Die Hanfpflanze verfügt über ein immenses Potenzial für unsere Gesundheit. Das konnte mittlerweile vielfach durch wissenschaftliche Studien und medizinische Praxis bestätigt werden. Auch der Nutzen als Baustoff, Rohstoff, Nahrungsmittel oder sogar als Energiequelle ist unbestritten. In dieser Zeit des Aufbruchs weg von den Stigmata, in denen Cannabis Jahrzehnte lang gefangen war, muss das Gewächs sich in allen Lebensbereichen nun wieder einen Platz in der Gesellschaft erkämpfen.
Einen Platz als Rohstoff für Papier, Textilien und vielem mehr, einen Platz als Lebensmittel oder wie wir in den öffentlichen und parlamentarischen Debatten verfolgen können, auch als Medizin- und Heilpflanze.
Die Bemühungen zahlreicher Unternehmen geben der Cannabispflanze heute die Chance, ihren Wert für uns Menschen und den Planeten unter Beweis zu stellen und sich wieder in unserer Mitte zu etablieren. Durch die Jahre der Restriktion und Repression hat Hanf nun eine Art Einzelkämpfer-Status, denn die meisten Hersteller und Vertriebsunternehmen konzentrieren sich ausschließlich auf Hanfprodukte.
Die Medropharm verfolgt hier einen anderen Ansatz und bringt Cannabis wieder mit anderen Heilpflanzen zusammen. Über diese Familienzusammenführung der Heilpflanzen, die bewegte Geschichte von Medropharm und vieles andere konnten wir uns mit dem CEO der Medropharm GmbH, Patrick Widmer, austauschen.
Hanf Magazin: Das Unternehmen Medropharm kann mittlerweile auf etwa sechs erfolgreiche Jahre zurückblicken, die von Wachstum und Entwicklung geprägt waren. Wie waren diese Jahre für Dich? War es mehr das Umsetzen einer Vision, die Du bereits vor Augen hattest, oder wurdest Du eher von Entwicklungen überrascht? Bestand die Zeit also mehr aus geplanten Aktionen oder eher schnellen Reaktionen?
Patrick Widmer: Die sechs Jahre sind wirklich wie im Flug vergangen und um deine Frage zu beantworten: eine spannende Zeit. Ich bin seit ca. 20 Jahren im Cannabis Geschäft tätig, bin übrigens per Zufall auf das Cannabis gestoßen und hatte bereits vor Medropharm mich mit dem Thema Cannabis beschäftigt, ebenfalls als selbstständiger Unternehmer. So habe ich Maschinen für die Hanfernte an Landwirte vermietet und Ernteprozesse unterstützt, mich über dies mit der Gewinnung von ätherischen Ölen befasst und ein Düngemittel vermarktet, welches das Wachstum der Cannabispflanze auf besondere Art fördert.
Zum Cannabis habe ich auch wegen einer unglücklichen Serie von Verkehrsunfällen gefunden, die mich aus dem Arbeitsprozess geschleudert haben und mir leider nicht mehr erlaubten, meiner Tätigkeit als Projektleiter in der Werbeagentur nachzugehen. Um schrittweise in den Arbeitsprozess zurückzufinden, haben ich dann mehr widerwillig als motiviert und per Zufall vermittelt, als Aushilfe in einer Cannabis-Stecklingszucht arbeiten dürfen. Dies zu einem Drittel des Lohns, den ich in der Werbeagentur hatte und in einem Umfeld, das mir so vorher nicht bekannt und völlig neu war.
Bereits nach wenigen Tagen haben sich meine Vorurteile und die gefühlte Ablehnung in eine Faszination gewandelt und die Pflanze hatte mich in Ihren Bann gezogen. Ich habe ein Buch nach dem anderen gelesen, habe Cannabis selber angebaut, gezüchtet und experimentiert, was mich darauffolgend auf ausgedehnte Reisen nach Indien geführt hat. In der Schweiz habe ich mich sogar abgemeldet und mich in die Himalaya Region begeben, um dort verschiedene Kulturen und Gruppen zu begegnen, den Yoginis welche sich dem nepalesisch-tibetanischen tantrischen Buddhismus verschrieben haben, den Sadhus oder um mich mit Gelehrten über kaschmirischen Shivaismus auszutauschen.
