Während der französische Innenminister Konsumenten von Betäubungsmitteln pauschal mit einer Geldbuße belegt, schätzt Psychiater Nicolas Authier, Vorsitzender der Kommission für Betäubungsmittel und Psychopharmaka des Pharmaverbandes, dass die Entwicklung von therapeutischem Cannabis in Frankreich über Medikamente laufen wird.
Cannabis und das darin enthaltene Harz stehen auf der Liste der Betäubungsmittel, die auf ministeriellen Erlass erstellt wurde. Insofern sind sie verboten.
Allerdings autorisiert das Gesetz zur öffentlichen Gesundheit, das institutionell über diesem Erlass steht, im Ausnahmefall (–)-Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol (THC), also die psychoaktive Substanz von Cannabis. Diese Ausnahmeregelung existiert seit 2004.
Damals war es das synthetische THC, das erlaubt worden war. Etwas später wurde die Formel geändert, und der Zusatz „synthetisch“ verschwand. Die Idee war, die Vertreibung von Medikamenten auf der Basis von THC zu ermöglichen.
Dass die Regierung beabsichtigte, Medikamente auf der Basis von THC auf den Markt zu bringen, ist jetzt mehr als 15 Jahre her. Trotzdem bleibt der Einsatz von medizinischem Cannabis in Frankreich bis heute rein virtuell. Obwohl Sativex den Prozess der Autorisierung für den französischen Markt durchlaufen hat, bleibt diese sehr restriktiv. Und – was die Praxis angeht – ist dieses Medikament in der Apotheke nicht erhältlich.
PRINCIPES ACTIFS existiert seit 2009 und versucht ein Maximum an Studien über die Website zu veröffentlichen, um den Zugang zu Informationen zu erleichtern. Fabienne Lopez ist 61 Jahre alt und kämpft seit 24 Jahren für die Legalisierung. 1994 trat sie dem Cannabis Collectif für Information und Forschung bei (Collectif d’Information et de Recherche de Cannabis CIRC).
Fabienne Lopez: Ich habe mich sehr schnell für die sogenannte therapeutische Nutzung von Cannabis interessiert. Von 1994 bis 1998 war ich Präsidentin der CIRC für Paris und die umliegende Region Île de France. Ende der 90er-Jahre habe ich kapiert, dass niemand in Frankreich von therapeutischem Cannabis sprach. Ich habe versucht, die Leute zusammenzubringen, um die Frage auf den Tisch zu bringen. Und da sagte aber auch jeder: „Nein, nein, das ist eine Droge!“. Wenn man krank ist, wünscht man keine Schmerzen mehr, die Nebenwirkungen der Behandlung zu mildern, Appetit zu haben und nicht in eine Depression zu fallen.
Was ich für bedauernswert halte, so wie alle Befürworter von PRINCIPES ACTIFS, ist die Tatsache des Verbot. Es gibt so gut wie keine Untersuchungen. Ergebnisse, wenn es welche gibt, werden nicht öffentlich gemacht. Wir sind in Frankreich, das ist schon kompliziert und es ist darüber hinaus schwierig, wenn nicht manchmal sogar unmöglich, mit seinem Arzt darüber zu sprechen. Alle Studien, die öffentlich gemacht wurden, kommen aus dem Ausland: Israel, USA, Kanada. Es gibt auch enorm viele Erfahrungsberichte im Internet, aber das ist problematisch, weil jeder etwas behaupten kann.
Es gibt Studien und sie wurden auch übersetzt. Das ist in Frankreich dermaßen politisch geworden, dermaßen mit der Sicherheit der Problemviertel, dem Rassismus und der Jugendkriminalität verknüpft, wenn man dann noch schwarz ist oder einen nordafrikanischen Hintergrund hat – das sind die Leute, auf die man zielt. Medizinisches oder therapeutisches Cannabis wird damit in Verbindung gebracht. Und dann gibt’s den Eigenanbau, aber das ist ein eigenes Thema.
Hanf Magazin: Was hat sich seit den 70er-Jahren verändert?
Fabienne Lopez: Nichts. Stellen Sie sich vor, Sie sind krank und versorgen sich selbst mit Cannabis. Wenn Sie nicht damit aufhören, sind Sie ein Gesetzesbrecher, also Gefängnis. Nichts hat sich geändert, und das sehen wir gerade heute bei der sogenannten Contraventionnalisation: 300 € Strafe, wenn Sie auf der Straße mit einer kleinen Menge Cannabis erwischt werden, was an der Situation desjenigen, der Cannabis aus therapeutischen Gründen oder einfach zum Genuss raucht, aber auch gar nichts ändert. In Frankreich muss man Angst machen. Man muss wirklich dramatisieren. Es gibt einen Bruch zwischen der Information, die man der Jugend gibt und dem, was sie erleben und sehen.
Hanf Magazin: CBD, der neue TREND in Frankreich?
Fabienne Lopez: Es ist wahr, dass das Auftreten von CBD in Form von E-Liquid für Vaporisatoren es ermöglicht hat, die ganze offizielle Cannabis Klassifizierung Frankreichs infrage zu stellen. Die ganze Pflanze als auch die Samen sind dann verboten, wenn sie einen THC-Wert über 0,2 % hat. Weil aber das CBD nicht psychoaktiv ist, kann es nicht als Droge klassifiziert werden. Es gibt somit eine Klassifizierungslücke, die es erlaubt hat, einen Markt zu eröffnen. Es gibt sogar einen gewählten Politiker (des Departements CREUSE), der die Förderung seiner Region durch die Kultivierung von Cannabis für therapeutische Zwecke fordert, also von Cannabis mit weniger als 0,2 THC.
Auf der anderen Seite verschleiert dieses Engagement für CBD ein wenig das eigentliche Thema: das therapeutische Cannabis mit THC. Es gibt enorm viele pathologische Krankheiten, für die man Cannabis mit THC und CBD benötigt, und auch wenn es ein Dekret gibt, das die Verwendung von Sativex erlaubt, ist es für die Kranken immer noch nicht zugänglich – und Sativex enthält THC und CBD. Wir kennen den angeblichen Grund: Der Preis sei zu hoch. Das ist nicht die Wahrheit, aber die Tatsache, dass es natürliches THC enthält, stört immer noch viele gewisse Institutionen.
Jedenfalls wir von PRINCIPES ACTIFS informieren weiterhin über das therapeutische Cannabis, CBD und THC.