Hanf ist aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Er gelangt zu immer größer werdender Popularität, vor allem durch seine vielseitigen Einsatzmöglichkeiten. Zuletzt hatten wir Henrik Pauly bei uns im Interview, der sein Hanfbau-Kollektiv vorgestellt und uns das Bauen mit Hanf nähergebracht hat. Reinhold Straub ist ebenfalls im Hanfbau-Kollektiv tätig. Ihm wird die wichtige Aufgabe als Baustoffhändler sowie Berater zuteil. 2019 hat er sein Unternehmen Hanf & Kalk gegründet und sich auf die Verarbeitung des Hanf-Allrounders spezialisiert. Durch ihn erhalten wir viele spannende sowie neue Einblicke, was es bedeutet, mit Hanf zu bauen, woher die Rohstoffe bezogen werden und was es benötigt, um diesen Werkstoff endlich für die breite Masse verfügbar zu machen.
Hanf Magazin: Erzähl uns vorweg etwas über deinen bisherigen Werdegang. Wie bist du im Hanfbau gelandet und wie bist du schließlich zum Hanfbau-Kollektiv gestoßen?
Reinhold Straub: Ich habe nach meiner Schule eine Ausbildung im Bereich Metallbau absolviert, anschließend Fachabitur und ein technisches Studium im Bereich Mechatronik. Über diese ganze Zeit war ich stets mit dem Hausbau in Verbindung: Nebst meinem Studium habe ich mir in der Zimmerei meines Bruders Geld dazu verdient und so Einblicke gesammelt in das Bauen mit natürlichen Werkstoffen. Irgendwann bin ich dann über euer Magazin und einen Artikel von Werner Schönthaler, erstmalig auf den Baustoff Hanf Kalk aufmerksam geworden. Ich war vom ersten Moment an Feuer und Flamme und habe von da an meine ganze Aufmerksamkeit diesem Thema gewidmet. So hat es auch nicht lange gedauert, dass ich auf einer Veranstaltung in Polen Henrik Pauly, Hanfingenieur kennengelernt habe. So bin ich zum Hanfbau-Kollektiv gekommen und seitdem dort aktiv.
Hanf Magazin: Du übernimmst die wichtige Aufgabe als Baustoffhändler für das Hanfbau-Kollektiv, welche Rohstoffe werden bei dir bezogen? Werden diese direkt bei euch aus dem eigenen Industriehanf hergestellt oder kauft ihr das Material zu?
Reinhold Straub: Unser erstes Standbein bei der Firma Straub Hanf & Kalk ist das Handwerk. Das heißt, wir setzen Baustellen um, vorwiegend mit den Werkstoffen Hanf, Kalk und Lehm. Wir machen Arbeiten in den Bereichen Dämmung und Oberflächen. Speziell die Baustellen und Projekte, bei denen Hanfkalk zum Einsatz kommt, betreuen wir auch als Händler. Das heißt, man kann bei uns alles kaufen, was man braucht, um Hanfkalk auf der Baustelle zu verarbeiten. Bisher kaufen wir die Rohstoffe zu. Wir sind jedoch seit diesem Sommer mit einer lokalen Initiative aus dem Allgäu in Kooperation, um so bald wie möglich regionale Rohstoffe anbieten und verarbeiten zu können. Die regionale Wertschöpfung ist für uns eine sehr wichtige Sache, die wir, wo es nur geht, unterstützen wollen.
Hanf Magazin: Du bist auch als Berater im Hanf-Kollektiv zu finden, was sind hier deine Aufgaben?
Reinhold Straub: Als Berater begleite ich Bauprojekte hinsichtlich Bautechnik und Bauphysik. Das heißt, ich helfe den Menschen, die richtigen Baustoffe an der richtigen Stelle richtig einzubauen. Ob das nun übers Telefon, als Vor-Ort-Beratung oder sogar durch Workshops stattfindet, es ist alles möglich.
Hanf Magazin: Warum hast du dich für den Bau mit Hanf entschieden? Was war ausschlaggebend für dich, diesen Weg zu gehen?
Reinhold Straub: Mich begeistert nach wie vor die Vielfalt einer regionalen Wertschöpfung mit Nutzhanf. Gerade im Bereich des Bauens kann der Hanf durch herausragende Eigenschaften überzeugen. Zudem war es für mich ausschlaggebend, dass Nutzhanf und insbesondere Hanfkalk als Baustoff bisher keine große Rolle gespielt hat. Diese Pioniersituation hat mich sozusagen herausgefordert.