Später bereiste ich dann auch Marokko, um mir dort ebenfalls ein Bild zu verschaffen über die Cannabiskultur und die Rituale. Es wurde mir als Aushilfe in der Stecklingszucht sehr schnell klar, dass das Cannabis Milieu durchzogen ist von kriminellen Strukturen und dass der Branche ein seriöser und professioneller Rahmen umfassend fehlt. Es war wirklich wie im Film. Da kamen reihenweise Holländer, Gruppen aus dem Osten, mit Sporttaschen voller Geld und Zehntausende von THC Stecklingen haben wöchentlich die Besitzer gewechselt, die auf irgendwelchen Felder einen illegalen Platz gefunden haben und später als Blüte die Schweiz verlassen haben.
Die Erkenntnis, dass es seriöse Unternehmen braucht, hat mich dann zu den oben erwähnten Selbständigkeiten in der Cannabisbranche geführt, mit der Idee, dieser im ganz kleinen einen etwas anderen Rahmen und Image zu verschaffen. Die Zeit war aber definitiv nicht reif dafür und die Repression zu aggressiv, sodass die Unternehmen keine Chance hatten und ich mich habe zurückdrängen lassen.
Um nun auf Deine Frage zurückzukommen, das Projekt Medropharm war definitiv mit viel Vision gefüllt und wir haben sehr diszipliniert versucht, unsere Ziele umzusetzen. Natürlich ist da immer auch eine Bewegung, die unberechenbar ist, und Neuigkeiten, die auf Grund von Erkenntnissen integriert werden müssen, die man so im Voraus nicht angedacht oder gesehen hatte. Eines war immer klar und dies war ein Kernanliegen, wir wollten in die Apotheke und einen Beitrag leisten für das Gesundheitswesen hochqualitative Produkte erarbeiten und ein verlässlicher Industriepartner sein für verschiedene Branchen. Die Geschwindigkeit der Entwicklung unserer Gesellschaft hat uns sicherlich auch immer wieder in Etappen heraus- und teils überfordert. Eine Dynamik und Prozess, den ich heute als ganz normal erachte, der uns jedoch auch viele interne Spannungen gebracht hat, da natürlich vieles Neuland war.
Aus heutiger Sicht sind wir unserer Vision definitiv treu geblieben und haben die Marke Medropharm entsprechend unserer Kernvision vorangetrieben und das Unternehmen schrittweise vom Cannabisunternehmen weg hin zu einem Heilpflanzenunternehmen gewandelt, das seine Kunden mit Ihren Bedürfnissen im Zentrum weiß. Unser grosses und alles überragendes Ziel war immer, dem Cannabis in der Apotheke würdig zum Durchbruch zu verhelfen, dem Fachhandel vernünftige Produkte an die Hand zu geben und dann auch weitere Pflanzen in unser Programm aufzunehmen. Dies ist uns erfolgreich gelungen, wobei wir natürlich noch an vielen Ecken schleifen und verbessern können. Wir werden nicht müde, uns immer wieder neu zu erfinden und unsere Angebote zu verbessern. Die Tätigkeit der Medropharm sieht heute wie folgt aus, wenn ich das ganz kompakt und knackig beschreibe:
Wir sind spezialisiert auf die Extraktion von Heilpflanzen, die Gewinnung von Cannabinoiden aus Cannabis Sativa L, sowie deren Weiterverarbeitung für die Lebensmittel-, Kosmetik-, Tierfutter- und Pharmaindustrie. Die Rohstoffe werden GMP oder GMP konform zu Endprodukten verarbeitet, dies in Auftragsproduktion oder als privat Label. Intramaterialien wie Extrakte, Destillate, Isolate oder Starting Materials für die Weiterverarbeitung im Pharmasektor sind Teil des Basissortiments. Kurzwegdestillationsanlagen ermöglichen die Verarbeitung und Veredelung von Pflanzenstoffen nach höchsten Qualitätsstandards. Für Industriekunden werden des Weiteren umfassenden R&D Machbarkeitsstudien angeboten, so wie die strategische und regulatorische Beratung.
Hanf Magazin: Ihren Anspruch formuliert die Medropharm GmbH auf der Website in folgenden Worten: Unsere Mission ist es, hochwertige Cannabinoide für die Pharma- und Lebensmittelindustrie mittels strenger Produktions- und Qualitätskontrollstandards zu gewinnen und ein weltweit führendes Unternehmen in der Forschung, Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von cannabinoidhaltigen Produkten zu sein. Wie nahe seid Ihr diesem Ziel? Was ist bisher erreicht worden und welche Meilensteine sollen folgen?
