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Vor etwas mehr als einem Jahr wurde in Bern am Regionalgericht Bern-Mittelland ein Urteil ausgesprochen, gegen David Schlesinger, auch Pastor David genannt, der 2005 in der Schweiz die Sacred Mushroom Church ins Leben rief. Diese beschäftigt sich in ihrer Glaubensausübung intensiv mit Pilzen, die das Bewusstsein verändern können, denen aber auch verschiedene heilsame Eigenschaften zugeschrieben werden.
Mitglieder und Spender können die Pilze direkt über die Kirche beziehen. Da psylocibinhaltige Pilze in der Schweiz seit einiger Zeit zu den verbotenen Substanzen gehören, geriet Pastor David folglich mit der Justiz aneinander. 2006 wurde er verhaftet und verbrachte sage und schreibe 14 Monate in Untersuchungshaft. Dies und die Tatsache, dass die Ermittlungen elf Jahre dauerten, wurden auch im Gerichtssaal ein unangenehmes Thema für die Staatsanwältin, die die Umstände zu verantworten hat. Neuigkeiten über einen aktuellen Stand zur Berufung gibt es noch nicht. Wir konnten mit Pastor David sprechen und einige Fragen zu den Hintergründen und der Zukunft seiner Kirche, aber auch zu den magischen, spirituellen Pilzen selbst, stellen.
Hanf Magazin: Nachdem Sie wegen des In Verkehr Bringens von psylocibinhaltigen Pilzen in rechtliche Schwierigkeiten geraten sind, haben sie mit Fliegenpilzen gearbeitet. Wenn ich richtig informiert bin, operieren Sie nun aus den Niederlanden heraus mit Trüffeln. Wo sehen Sie die Parallelen aber auch Unterschiede bei den jeweiligen Pilzen?
Pastor David: Also, ich habe mit den Fliegenpilzen schon viel früher zu tun gehabt, im Jahre 2000 sammelten für meine damalige Firma Menschen in der Tschechischen Republik Fliegenpilze und wir haben unter anderem Extrakt daraus hergestellt. Das erste Mal habe ich 1997 Fliegenpilze gegessen. Nachdem die Schweiz 2007 mir praktisch ein Redeverbot erteilt hatte, habe ich halt öffentlich nur noch anderes gemacht. Ich habe im Jahr 2007 und 2008 das sog. „Fließ“ gezüchtet, einen Schimmelpilz, der aus dem trockenen Fliegenpilz wächst. Der Fliegenpilz ist sehr anders als der Psylo-Pilz, ohne großen Aufwand kaum psychedelisch, aber er eignet sich zum Mischkonsum, unter anderem mit dem Zauberpilz. Die Zaubertrüffel hingegen sind genau das gleiche wie die Zauberpilze. Die Trüffel sind „verklumptes Mycelium“ ohne Substrat dabei. Das ist biologisch gesehen der gleiche Organismus, wie der Fruchtkörper, der als „Pilz“ bezeichnet wird.
Wenn die „Wetterbedingungen“ die Pilzfruchtung nicht zulassen, bilden manche Mycelien sog. „Sklerotien“, auch Trüffel genannt. Die Niederländer wurden von der Anti-Pilz-Propaganda auch voll erwischt und mussten auf instrumentalisierte Einzelfälle in den Fake News reagieren und haben alle bekannten Pilzfruchtkörper verboten, inkl. dem Fliegenpilz! Mycelien und Sklerotien wurden aber legal gelassen und nun 10 Jahre später kann man sagen, dass die Trüffel sicher in der Legalität angekommen sind. Tatsächlich lassen sie sich leichter versenden, sind viel haltbarer als frische Pilze. Sie sind von der Konsistenz her fester, weswegen die Wirkung häufig „langsamer losgeht“, weil der Magen mehr aufzulösen hat. Trüffel sollte man sehr gut und gründlich kauen, oder mit einem Mixer in Saft einrühren. Im Kühlschrank halten sie sich wochenlang, im Tiefkühlschrank Monate – sind nach dem Auftauen aber matschig und sollten mit Saft gemixt werden.
