Khiron Life Sciences engagiert sich für bessere Studienlage bei Cannabistherapien
Cannabis wird mittlerweile in einigen Ländern erfolgreich als Heilpflanze eingesetzt, doch der praktische Umgang mit Cannabismedikamenten ist für viele Menschen, auch Mediziner und Wissenschaftler, noch längst keine Routine geworden. Lange Jahre hatten sich Medizin und Forschung aufgrund restriktiver Gesetze nicht mit Cannabis beschäftigt. Dieser Umstand der mangelnden Evidenz bietet nicht nur Hanfgegnern argumentative Angriffsfläche, die schlechte Studienlage hinsichtlich der pharmakologischen Eigenschaften von Cannabis bereitet auch verschreibungswilligen Medizinern Probleme.
Die medizinische Cannabisforschung hat folglich große Aufgaben vor sich. Da in den letzten Jahren in manchen Ländern die gesetzlichen Hürden für die medizinische Nutzung von Cannabis gefallen sind, öffnet sich das Thema damit auch für die Wissenschaft. Mit Khiron Life Sciences engagiert sich eines der global führenden Cannabisunternehmen in den Bemühungen, die wissenschaftliche Grundlage für den medizinischen Umgang mit Cannabis zu verbessern.
Vor geraumer Zeit hat Khiron eine Studie über die Wirksamkeit von Cannabis in der Schmerztherapie veröffentlicht, einem der größten Einsatzgebiete von Medizinalcannabis. Über Khiron, die Studie, und über die Situation von Cannabis als Medizin, haben wir mit dem Global Scientific Director, Dr. Guillermo Moreno-Sanz, gesprochen.
Hanf Magazin: Khiron Life Sciences ist ein Unternehmen, das mittlerweile in einigen Ländern, besonders in Europa und Lateinamerika, bekannt ist. Und nicht zum ersten Mal findet KHIRON Erwähnung in einem Beitrag des Hanf-Magazins. Doch für den Fall, dass einige Leser den Namen vielleicht doch noch nicht gehört haben, wie würdest Du das Unternehmen in Kürze beschreiben?
Dr. Guillermo Moreno-Sanz: KHIRON ist ein globales medizinisches Cannabisunternehmen mit eigenen medizinischen Kliniken und Telemedizinplattformen, aber das ist wohl keine komplette Beschreibung! Ich kam im September 2020 als Medical & Scientific Director Europe zu KHIRON und wurde dann im November 2021 Global Scientific Director. Nachdem ich den größten Teil meiner Karriere in der Wissenschaft verbracht und gesehen hatte, wie die meisten internationalen (kanadischen) Cannabisunternehmen arbeiten, war es für mich damals ein großer Schritt, für ein Cannabisunternehmen inhouse zu arbeiten. Entscheidend für mich war hierbei die Grundphilosophie von Khiron, die sich auch mit meinen eigenen Überzeugungen deckt: „Den Zugang zu Cannabis für diejenigen zu erweitern, die davon profitieren können“.
Für viele bedeutete dies, mehr Pflanzen anzubauen, mehr Gewächshäuser zu bauen, größere Extraktoren anzuschaffen… KHIRON hat einen klügeren Ansatz, der sich konsequent auf die Patienten und ihre Bedürfnisse konzentriert. In Anbetracht der Tatsache, dass die derzeitige internationale Gesetzgebung nur medizinische Anwendungen zulässt, sind Ärzte der Schlüssel. Durch medizinische Ausbildung, klinische Evidenz und geeignete medizinische Produkte kann man die Grenzen verschieben und in diesem historischen Moment etwas bewirken. Es geht darum, das Gleichgewicht in Richtung nationaler Programme zu verschieben, welche Hürden beseitigen und den Zugang zu Therapien mit medizinischem Cannabis für Patienten erleichtern. Das ist eine aufregende Herausforderung für mich und ich bin überzeugt, dass KHIRON so viel erreicht hat, weil es hervorragende Fachleute zusammenbringt, die diese Grundwerte teilen – in allen Ländern, in denen wir vertreten sind.