Patrick Widmer: Wir sind mit unseren Fortschritten wirklich sehr zufrieden und wir nähern uns Tag für Tag den Zielsetzungen. Unsere Extraktionsexpertise ist in den letzten Jahren immer einem breiteren Publikum/ Kundenkreis bekannt geworden und mit dem Erwerb und Bau von zwei individualisierten Kurzwegdestillationsanlagen haben wir einen Teil unseres Kerngeschäftes, der Veredelung von Pflanzenstoffen, stark ausgebaut. Dies ermöglicht uns vor allem, auch über den Tellerrand von Cannabis hinauszublicken und ebenfalls andere Heilpflanzen zu verarbeiten und diese so mit unterschiedlichen Industriezweigen zur Verfügung zu stellen.
Wir pflegen enge Kontakte zu Pharma-, Kosmetik-, Food- und Tierlebensmittelindustrie und unsere Lösungen finden großen Anklang und begeistern die Fachwelt. Unser Ziel ist es, bis 2024 ca. 40-50 % unseres Umsatzes außerhalb der Cannabispflanze zu machen, mit neuen Heilpflanzen, die ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten können. Unser Unternehmen haben wir in den letzten zwei Jahren stark umgebaut, ein professionelles und umfassendes QS System integriert und das Unternehmen für die komplexe und anspruchsvolle Pharmawelt fit gemacht. Wir haben heute ein kleines und buntes Team mit Fachleuten die vorher bei Bayer, Dr. Kade, Roche, Hänseler, Stryker, an der Universität oder Givaudan gearbeitet haben und somit unsere Expertise für Pharma Kunden massiv ausgebaut.
Wir beliefern seit 2019 verschiedene Pharmaunternehmen mit unseren Rohstoffen, sind sowohl in Australien aus auch in ganz Süd- und Zentralamerika aktiv und beliefern namhafte Unternehmen in Europa mit Private Label Produkten. Unsere entwickelten Extrakte sind Teil von Studien und finden immer mehr Produktkategorien. Unser Ziel war es, in der Pharma- und Lebensmittelindustrie Fuß zu fassen und dies haben wirbei Weitemm übertroffen.Ein nächster Schritt ist der Kauf eines kleinen Pharmaunternehmens in Uruguay, wir sind dort im Abschluss von Verhandlungen, was uns die Türe zum THC-Markt öffnen und unsere Präsenz in Südamerika stärken wird.
Wir hoffen auch sehr, dass unsere Mitgliedschaft im Novel Food Konsortium (EIHA), mit der Teilnahme an der Novel Food Application, erfolgreich sein wird, da wir bereits mehrere Produkte in unserer Pipeline haben und uns sehr freuen würden, diese in den nächsten Jahren auf den Markt zu bringen, sollte der Novel Food Antrag durchkommen. Des Weiteren haben wir unsere Geschäftstätigkeit in der USA aufgenommen, ein Markt, den wir bis dahin nicht einbezogen haben. Wir haben erste Partnerschaften in New York und planen, einen Sitz bis 2022 in der USA zu eröffnen.
Ein nächstes Geschäftsfeld ist der THC-Cannabis Anbau und die Extraktion von THC-haltigem Cannabis. Wir haben für beide Elemente die richtigen Partner evaluiert und arbeiten nun die Aufgaben ab. Wir rechnen damit, im Verlauf 2022 über die entsprechenden Lizenzen zu verfügen und im Betäubungsmittelbereich tätig zu werden. Es gibt noch vieles mehr, das spannend und erwähnenswert wäre. Vieles darf ich zum aktuellen Zeitpunkt aber noch nicht erwähnen oder aufzeigen, da wir mit vielen börsennotierten Unternehmen arbeiten und wir Geheimhaltungsklauseln unterworfen sind.
Hanf Magazin: Die Medropharm GmbH hat kürzlich den neuen Standort in Zürich bezogen. Warum der Ortswechsel? Welche Eigenschaften waren für einen neuen Unternehmenssitz wichtig?