Hanf Magazin: In den 90ern haben viele in meiner Generation Rätsch, Hoffmann, Leary oder Huxley gelesen und daher ihre detaillierten Informationen über psychoaktive oder erleuchtende Pflanzen und Substanzen bezogen. Welche Quelle würden Sie geeignet finden, aus der Interessierte einen guten und wertneutralen Einblick in die Welt der Zauberpilze und anderen psychedelischen Substanzen beziehen können? Gibt es eines, worin auch die von Ihnen betonten religiösen Aspekte behandelt werden?
Pastor David: Ich habe nicht viel Ahnung von „wert-neutraler“ Information, gibt es die? Rätsch ist ein Ethno-Poet, Hoffmann und Leary haben meiner Meinung nach mit dem Geheimdienst zusammengearbeitet, und heimlich das Gegenteil bewirkt von dem, wofür man sie feiert. Hoffmann hat etwa die traditionelle spirituelle Nutzung von Hl. Pilzen in Europa geleugnet, obgleich es dafür extrem viele Hinweise gibt. Es gibt das Buch „Astrotheology & Shamanism“ von Jan Irvin, dann John Marco Allegros „The Mushroom and the Cross“. Ich denke, in Zeiten des www und allzeit zugänglichem Internet schaut man am besten selbst, was einen interessieren könnte. Erowid, Shroomery, es gibt viele Foren und Informationen. Ich informiere lieber über meine Erfahrung und Sichtweise, als Bücher zu empfehlen.
Hanf Magazin: Die Staatsanwaltschaft hat für die Aufarbeitung ihrer rechtlichen Schritte gegen Sie enorm viel Zeit gebraucht, und im Verlauf auch das Volumen des Prozesses und damit des möglichen Strafmaßes immer wieder herunterschrauben müssen. Wie erklären Sie sich das?
Pastor David: Das Strafmaß, welches die Staatsanwaltschaft von Anfang an im Blick hatte, waren 4–6 Jahre Haft. Die lange Zeit ist vergangen, weil die Akten „ein paar Jahre lang im Schrank vergessen“ wurden, wie die Richterin sagte: „Kann schon mal passieren“. Ich denke, man wollte keinesfalls zu schnell fertig werden, das Ende könnte ja sehr problematisch für die Schweiz werden. Also ließ man es liegen und lässt sich auch sonst sehr viel Zeit. Berner sind ohnehin nicht bekannt für rasende Schnelligkeit, aber das war schon extrem: 11 Jahre nach meiner Verhaftung war der erste, kurze Prozess, bei dem es nur darum ging, die Staatsanwaltschaft zu decken, wie in der ersten Instanz bei U-Häftlingen allgemein üblich ist und auch von mir erwartet wurde.
Hanf Magazin: Auf welche vermeintlich rechtswidrigen Handlungen stützt die Staatsanwaltschaft ihre Klage und wie argumentieren Sie dagegen?
Pastor David: Die Staatsanwaltschaft wendet den „Heroin-mit-Gift-strecken“ Zusatzartikel an und wirft mir vor, ich hätte wissentlich eine große Menge Menschen an Leib und Leben gefährdet, zudem viel Geld verdient. Die Staatsanwältin hat zwar ca. 2x soviel monatliches Gehalt wie ich in meinen besten Tagen, aber das Jagen und Fertigmachen von Menschen, die nichts weiter getan haben, als das Fleisch Gottes denen zu geben, die es haben wollten – ich habe niemanden gefährdet, sondern Menschen mit ihrer Heilung geholfen – also dafür muss die Frau Staatsanwältin Spicher-Kämpfer fürstlich mit Steuergeldern zugeschüttet werden, das ist klar. Für mich ist das Drecksarbeit, die sie tut, und ich würde es nicht für 18000 CHF im Monat machen. Aber sie benötigt das Geld und hat kein Gewissen, da geht das schon. Ich habe damals sofort 3 Argumente gegen meine angebliche Straftat ins Feld geführt:
- 1. Das schweizerische BetMG hat eine wichtige Einschränkung, die andere Staaten nicht haben, dort ist (aus humanistischen Gründen nehme ich an) explizit vorgeschrieben, dass ausschließlich Abhängigkeit-erzeugende Stoffe (seit 2008 auch Abhängigkeit-erzeugende Pflanzen und Pilze) verboten werden können. Hl. Pilze erzeugen keine Sucht, weder psychisch noch physisch und können in der Schweiz also gar nicht verboten sein.