Hanf Magazin: Wollen wir nun über eine Studie sprechen, die Khiron Life Sciences vor Kurzem in der renommierten, internationalen Fachzeitschrift Frontiers in Pain Research veröffentlicht hat. Bevor wir darauf näher eingehen: Ist dies die erste wissenschaftliche Untersuchung, an der KHIRON beteiligt ist, oder hatte das Unternehmen bereits zuvor schon Berührungspunkte mit der Wissenschaft?
Dr. Guillermo Moreno-Sanz: KHIRON hatte vom ersten Tag an einen klaren Schwerpunkt auf Wissenschaft, was für mich ein ausschlaggebender Punkt war. Schon lange bevor ich bei KHIRON angefangen habe, wurden Projekte mit angesehenen Forschungseinrichtungen in Kolumbien, wie dem Dermatologische Zentrum Federico Lleras Acosta oder der Universität „El Bosque“ in Bogotá finanziert, deren Ethikkommission das Studienprotokoll genehmigt hat, das für die Veröffentlichung in Frontiers verwendet wurde. Auch außerhalb von Kolumbien hat KHIRON seit Beginn an viele Kontakte zu lateinamerikanischen akademischen Einrichtungen geknüpft, wie der Universidad de la República und dem Institut Pasteur de Montevideo in Uruguay oder der Universidad Peruana Cayetano Heredia in der peruanischen Hauptstadt Lima. Aber die wohl einflussreichsten Projekte sind unsere Partnerschaft mit der medizinischen Fakultät des Tecnologico de Monterrey (TecSalud), der renommiertesten Universität Mexikos und mit der gemeinnützigen Organisation Drug Science im Vereinigten Königreich, wo wir im vergangenen Jahr eine unserer vielen ZERENIA-Kliniken eröffnet haben. Mit TecSalud haben wir einen internationalen Online-Kurs für Ärzte erstellt, die mit der Verschreibung von medizinischem Cannabis beginnen wollen.
Der Kurs findet vierteljährlich statt und wird auf Spanisch unterrichtet, sodass wir Teilnehmer aus ganz Lateinamerika und Spanien weiterbilden können. In diesem Jahr werden wir auch zweitägige Kurse für erfahrene Ärzte anbieten, die sich über den neuesten Stand der Forschung in Bezug auf Cannabinoide in ihrem Fachgebiet auf dem Laufenden halten wollen, − wie etwa bei chronischen Schmerzen oder psychischer Gesundheit. Im Vereinigten Königreich gehören wir zu den Gründungsmitgliedern des Projekts Twenty21, welches ein subventioniertes Preismodell für qualitativ hochwertige Cannabinoid-basierte Arzneimittel anbietet, um die Zugangsbarrieren für Patienten zu Therapien mit medizinischem Cannabis auf dem britischen Markt zu reduzieren. Es ist sehr aufregend und eine unglaubliche Herausforderung, mit dem Team von KHIRON eine neue Industrie aufzubauen und mitzugestalten. Unsere nächste Publikation wird sich auf die klinischen Ergebnisse bei Schmerzen, Angstzuständen und PTBS im Zusammenhang mit unserer THC-dominanten medizinischen Cannabisblüte KHIRON 20/1 (Sorte: Hindu Kush) konzentrieren, die inzwischen von über tausend Patienten im Vereinigten Königreich als das am häufigsten verschriebene Blütenprodukt des Landes verwendet wird. In Deutschland ist KHIRON 20/1 ebenfalls sehr gefragt, allerdings ist unser KHIRON 1/14 (Sorte: God Bud) hier das beliebteste Blütenprodukt − in der Kategorie CBD-dominanter Cannabisblüten.
Hanf Magazin: Die Studie ist in Zusammenarbeit von KHIRON mit den Ärzten der ZERENIA-Kliniken in Kolumbien und Europa entstanden. Kannst Du uns das Forschungsprojekt in seinen Dimensionen und der Vorgehensweise, und auch die ZERENIA-Kliniken, ein wenig vorstellen?
Dr. Guillermo Moreno-Sanz: Im Jahr 2018 erwarb KHIRON das lateinamerikanische Institut für Neurologie und zentrales Nervensystem (ILANS), eine Klinik, die auf die Behandlung von Schmerzen, Schlafproblemen und anderen neurologischen Störungen spezialisiert ist. Die Klinik war der Grundstein unserer heute stetig wachsenden Klinikmarke ZERENIA (abgeleitet vom Englischen „Serenity“ = „Gelassenheit, Heiterkeit“ auf Deutsch) in der heute eine Vielzahl von Ärzten arbeitet, die auf die Verschreibung von medizinischem Cannabis in Form von Magistralrezepturen spezialisiert ist. Letztendlich haben die meisten unserer Patienten chronische Erkrankungen, die sehr gut mit Medikamenten auf Cannabinoidbasis behandelt werden können.