Patrick Widmer: Die Medropharm hat ambitionierte Ziele, sie will eine führende Rolle in der Verarbeitung von Cannabis und anderen Heilpflanzen übernehmen und die entwickelten Rohstoffe unterschiedlichen Industriezweigen zur Verfügung stellen. Dazu braucht es förderliche Rahmenbedingungen, das heißt unter anderem eine Dichte an spezialisierten Fachkräften, die Nähe zu Universitäten und anderen spezialisierten Unternehmen, die in einem sehr dynamischen Marktumfeld zuarbeiten können. Es ist nahezu unmöglich, Pharma-Profis oder junge Talente in die Ostschweiz zu locken, da der doch ziemlich ländliche Standort Schönenberg einfach zu weit weg ist von einem internationalen Lebensstil wie dieser in Basel, Zürich, Genf oder auch dem kleinen Solothurn mit der hohen Dichte an z. B. Medizinaltechnik Unternehmen gegeben ist.
Wir sind natürlich auch bereit eine Führungsrolle im Bereich der Cannabis Pilotprojekte zu übernehmen und den gesellschaftlichen Wandel mitzutragen, der vermutlich in einer Legalisierung enden wird. Bei diesen spezialisierten Themen sieht man im Kanton TG kaum Bewegung und dort scheint man nicht wirklich ein Interesse an einer solchen Pionierarbeit zu haben. All das heißt, wir schätzen in Zürich die Nähe zu den unterschiedlichsten ansässigen Unternehmen auf kleinstem Raum, welche einen aktiven Beitrag für unseren Erfolg leisten können. Zürich ist ein international ausgerichteter Hotspot mit vielen innovativen und erfahrenen Unternehmern, die ein Puzzleteil zu unserem Erfolg beisteuern können. Und letztlich ist auch die Nähe zum Flughafen entscheidend, da wir doch viele internationale Kunden haben und diese den raschen Transfer ins Geschäft für Meetings sehr schätzen.
Hanf Magazin: In Pressemitteilungen wird immer wieder eine strategische Neuausrichtung des Unternehmens gesprochen, die im vergangenen Jahr stattfand. Worum geht es da? Wie hat sich der Fokus oder die Ausrichtung von Medropharm verändert?
Patrick Widmer: Die Medropharm ist nicht in erster Linie eine Cannabisfirma, was vielen nicht bewusst ist, da wir mehrheitlich über das Thema Cannabis wahrgenommen werden und auch immer über diesen Geschäftsteil kommuniziert haben in der Öffentlichkeit. Dies haben wir nun angepasst und werden offener in der Kommunikation und geben vertieften Einblick in alle anderen Geschäftsfelder. Die Medropharm arbeitet mit ganz unterschiedlichen Pflanzen und Wirkstoffen. Stellen für Unternehmen, auch Pharmaunternehmen, Machbarkeitsstudien her, um die Basis für eine Produktentwicklung zu legen und kaufen Rohstoffe in Südamerika, Indien oder auch afrikanischen Ländern für unsere Projekte ein.
Wir beherrschen Kosmetik, Futtermittel, Getränke, allg. Lebensmittel, Intramaterialien und Starting Materials, wir können schlicht und einfach alles, was mit der Verarbeitung von Pflanzen für die Produktentwicklung zu tun hat, in unserem Netzwerk umsetzen. Zudem haben wir eine Regulatory Affairs Abteilung integriert in unser Unternehmen, welche die Verkehrsfähigkeiten und rechtlichen Aspekte eines Produktes prüfen kann. Und für den Bereich Arzneimittel haben wir eine Qualified Person, bei uns in der Schweiz FvP genannt, die alles kontrolliert, damit der Endkunde ein sicheres Produkt erhält.
Über dies hinaus beschäftigen wir uns in der USA sowie in Südamerika mit alternativen und modernen Therapieformen, die zu unserem Portfolio passen, wie z. B. Meskalin, Psilocybin und anderen pflanzlichen Wirkstoffen. Unser Warenkorb ist also um einiges größer als nur Cannabis, wobei Cannabis immer eine zentrale Rolle in unserer Unternehmenskultur einnehmen wird.
Hanf Magazin: In der Vergangenheit hattet Ihr es nicht immer leicht mit den Behörden. Wie hat sich das Verhältnis seit 2016 entwickelt? Seid Ihr nun sicher, dass man Euch in Ruhe arbeiten lässt oder gibt es noch Befürchtungen, dass sich Durchsuchungen und Repressalien wiederholen könnten.
