In den letzten Monaten wurden über 100 CBD Shops in Frankreich eröffnet und viele davon kurz danach wieder geschlossen. Diese Shops werden auf la carte verte (Die grüne Karte) aufgelistet, wogegen auf WEEDMAPS kein einziger Shop in Frankreich zu finden ist.
Am 23. Juli verkündete ein Vorsitzender der Tabakverkäufer in der Radiosendung Europe 1: „Wir würden gerne unser Angebot erweitern. Neben dem Tabak und dem Alkohol könnten wir auch Cannabis anbieten. Ich spreche nicht von medizinischem Cannabis, sondern von dem Genussmittel. Dabei würden wir, wie beim Tabak, das Monopol übernehmen.“ Bei 700.000 täglichen Cannabiskonsumenten wäre dies ein erheblicher Gewinn für die Tabakläden.
Ende 2017 wurden bereits die ersten CBD e-liquids mit einem THC Gehalt von unter 0,2 % in Tabakgeschäften verkauft. Dies wurde sehr mediatisiert und zur selben Zeit eröffneten die ersten CBD Shops, die verschiedene Hanfprodukte und Cannabisblüten mit weniger als 0,2 % THC verkaufen, wie es im europäischen Gesetz für den Handel von Hanf vorgeschrieben ist. Bis zum 11. Juni waren alle Cannabisprodukte und damit auch Blüten unter 0,2 % THC erlaubt, und deren Handel war völlig legal.
Der erste „Coffeeshop“ in Paris (Cofy Shop) öffnete seine Türen am 05. Juni 2018. Sie verkauften ihr „Ultra Light Cannabis“ für etwa 14 € das Gramm. Die Kunden standen Schlange und das Geschäft musste oftmals früher wegen Mangel an Ware schließen. Dieser Erfolg wird wiederum groß mediatisiert, und über 100 neue Shops sprossen aus dem Boden.
Die franzsösische Regierung hatte dieses „Problem“ nicht kommen sehen. Es musste sich schnell etwas ändern, damit diese Shops sich nicht noch weiter verbreiten. Somit hat die amtierende Justitzministerin Ende Juli beschlossen das Gesetz zu verschärfen und den THC Gehalt aller Cannabisprodukte in Frankreich von 0,2 % auf 0 % herunterzusetzen. Wenige Wochen nach seiner Öffnung wurde der „Cofy Shop“ dann endgültig von der Polizei geschlossen. Die Blüten wurden beschlagnahmt und dessen THC Wert kontrolliert. Letztlich gelten „Cannabisblüten“ und deren Derivate als „Produit stupéfiant“ also als „Rauschmittel“, da sie eine Spur von THC enthalten.
Aktuell haben Cannabis light Shopbetreiber zwei Möglichkeiten: Entweder sie entfernen unverzüglich die jetzt in Frankreich illegalen Blüten aus ihren Geschäften oder schließen deren Laden ganz, aus Angst als Drogendealer bezeichnet zu werden, oder sie verkaufen ihre Cannabis light Produkte weiter, frei nach dem Motto: „Wir haben auf europäischer Ebene das Recht unsere Hanfprodukte mit einem THC-Gehalt unter 0,2 % zu verkaufen.“
Nicht davon betroffen sind die in Frankreich zugelassenen Medikamente und die gesamte Pflanze der Hanf-Landwirtschaft, der Industrie-Hanf. Die Betreiber der CBD Shops sind wütend. Viele fühlen sich dazu gezwungen zu schließen, obwohl ihr Geschäft bis in jüngster Vergangenheit ganz legal war!
Am 03. August wurde „Les Compagnons du CBD“ gegründet, ein Zusammenschluss von CBD-Geschäften im Osten Frankreichs. Ihr Präsident ist zugleich Besitzer eines Geschäfts namens „Green Planet“ in Metz, in welchem derzeit weiterhin Blüten mit einem THC-Gehalt unter 0,2 % verkauft werden. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen, die bereits geschlossen haben, plant er ab kommenden September unter seiner Marke neun weitere Geschäfte als Franchise-Unternehmen zu eröffnen. Die Regierung und die Anwälte der Betreiber führen derzeit einen Machtkampf: Europäisches Recht geht vor französisches Recht. Frankreich muss das akzeptieren.