Somit konnten und können wir eine große Patientenkohorte untersuchen. Natürlich war der Aufbau unserer Kliniken auch eine große Herausforderung, wenn man bedenkt, dass das erste Cannabisrezept bei ZERENIA im März 2020 ausgestellt wurde, einen Tag bevor der totale Lockdown wegen der COVID-19-Pandemie in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá verhängt wurde! Wir haben jedoch weiter daran gearbeitet, uns auf diese Situation – unter anderem mit dem Ausbau von Telemedizin – einzustellen. Das ist primär der Verdienst meiner Kollegen in Bogotá und des hervorragenden medizinischen Personals, das bei ILANS-Zerenia arbeitet. Zwischenzeitlich hat KHIRON weitere, kleinere ZERENIA-Kliniken in Bogotá und anderen Städten Kolumbiens eröffnet. In Peru sind derzeit drei Kliniken in Betrieb und ZERENIA Clinics UK wurde im November 2021 in London eröffnet. Es kommen immer mehr Kliniken hinzu, aber das Wichtigste ist: Wir behandeln jetzt mehr als 20.000 Patienten weltweit in unseren ZERENIA-Kliniken in Amerika und Europa!
Hanf Magazin: In der eben angesprochenen Studie, die in Kolumbien mit Cannabispatienten durchgeführt wurde, ging es um den Einsatz von medizinischem Cannabis bei chronischen Schmerzen. Ist es die größte Studie ihrer Art in Lateinamerika? Wie ist die Situation auf dem Kontinent eigentlich einzuschätzen? Geht man in Sachen Forschung und der medizinischen Praxis mit Cannabis sehr progressiv voran oder gibt es noch viele restriktive Kräfte, die den Fortschritt verhindern?
Dr. Guillermo Moreno-Sanz: Wie wir in der Publikation schreiben, ist dies unseres Wissens die erste Veröffentlichung von klinischen Daten über die Verwendung von medizinischem Cannabis in Kolumbien. Das Gleiche gilt wahrscheinlich auch für Lateinamerika. Uruguay war das erste Land, das sowohl die medizinische als auch die Freizeitverwendung von Cannabis geregelt hat und Brasilien ist eine ständige Quelle für Forschung und Informationen über Cannabis. Ich glaube jedoch, dass man zu Recht behaupten kann, dass Kolumbien bei den Regulierungsbemühungen zur Entwicklung einer echten medizinischen Industrie und zur Schaffung eines echten pharmazeutischen Weges für Cannabis eine Vorreiterrolle hat.
Medizinisches Cannabis ist dort wie jede andere therapeutische Alternative in das nationale Gesundheitssystem integriert. Zugleich ist Cannabis in Lateinamerika immer noch mit einem erheblichen Stigma behaftet, da es stark mit dem Drogenhandel und der damit verbundenen Gewalt und den sozialen Problemen in Verbindung gebracht wird. In Kolumbien beispielsweise ist die getrocknete Cannabisblüte keine akzeptierte Darreichungsform und alle Rezepturarzneimittel sind orale Extrakte. In Brasilien ist etwa die Gesetzgebung bei CBD-Produkten tolerant, bei THC jedoch sehr restriktiv, obwohl die Wirksamkeit dieses Cannabinoids bei vielen Erkrankungen nachgewiesen ist.
Hanf Magazin: Die Behandlung von Schmerzen mit Cannabis ist vermutlich das größte Einsatzgebiet, richtig? Ist das in allen Teilen der Welt so, wo Cannabis medizinisch genutzt wird? Und was macht Cannabis als Schmerzmedikament so erfolgreich?