Patrick Widmer: Ich glaube, die Behörden haben viel gelernt in den letzten Jahren und auch einen Instinkt entwickelt, der ihnen hilft, einen Drogendealer von einem Hersteller von hochqualitativen und legalen Cannabis Produkten zu unterscheiden. Das Misstrauen der Behörden kann ich aber grundsätzlich gut verstehen, die Art und Weise wie diese aber bei der Organisierten Kriminalität wegschauen und relativ harmlosen Unternehmen Druck machen, das stört mich noch heute.
Anstatt zum Beispiel Länder wie Marokko an die Kandare zu nehmen, ein Land, das aktive Drogen in die ganze Welt versendet und dies doch umfassend geduldet von der marokkanischen Regierung, nimmt man zum Beispiel in Deutschland Shops hoch, die CBD Tinkturen und Blüten mit weniger als 0.2 % THC verkaufen. Man spielt sich in einem absolut harmlosen Bereich als Ordnungshüter auf, was natürlich heuchlerisch ist, den Behörden aber gute Schlagzeilen verschafft, weil man es den Bösen gefährlichen Dealern zeigt und so den konservativen Kräften in der Politik in die Hand spielt. Insofern kann man nie ganz sicher sein, ob nicht doch wieder ein Profilierungsneurotiker aus der Versenkung auftaucht und versucht einem das Leben schwer zu machen. Wir pflegen jedoch ein wirklich sehr gutes Auskommen mit den Behörden und sind uns nähergekommen, sogar Freundschaften entstanden.
Wir setzen auf Qualität und Sicherheit für unsere Industriepartner und das ist wichtig für die Behörden. Insofern fühlen wir uns wohl und dennoch haben wir in der Vergangenheit, im speziellen auch vor der Ära Medropharm, den Staat in unverhältnismäßigen Aktionen erlebt. Da spreche ich wohl einigen Cannabisaktivsten aus dem Herzen. Es ist nicht nett, wenn man um 5 Uhr aus dem Bett geholt, die Wohnung gestürmt und verwüstet wird und dies von unbekannten Polizisten in Vollmontur und dazu noch schwer bewaffnet. Solche Eingriffe traumatisieren und fördern nicht das Vertrauen in den Rechtsstaat.
Umso erfreulicher ist es, dass es heute Organisationen wie die EIHA gibt, die in regelmäßigem Austausch mit dem EU-Parlament stehen und aktive Lobby Arbeit betreiben können. Ich hoffe, diese Funktionäre, die vielen Cannabisinvestoren, die es heute gibt und die trendigen CEOs der modernen Cannabisunternehmen vergessen nicht, dass viele charismatische Frauen und Männer für absolut nichts im Gefängnis gesessen haben, Repression aushalten mussten, unter anderem aber auch damit den Weg und die Türen aufgestoßen haben, um den aktuellen Cannabis Boom zu ermöglichen.
Viele dieser Menschen waren keine Verbrecher, keine Kriminellen, sondern Aktivisten und mündige, überlegte Bürger, die sich für eine offenere Gesellschaft eingesetzt haben. Genau diese Reibung und Auseinandersetzung mit der sinnlosen Repression, die viele über sich haben ergehen lassen müssen, führte in Teilen und schrittweise zu einem Umdenken bei Richtern, Staatsanwälten und der Polizei und und den Politikern. Auch tolle Magazine wie das Hanf Magazin tun täglich ihren Beitrag, um weiter den Weg zu öffnen.
Wir sind immer noch nicht frei von ungerechtfertigter Repression und Einschränkung und umso wichtiger ist es, dass Unternehmen mit guter Vision weiterhin die Türen aufdrücken, bis Cannabis wieder dort ankommt, wo es hingehört. Es ist eine wertvolle Pflanze und sie sollte allen Industriezweigen offenstehen für die sinnvolle Nutzung. Damit will ich sagen, die Rahmenbedingungen müssen sich weiter verbessern, damit aufrichtige Unternehmer Ihre Geschäftsmodelle umsetzen können.
Hanf Magazin: Ein Aspekt, der Medropharm sehr interessant macht, ist das Engagement in Forschung und Entwicklung, auch in Zusammenarbeit mit Universitäten. Ist das für Euch eher eine Frage des Prestiges und der Außenwirkung und Resultate dienen einfach der Allgemeinheit oder fließen Erkenntnisse aus der Forschung direkt in die Produktentwicklung mit ein?