- 2. Die Schweiz hat die Religionsfreiheit garantiert und die Hl. Pilze sind traditionell das Fleisch Gottes (Stichwort: „Teonanácatl“), die Esser des Hl. Pilzes machen dasselbe, wie die Ur-Christen: sie essen das Fleisch Gottes, Jesus Christus.
- 3. Die Schweiz ist durch die EFTA im Freihandel mit der EU und ein legales Produkt eines EU-Staates kann nicht in der Schweiz verboten sein. Gibt es einen Grund das Produkt zu verbieten, muß das EU-weit abgestimmt sein.
Hanf Magazin: Was hat es mit der Mikrodosierung auf sich? Wie muss man sich als Unerfahrener die Wirkung vorstellen?
Pastor David: Die Mikrodosierung habe ich das erste Mal 1999 wahrgenommen, als ich Informationen bekam, die Zauberpilze würden sehr gut bei Cluster-Kopfschmerz und Migräne wirken. Nun, knapp 20 Jahre später haben erste Unis und Forscherteams angefangen, mit Doppelblind-Studien die Wirksamkeit zu belegen, und zwar in England, Holland und in der Schweiz. Im Jahr 2019 werden wir die Ergebnisse haben und aus meiner Erfahrung, kann ich sagen: sie werden sensationell sein! Mikrodosierung bedeutet, dass man jeden Tag ca. 1g frischen Trüffel zum Frühstück isst. Jeder kann es machen, Jung, alt, schwanger, stillend, krank, sportlich aktiv. Es gibt keine psychedelische Wirkung, keine Beeinträchtigung der Reaktionen, keinen Einschränkung im Straßenverkehr oder auf der Arbeit. Es gibt auch keine Abhängigkeit davon. Nach 3–7 Tagen täglichen Einnehmens spürt man eine Verbesserung des Wohlbefindens, der inneren Energie.
Depressive Phasen hören auf, man kann sich besser konzentrieren, aber auch entspannen, wird ausgeglichener, freundlicher, empathischer. Wenn man sich gut fühlt, kann man einfach aufhören, ohne jegliche Nebenwirkungen. Wenn es einem dann wieder nach einiger Zeit schlechter geht, kann man paar Wochen lang weiter machen, bis man sich wieder wohlfühlt. Es gibt keine Toleranzbildung, man kann (in Deutschland ist es aber illegal, das zu WOLLEN!) es ausprobieren, indem man eine Überdosis nimmt und dann die psychedelischen Effekte spürt, so als würde man die Pilze nach langer Zeit das erste Mal nehmen. Wenn man Medikamente einnimmt, die MAO-Hemmer beinhalten, dann sollte man die Dosis soweit verringern, dass man keine Auswirkungen auf die Wahrnehmung spürt.
Hanf Magazin: Wenn Sie die Pilze versenden, können Sie nicht sicher sein, ob die Empfänger sie wirklich in der empfohlenen kleinen Dosierung anwenden. Gab es schon problematische Rückmeldungen von Menschen, denen die Wirkung nicht gut bekam?
Pastor David: Ich versende Trüffel! Wer sich Ribotussin Hustenmittel kauft, kann das DXM darin auch überdosieren. Natürlich kann sich niemand sicher sein, was dann der Kunde mit dem gekauften Produkt macht. Ich würde gerne Hundebesitzer finden und schauen, ob die Hunde mit Mikrodosierung gehorsamer und freundlicher werden. Die Mikrodosierung ist für 100 % der Menschen interessant, die psychedelische bzw. religiöse Dosierung interessiert nur einen kleinen Teil der Menschheit, sicher unter 10 % der Menschen, vielleicht nicht einmal 1 %. Also, wenn 95 % das Produkt Mikrodosieren und davon profitieren, dann sind die 5 % Psychonauten, die es überdosieren, trotzdem besser dran, als wenn sie DXM oder LSD nehmen würden, finde ich.