Dr. Guillermo Moreno-Sanz: In allen Ländern, in denen der Zugang zu medizinischem Cannabis geregelt ist, sind chronische Schmerzen nach wie vor die häufigste Indikation, wobei in der Regel zwischen 55 % und 70 % der Patienten Cannabis zur Behandlung einer Form von Schmerz verwenden. Und dennoch lehnen manche wichtige wissenschaftliche Gesellschaften, wie die International Association for the Study of Pain (IASP), die Verwendung von Cannabis und Cannabinoiden zur Schmerzlinderung mit der Begründung ab, es gebe keine ausreichenden und lediglich qualitativ minderwertige medizinische Beweise. Als Pharmakologe habe ich ein sehr einfaches Argument, das für die Verwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken spricht: THC ist das einzige klinisch zugelassene Molekül, das die Cannabinoidrezeptoren aktiviert.
Es gibt kein anderes Medikament, das Ärzte verschreiben können, um diese Rezeptoren aktivieren zu können, außer vielleicht Paracetamol, welches ebenfalls indirekt auf das Endocannabinoid-System Einfluss nimmt. Aus klinischer Sicht hat ein Patient niemals nur chronische Schmerzen. Diese chronischen Patienten weisen in der Regel viele Begleiterkrankungen auf, wie Schlaflosigkeit, Angstzustände, Stimmungsschwankungen und Appetitlosigkeit − alles Symptome, bei denen Cannabis ebenfalls helfen kann. Die Polypharmazie, also die Langzeittherapie von Patienten mit gleich mehreren, unterschiedlichen Arzneimitteln und die damit zusammenhängenden Nebenwirkungen, ist ein weiteres Problem, das medizinisches Cannabis bei chronischen Patienten zu lindern vermag. Dies hängt damit zusammen, dass eine Therapie mit medizinischem Cannabis Patienten häufig in die Lage versetzt, die Einnahme anderer Medikamente zu reduzieren, und zwar bei gleichbleibender Linderung der Symptome und Abnahme der Nebenwirkungen.
Hanf Magazin: Mit der Veröffentlichung der Studienergebnisse hat KHIRON klinische Evidenz für die Wirksamkeit und Sicherheit von THC- und CBD-Medikamenten geliefert, insbesondere bezogen auf die beiden Cannabisprodukte von KHIRON, die am häufigsten verschrieben werden. Welche Produkte sind das, welche Darreichungsform? Sind sie auch auf dem deutschen Markt erhältlich?
Dr. Guillermo Moreno-Sanz: Nach kolumbianischem Recht können nicht zugelassene Arzneimittel auf Cannabisbasis als Magistralformulierungen verschrieben werden, also ziemlich genau das gleiche Modell wie in Deutschland. Allerdings sind, wie bereits erwähnt, getrocknete Cannabisblüten zur Inhalation keine zugelassene Darreichungsform in Kolumbien, sodass alle Magistralrezepturen orale Extrakte sind. Als KHIRON zum ersten Mal die Genehmigung zur Herstellung von medizinischem Cannabis erhielt, wählte unsere Produktionsabteilung drei Cannabissorten aus einer Sammlung von 34 registrierten Sorten aus, jede mit einem anderen Chemotyp (THC-dominant, ausgewogen und CBD-dominant), um drei verschiedene sortenreine Extrakte herzustellen, die dann mit Hilfsstoffen und Aromastoffen gemischt werden, um vier finale Formulierungen zu erhalten.
Diese stehen den Verschreibern in Kolumbien und Peru zur Verfügung. Wie in unserem Fachartikel beschrieben, werden zwei von ihnen hauptsächlich bei chronischen Schmerzen (THC 12 mg/mL-CBD 14 mg/mL und THC<2 mg/mL-CBD 30 mg/mL) verwendet, während die anderen beiden hauptsächlich bei Schlaflosigkeit (THC 20 mg/mL) und neurologischen Erkrankungen (CBD 100 mg/mL) eingesetzt werden. Die Flasche ist mit einer oralen Pipette anstelle eines Tropfers ausgestattet, sodass die Dosis in Millilitern berechnet werden kann (wie bei jedem anderen oralen Medikament). Dieselben Produkte werden im Laufe dieses Jahres auch für deutsche Patienten und Ärzte erhältlich sein. Unter anderem dafür haben wir unsere KHIRON-Genetiken im letzten Jahr erfolgreich aus Kolumbien nach Europa importiert und bauen somit auch in Europa unser Portfolio an Cannabissorten weiter aus.