Patrick Widmer: Danke für diese Frage, Sie ist offen und direkt und so möchte ich diese auch beantworten. Es beinhaltet beide Elemente, einerseits ist es Image, weil man dies als ernsthaftes Unternehmen eben tut und tun sollte. Auf der anderen Seite braucht und will man aber auch Erkenntnisse, um einen Vorsprung zu erlangen und Fakten vorweisen zu können. Es ist durchaus auch der Fall, dass man sich beweist, was man schon weiß, aber noch nicht belegen kann mit Zahlen.
Deshalb forscht man weiter, weil man einen definitiven und gesicherten Beweis will. Demzufolge folgt dient es auch einfach einem Selbstzweck, um dann eine Datenlage für die Projekte zu haben.Unser Team ist ja sehr wissenschaftlich aufgestellt und mit Dr. Tobias Sauk haben wir einen hervorragenden Mitarbeiter, der Studien umfassend für unsere Produktentwicklungen einbezieht. Das ist im Grunde schon ein Muss, denn die Produkte sollen ja nicht nur Marketinghülsen sein, sondern auch etwas leisten und eine Aufgabe erfüllen. Gerade im Hinblick auf Cannabis ist das Erforschen und Daten sammeln wichtiges Tool, denn es ist allgemein bekannt, dass Cannabis als solches nicht nur ein Heilmittel ist, sondern bestimmte Cannabissorten bestimmte Potenziale aufweisen. Aus diesem Grund ist das Erarbeiten von gesicherten Erkenntnissen wichtig.
Hanf Magazin: Die Anzahl der Hersteller von Hanf- und CBD-Produkten ist ja nun nicht mehr zu überschauen. Aber nur wenige haben wirklich große kommerzielle Erfolge vorzuweisen. Medropharm gelang es aber, die Nummer eins in Apotheken der Schweiz zu werden. Und auch in den deutschen Apotheken konntet Ihr Produkte etablieren. Das ist ja schon gewissermaßen ein Ritterschlag, da es den Hersteller aus der Nische und aus den üblichen Vertriebswegen in Onlineshops heraushebt. Wie schwer war es, diese Meilensteine zu erreichen?
Patrick Widmer: Das war in der Tat ein Kraftakt und es hat viel Mut gebaucht, diesen Weg konsequent und unbeirrt zu verfolgen. Denn wir haben natürlich die vielen guten Lifestylemarken verfolgt, die vom Umsatz her ein schnelles und gutes Wachstum hatten, während wir uns mit komplizierten Regulationen abgemüht und kaum etwas verdient haben. Die Eintrittshürde und die Anforderungen in der Apotheke sind anders als bei einen online Store und entsprechend zermürbend war diese Reise. Es gab mehr als eine Nacht, in der wir uns nicht sicher waren, ob man nicht doch auch ganz offensiv im offenen Markt sich präsentiert sollte und sich nicht stur auf Fachgeschäfte einschießen.
Aber da war ja unsere Vision, einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten und zu zeigen, dass Cannabis in die Apotheke gehört, und dazu gehört eben auch, sich den Behörden zu stellen, den Weg, den es eben braucht, auf sich zu nehmen und sich unbeirrt der Wand entgegenzustellen. Wir sind sehr froh, dass wir diese Vision und Idee nicht aufgegeben haben. Ich denke, das hat uns ein Profil gegeben und uns selber geschliffen und aus einem Rohdiamanten ein Team und eine Firma geformt, auf die wir heute wirklich stolz sind. Klar, man kann es immer noch besser, noch effizienter und intelligenter lösen und aus diesem Grund werden wir nicht müde, uns immer wieder zu hinterfragen, offenzubleiben für Neues und lernfähig zu bleiben. Denn auch wir haben die Weisheit nicht mit dem Löffel gefressen.
Hanf Magazin: Zum April des vergangenen Jahres hat die Medropharm GmbH und The Botanicals AG ihre Trennung vollzogen. Dies war ein strategischer und von langer Hand geplanter Schritt, bei dem auch die Gründer und Geschäftsführer sich auf die zwei Firmen aufgeteilt hatten. Wie schwierig ist ein solcher Prozess? Wie entscheidet man, wer bei welchem Unternehmen bleibt? Gibt es viele Uneinigkeiten auf dem Weg? Wie sind die Beziehungen zwischen Medropharm und The Botanicals heute?