In Deutschland machen sie sich strafbar, wenn sie überdosieren WOLLEN, aber das ist ein spezielles Problem der Deutschen. Rückmeldungen: Nein, die Wirkung bekommt allen gut bis neutral. Wie zuvor erwähnt, man spürt ja nichts, manche Sensible haben bei leicht zu hohen Mengen ein ganz leichtes Kribbeln für eine kurze Zeit in den Fingern. Wenn man was spürt, was man nicht spüren will, einfach die Dosis weiter verringern. Wenn man nichts spürt nach der Einnahme, aber nach einigen Tagen sich „wie von Zauberhand“ besser fühlt, dann ist die Dosierung richtig. Migräne und Cluster-Kopfschmerz-Patienten können ggf. auch ein leichtes Kribbeln in den Fingern für 60 Minuten ertragen, wenn sie dafür den Tag über keine Schmerzen haben, da muss man die richtige Dosis im Selbstexperiment finden.
Hanf Magazin: Was sollen Ihre nächsten Bemühungen sein im Kampf um die Liberalisierung der Pilze?
Pastor David: Ganz klar die Mikrodosierung bekannt machen. Hl. Pilze in Mikrodosierung sind heilsame Lebensmittel, es gibt keinen Rausch und keine Gefahr, aber es hilft sehr vielen Menschen, sich besser zu fühlen, keine oder weniger Schmerzen zu haben, ihre depressiven Zustände zu überwinden, Motivation für Arbeit und Hobbys zu stärken. Wenn die Mikrodosierung weltweit anerkannt sein wird und die Hl. Pilze für die Mikrodosierung überall erhältlich sein werden, ist die Legalisierung vollendet. Die Psychonauten profitieren dann auch davon, weil sie sehr günstig hohe Qualität von Pilzen überall leicht bekommen werden, aber wie gesagt, die Psychonauten sind ein klitzekleiner Haufen verglichen mit „der ganzen Menschheit“.
Hanf Magazin: Wie wird die Situation der Hl. Pilze in der Schweiz weitergehen?
Pastor David: Ich werde zeigen, dass die Hl. Pilze keine Abhängigkeit erzeugen und damit nicht durch das BtMG zu verbieten sind. Wozu steht die Einschränkung da, wenn sie genau für die Hl. Pilze nicht gelten soll, wo sie doch die Substanz beinhalten, die eben nicht abhängig macht?
Hanf Magazin: Was können Interessierte tun, wenn sie die Befreiung der Pilze von rechtlichen Zwängen wünschen und voranbringen wollen?
Pastor David: Die Mikrodosierung ausprobieren und wenn sie zufrieden sind, sie weiterempfehlen. Wenn sehr viele Menschen in Berührung kommen mit den Hl. Pilzen ohne Angst vor Bewusstseinsveränderungen zu haben und so ihre Angst vor den durch die Staatspropaganda als gefährlich verleumdeten Pilzen verlieren und erkennen, wie gut das Fleisch Gottes ihnen tut – ohne ihre Wahrnehmung zu verändern, dann wird kein Politiker mehr Fake-Einzelfälle instrumentalisieren können, um rechtliche Zwänge zu applizieren. Sobald die 500.000 Clusterkopfschmerz-Patienten in Deutschland schmerzfrei wegen mikrodosierter Zauberpilze sind (O. K., nicht alle, aber sagen wir 3–400.000 davon), sobald die Medien „Wundergeschichten von realen glücklichen Menschen“ publizieren, die durch die Mikrodosierung ihr Wohlbefinden merklich verbessern konnten, werden keine Argumente mehr da sein, um Hl. Pilze zu verleumden und die Esser des Jesus Christus zu verfolgen.