Hanf Magazin: Fasst man die Studienergebnisse kurz und knapp zusammen, so wird den Cannabismedikamenten eine sehr gute und zuverlässige Wirksamkeit in der Schmerzbehandlung bescheinigt, während es nur selten Probleme mit Nebenwirkungen gibt. Wie nimmst Du diese Ergebnisse wahr? Entsprechen sie einfach nur den Erwartungen oder gibt es auch Fakten, die Dich überrascht haben?
Dr. Guillermo Moreno-Sanz: Dies ist eine ausgezeichnete Frage, denn oft gehen wichtige Nuancen verloren, wenn man Studienergebnisse zusammenfasst. Unsere Ergebnisse stimmen in der Tat mit denen überein, die von anderen Forschern in Ländern mit einem seit Langem geregelten Zugang zu medizinischem Cannabis, wie Israel oder Kanada, berichtet wurden. Für mich war die Beobachtung sehr spannend, dass zwei Produkte mit einem so unterschiedlichen Verhältnis von THC und CBD (1:1 und 1:25) bei chronischen Schmerzen genau die gleichen von den Patienten berichteten Ergebnisse hatten. Im ersten Moment klingt das natürlich erst einmal unschlüssig.
Man darf jedoch nicht vergessen, dass diese Art von Versuchsplänen Real World Daten erfasst, die oft unübersichtlich und nicht standardisiert sind. Viele untersuchte Patienten nehmen andere Schmerzmedikamente und haben Begleiterkrankungen, wie Angstzustände und Schlaflosigkeit, wobei Cannabidiol helfen kann. Da wir eine so große Kohorte hatten, konnten wir die Teilnehmer nach Geschlecht und Behandlungsdauer aufteilen, was der Studie meiner Meinung nach sehr viel Tiefe verleiht. Ich halte es für sehr interessant, dass CBD vor allem Frauen verschrieben wurde, die auch empfindlicher auf die gelegentlich von THC verursachte Schläfrigkeit reagieren. Generell bin ich nicht unbedingt mit dem zunehmenden Trend einverstanden, CBD für Schmerzpatienten zu verschreiben, daher war es interessant zu sehen, dass männliche Patienten nach einer anfänglichen Verschreibung von CBD schnell auf ein ausgewogenes Verhältnis von THC und CBD umgestiegen sind.
Hanf Magazin: Ein Ziel der Studie war es auch, Krankenkassen und Ärzte von der Wirksamkeit von medizinischem Cannabis in der Behandlung von chronischen Schmerzen zu überzeugen. Wie geht man nun vor, um hier eine Entwicklung zu erreichen? Sind Krankenversicherungen und Ärzte offen für neue Erkenntnisse?
Dr. Guillermo Moreno-Sanz: Ich bin überzeugt, dass Ärzte jede wirksame Therapie begrüßen, die sie für die Behandlung ihrer Patienten bekommen können und dass die Krankenversicherer großes Interesse an kosteneffizienten Therapieoptionen für Patienten haben. Das Problem bei medizinischem Cannabis ist, dass die Beweise für seine Wirksamkeit bei chronischen Schmerzen nicht der traditionellen pharmazeutischen Entwicklung entsprechen. Und das ist normal, wenn man bedenkt, dass es sich nicht um Fertigarzneimittel wie Paracetamol handelt.
Auch wenn manche Ärzte damit nicht einverstanden sind, gibt es nur begrenzte pharmakologische Möglichkeiten zur Behandlung chronischer Schmerzen und in den letzten 20 Jahren ist keine neue Medikamentenklasse hervorgebracht worden. Aus diesem Grund wird Cannabis im Allgemeinen bei den meisten Indikationen nicht als erste (oder sogar zweite) Wahl empfohlen, sondern ist Patienten vorbehalten, bei denen andere Medikamente versagt haben. Ich halte diesen Ansatz in vielerlei Hinsicht für falsch. Sobald die auf Cannabis basierende Behandlung entmystifiziert ist und die Ärzte mit dieser Behandlungsoption vertrauter sind, werden Cannabinoide meiner Meinung nach ihren festen Platz in der Schmerzbehandlung finden.
Hanf Magazin: Was macht KHIRON nun mit den Ergebnissen, die die Studie geliefert hat? Wird es weitere Forschungsprojekte oder Folgeprojekte geben?
