: Bundesweit finden nach wie vor leider Beschlagnahmen statt. Das ist meines Erachtens ziemlich misslich für alle Wirtschaftsakteure in der Branche.
Hanf Magazin: Wie sieht Deine weitere Vorgehensweise jetzt aus? Was kannst/willst Du unternehmen?
Lito Michael Schulte: Ich werde die StA Lörrach kontaktieren und das angedrohte Ermittlungsverfahren vorab klären, falls es zu einer Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kommen sollte.
Hanf Magazin: Wie schätzt Du Deine Erfolgschancen ein? Gehst Du davon aus, dass Du einerseits ein Strafverfahren vermeiden kannst und andererseits auch die Blüten wieder bekommen wirst?
Lito Michael Schulte: Falls ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden sollte, sehe ich keinen Anfangsverdacht. Würde die StA Anklage erheben, kommt wegen der verbindlichen Auskunft der Bundesopiumstelle immer noch ein unvermeidbarer Verbotsirrtum in Betracht: Da mir auf Anfrage aus 2020 die Bundesopiumstelle persönlich attestiert hat, mein Vorhaben erfülle den Ausnahmetatbestand nach Anlage I, Position Cannabis, lit. b) sind die Voraussetzungen der Norm erfüllt. Mehr kann man nicht machen, wenn man sich, wie ich rechtstreu verhalten will.
Wenn in der Interpretation der Rechtslage von Nutzhanfblüten bei verschiedenen Behörden solche Unterschiede herrschen, dann signalisiert das einen ganz klaren Handlungsbedarf. Wenn viele Industrien und Wirtschaftsbereiche unter Maßnahmen leiden und teilweise zusammenbrechen, sollte man eine Branche, die auch in diesem Moment inmitten der Pandemie große Wachstumspotenziale zeigt, nicht schwächen, indem man sie nicht klar und zugunsten der Unternehmen und Verbraucher regelt.