Patrick Widmer: Der Prozess dieser Trennung hatte die Dramaturgie einer Ehe, die man auflöst. Es ist grundsätzlich ein sehr einfacher Prozess, da er aber von vielen Emotionen geprägt ist. Dadurch wird er zu einem Hürdenlauf, in dem man schnell den Fokus und das Ziel und den Zweck der Sache aus den Augen verliert, sich auf Nebenschauplätze begibt und Machtkämpfe auslebt. Es ist also alles in allem eben doch schwierig, wenn die Parteien nicht die gleichen Interessen verfolgen und sich auseinandergelebt haben. Die Entscheidung der Zugehörigkeit war hingegen sehr einfach. Dies kristallisiert sich ja im Prozess, der dann zu einer Trennung führt, heraus. Die Lager bilden sich auf natürliche Weise und sind eigentlich weit vor der Entscheidung für eine Trennung klar. So war es zumindest bei uns und ich denke, es ist ein üblicher Vorgang.
Deine Frage betreffend die Uneinigkeiten kann ich bestätigen, die gibt es endlos auf dem Prozess zur Trennung und erst recht in der finalen Trennungsphase. Ich konnte mir vorher nie vorstellen, dass es am Schluss für jede Fußnote einen Anwalt benötigt. Es ist eigentlich ein Armutszeugnis, aber leider auch bei uns eine Wirklichkeit, die sich geschaffen hat. Am Schluss haben ausschließlich Anwälte miteinander die Details geregelt, weil die Parteien nicht an einen Tisch gebracht werden konnten.
Die Medropharm und The Botanicals pflegen aber weiterhin Geschäftsbeziehungen, das Verhältnis ist aber auf persönlicher Ebene weiterhin angespannt und die Freundschaften nachhaltig zerstört. Ein wirklich bedauerlicher Zustand, aber nun eben Fakt. Meinerseits habe ich sehr viel gelernt, denn ein solcher Prozess bietet reichhaltige Einsichten, wenn man es achtsam und mit Bewusstsein durchwandert und diese Einsichten kann man in sein Lebens- und Geschäftsmodell integrieren. Insofern sehe ich es als Bereicherung, auch wenn ich nicht mich gleich wieder von jemandem trennen möchte.
Grundsätzlich gilt es noch zu berücksichtigen, dass jedes Start-up in der Wachstumsphase einem Veränderungsprozess unterworfen ist. Gute Gründer sind nicht zwingend gute Unternehmer und um eine Geschäftsidee mittel- bis langfristig abzusichern, bedarf es meist Anpassungen und Veränderungen in der Geschäftsleitung oder eben sogar Umstellungen bei der Inhaberstruktur.
Hanf Magazin: Wie wir also nun feststellen können, hat die Medropharm GmbH eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Wie sieht es mit der Zukunft aus? Soll nun alles etwas ruhiger werden? Was sind die Pläne für die nächste Zukunft? Wird es zeitnah neue Produktentwicklungen geben?
Patrick Widmer: Die Medropharm wird nicht zur Ruhe kommen und weiterhin an einem raschen Wachstum festhalten. Was mit Sicherheit die Spannung und den Puls hochhalten wird. Das neue Firmensetting, die vollzogene Trennung und Neuausrichtung wird auf vielen Ebenen jedoch Ruhe einfließen lassen, was natürlich noch mehr Fokussierung auf das Wesentliche lenkt, die Entwicklung von neuen Produkten und die Umsetzung unserer Vision. Wir haben eine volle und umfassende Entwicklungspipeline mit über 50 verschiedenen Produkte in der Machbarkeitsentwicklung, die nur darauf warten, den richtigen Kunden zu finden.
Wir haben zudem neue Pflanzenstoffe auf unseren Anlagen laufen, die vielversprechende Eigenschaften ausweisen und in Südamerika als Heilpflanzen verwendet werden. In Kürze kommen wir damit auf den Markt. Ich will aber noch nicht zu viel sagen, um die Spannung hochzuhalten. Weitere Zukunftspläne habe ich ja bereits unter Deiner zweiten Frage erläutert: Die Etablierung von neuen Standorten, der Eintritt in den THC-Markt und die USA, der Kauf eines Pharmaunternehmens in Uruguay.