Zurzeit sitzen die Lieferanten der CBD Shops in den USA, der Schweiz, Spanien und den Niederlanden. Ingrid Mitton, Anwältin von zwei CBD Shops aus Dijon stellt in einem Interview der Medien Website „le Cannabist“ klar:
„In Frankreich ist Cannabis eine Pflanze, die als Produit stupéfiant gleich Rauschmittel klassifiziert ist. Sie ist somit aus Prinzip verboten. Dazu gelten auch alle damit verbunden Aktivitäten. Im Gegensatz zum europäischen Recht gibt es im französischen Gesetz den Begriff Hanf nicht einmal.“
„Die aktuelle Politik der Repression nützt weder den Unternehmern noch den Kranken, nicht einmal den Staatsfinanzen und scheitert obendrein noch bei der Unterbindung des illegalen Handels.“
Um die Ecke des ehemaligen „Cofy Shop in Paris“ gibt es das Restaurant „ComeIn“, das einige Wochen ebenfalls „Ultra Light Cannabis“ verkauft hat. Dort war man bereit, mir einige Fragen zu beantworten:
Hanf Magazin: Welche Verbindung hat euer Restaurant zu Hanf?
ComeIn: Wir sind ein Restaurant mit angenehmer Atmosphäre. Wir kaufen unsere Zutaten auf dem Markt und haben den Hanf in unsere Karte integriert.
Hanf Magazin: Wann habt ihr erfahren, dass man Cannabisblüten unter 0,2 % THC verkaufen darf?
ComeIn: Seit Mai 2017 kochen wir mit Hanf. Die Kommerzialisierung der Blüten begann im Juni 2018.
Hanf Magazin: Woher stammen das Cannabis? Aus Frankreich?
ComeIn: Den Hanf, den wir in unserer Küche verarbeiten, kommt aus Frankreich. Die Blüten für den Verkauf stammen aus der Schweiz.
Hanf Magazin: Wie seid ihr darauf gekommen, und was hat euch dazu motiviert „Ultra Light Cannabis“ zu verkaufen?
ComeIn: Mein Chef und ich haben eine Leidenschaft für Hanf, und wir kämpfen jedes Jahr für die Legalisierung mit dem Aktivisten Farid Ghehiouèche.
Hanf Magazin: Wie lange habt ihr Cannabisblüten verkauft, und warum habt ihr damit wieder aufgehört?
ComeIn: Wir haben nur knapp einen Monat Blüten verkauft. Ich habe entschieden, damit aufzuhören, um keine Probleme zu bekommen, da mir das Restaurant wichtiger ist. Sobald ein Geschäft in Frankreich aus juristischen Gründen geschlossen wird, werden automatisch alle Konten gesperrt, d. h. die Angestellten können nicht mehr ausbezahlt werden.
Hanf Magazin: Warum haben die anderen CBD Shops in Paris geschlossen? Werden sie bald wieder aufmachen?
ComeIn: Die meisten haben aus Angst geschlossen, als die Pariser Coffee-Shops durchsucht und von der Polizei geschlossen wurden. Wieder damit anfangen? Weiß ich nicht.
Hanf Magazin: Was für Cannabissorten habt ihr einen Monat lang verkauft?
ComeIn: Im Angebot hatten wir Sativa, Indica und Hybridblüten.
Hanf Magazin: Hattet ihr die Hoffnung, „Ultra Light Cannabis“ über lange Zeit zu verkaufen?
ComeIn: Ein Traum, der mir jetzt aber als unmöglich erscheint.
Hanf Magazin: In eurem Restaurant findet man auch Gerichte mit Hanf.
ComeIn: Ja, Hanf ist in unserer Küche integriert. Wir haben Olivenöl durch Hanföl ersetzt, den Reis für Risotto durch Hanfsamen, ebenso das Mehl und die Milch für unsere Konditorei.
Hanf Magazin: Wie ist eurer Meinung nach die Lage im Jahre 2018?
ComeIn: Nichts hat sich verändert und ich sehe auch keine Veränderung bis zum Ende dieses Jahres. Das ist alles sehr traurig. Obwohl das französische Gesetz keine Vorschriften zum Verkauf der Blüten gibt, hat sich „Green Planete“ und andere Geschäfte vorgenommen, die Initiative zu ergreifen. Sie verkaufen ihr Gras in europäisch zertifizierten Päckchen auf neutralem oder unverfänglichem Hintergrund, auf welchen symbolisiert Warnungen für Minderjährige, Schwangere und potenzielle Raucher abgebildet sind. Denn Cannabis überhaupt abzubilden, könnte von der Polizei als „incitation a la consommation“; also als Verführung zum Drogenkonsum interpretiert werden, was in Frankreich strafbar, mit bis zu 1 Jahr Gefängnis und 75.000 € Geldstrafe ist.