Dr. Guillermo Moreno-Sanz: Die veröffentlichten Ergebnisse waren nur ein erster Einblick in die kontinuierliche Auswertung unserer vorhandenen Behandlungsdaten – da wird noch mehr nachkommen. Ein gerade für Kolumbien wichtiges Projekt ist unsere Untersuchung der Kosteneffizienz der Behandlung. Unser kolumbianisches Team untersucht hierfür, welche spezifischen Medikamente diese Kohorte von Patienten mit chronischen Schmerzen nach Beginn der Behandlung mit Cannabisformulierungen absetzen konnte. Wir haben uns zunächst auf kostenintensive Medikamente, wie Buprenorphin-Transdermalpflaster konzentriert, aber unser Ziel ist es, alle verschiedenen Arzneimittelklassen zu erfassen und diese Analyse auf andere Bereiche auszuweiten. Dies ist die Art von Evidenz, die Versicherer sehen wollen, bevor sie uns größere Kohorten ihrer behandlungsresistenten Patienten anvertrauen.
Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen, aber sie sehen sehr vielversprechend aus. Wie ich bereits erwähnt habe, möchte ich als Nächstes die Ergebnisse veröffentlichen, die wir mit unserer THC-dominanten medizinischen Cannabisblüte KHIRON 20/1 (Sorte: Hindu Kush) erzielt haben, die derzeit das am häufigsten verschriebene Cannabinoid-basierte Arzneimittel im Projekt Twenty21 in Großbritannien ist. Hunderte von Patienten, die KHIRON 20/1 zur Behandlung von chronischen Schmerzen, Angstzuständen und PTBS verwenden, haben uns nach 3 Monaten hervorragende Rückmeldungen und medizinische Ergebnisse geliefert. Die britische Gesetzgebung verbietet ausdrücklich das Rauchen als Mittel zur Verabreichung von medizinischem Cannabis. Daher arbeiten wir mit dem Hersteller von Vaporizern Storz & Bickel zusammen, um die Patienten über das Verdampfen aufzuklären und umfassende Dosierungsempfehlungen zu entwickeln, damit sich die britischen Verordner bei der Entscheidung für diese Art von Produkten sicherer fühlen.
Hanf Magazin: Wird Khiron sich in Zukunft auch in wissenschaftlichen Projekten engagieren, die sich mit anderen Erkrankungen auseinandersetzen, die mit Cannabis behandelt werden?
Dr. Guillermo Moreno-Sanz: Natürlich − wir sind nicht nur der Gesundheit, sondern auch der Wissenschaft verbunden! Wie wir bereits erörtert haben, waren chronische Schmerzen naheliegend, da es eine große Anzahl von Patienten gibt und chronische Schmerzen in unserer (alternden) Gesellschaft einen großen Einfluss haben. Es gibt jedoch noch viele andere Indikationen, die sich gut mit der Endocannabinoid-Pharmakologie vereinbaren lassen und für die wir bereits erste Beweise haben, wie Angstzustände, Schlafprobleme und neurologische Störungen. Unser Plan ist es, unsere Datenerfassungskapazität weiter zu verbessern und Beobachtungsstudien an unserer wachsenden Patientenpopulation durchzuführen, während wir mit etablierten Institutionen zusammenarbeiten, um das Wissen auf diesem Gebiet zu fördern. El cielo es el limite – the sky is the limit!
Dr. Guillermo Moreno-Sanz, Global Scientific Director, Khiron Life Sciences Corp.
Guillermo ist wissenschaftlicher Experte mit einer Leidenschaft für Cannabinoid-Pharmakologie. Er promovierte in Neurowissenschaften an der Complutense Universität in Madrid und begann seine akademische Karriere an der University of California, Irvine, zu der er als Fulbright-Stipendiat kam. Guillermo veröffentlichte über 30 wissenschaftliche Publikationen und wirkte an drei Patenten mit, welche die Rolle des Endocannabinoid-Systems bei der Schmerzwahrnehmung beschreiben. Vor seiner Zeit bei KHIRON war er als Berater für die internationale medizinische Cannabisindustrie tätig, u. a. durch seine Beteiligung am Bericht „The health effects of cannabis and cannabinoids“ der National Academies of Sciences der Vereinigten Staaten aus dem Jahr 2017.