Hanf Magazin: War es anfangs schwierig, mit dem neuen Rohstoff Hanf in der Baubranche Fuß zu fassen?
Reinhold Straub: Es war schwierig und es ist immer noch eine Herausforderung. Wir müssen viel aufklären und viele Widerstände überwinden. Jedoch hat sich die Situation in den letzten Monaten stark zum Positiven geändert. Die Aufmerksamkeit und das Interesse sind riesig.
Hanf Magazin: Was schätzt du an deiner Berufung am meisten, was würdest du nicht missen wollen?
Reinhold Straub: Am Ende eines Tages nach erfolgreich getaner Arbeit erschöpft und zufrieden nach Hause zu kommen, das ist für mich immer wieder eine sehr große Erfüllung. Ich bin sehr dankbar, dass ich bei meiner handwerklichen Arbeit sehen kann, was ich geleistet habe. Ebenso die Dankbarkeit der Bauherren über ihr neues, schönes Zuhause erfüllt unser eins und lässt uns die Strapazen der schweren Arbeit leichter ertragen.
Hanf Magazin: Warum baut nicht jeder mit Hanf?
Reinhold Straub: Ganz ehrlich? Also erst mal ist diese ganze Sache noch eine sehr, sehr kleine Nische. Die Baustoffe sind auch nicht so einfach überall verfügbar. Im Grunde sind wir derzeit in einer Situation, in welcher sich die Struktur und der Markt für diese Baustoffe erst beginnt zu entwickeln. Herstellerkapazitäten, Lagermöglichkeiten vor Ort, kompetente Beratung und Handwerker, die es umsetzen – all das entsteht gerade. Sicher wird sich auch nicht jeder von den Argumenten überzeugen lassen und zuallerletzt gibt es auch andere Naturbaustoffe, die genau so überzeugend, umweltschonend und begeisternd sind wie Hanfkalk.
Hanf Magazin: Welche Vorteile bietet ein Haus aus Hanf gegenüber anderen Bauweisen?
Reinhold Straub: Durch den hohen Anteil an einjährig nachwachsendem Rohstoff und einer Anbauweise, die auch im größeren Maßstab sehr verträglich ist, haben wir eine sehr überzeugende Ökobilanz. Richtig ausgeführt und in Kombination mit anderen werthaltigen Baustoffen sind Häuser aus Hanf sehr langlebig und insofern eine kostensparende Variante. Ein gesundes Raumklima ist ebenso gewährleistet.
Hanf Magazin: Was ist nötig, um Hanf als Baustoff in den nächsten fünf Jahren als festen Bestandteil der Bauindustrie zu etablieren? Oder denkst du, dass es noch viel mehr Zeit benötigt?
Reinhold Straub: Da sind viele Dinge, die nötig sind, dies zu bewerkstelligen. Ich zähle mal die Wichtigsten auf. Wir brauchen einen zugelassenen Baustoff. Das bietet die Möglichkeit, dass Planer, Architekturbüros und große Bauunternehmen einfacher mit diesem Baustoff arbeiten können. Wir brauchen regional verfügbare Rohstoffe und Wertstoffketten. Das heißt, genügend Anbaufläche und ebenso wichtig Hanffabriken, die aus Hanfstroh, Hanffasern und Schäben weitere Beiprodukte erzeugen. Das ist einer der Knackpunkte. Aufklärung, Bekanntheit und mehr geschulte Menschen: Handwerker, Planer, Architekten und alle am Bauprozess Beteiligten.
Hanf Magazin: Wohnst du selbst in einem Haus aus den eigenen Rohstoffen?
Reinhold Straub: Ich wohne derzeit noch in meinem selbst gebauten Tiny Haus aus Hanfkalk und Holz. Sicher wird es nicht dabei bleiben. In der Zukunft möchte ich mir ein Haus bauen, welches eine Kombination aus natürlichen Stoffen meiner Umgebung darstellt: Stein, Holz, Lehm, Kalk, Hanf, Stroh, Schilf – alles, was die Natur uns bietet. Sicher wird Hanf eine wichtige Rolle dabei spielen, jedoch muss ich zugeben, dass mich die Methoden des Lehmbaus, wie zum Beispiel Stampflehm, ebenso begeistern. Insgesamt lege ich persönlichen Wert darauf, ein handwerklich gebautes Haus zu haben, also mit einem möglichst hohen Anteil an eigener Wertschöpfung.
Mit seinem Unternehmen ermöglicht Reinhold Straub, leicht an die benötigten Rohstoffe für den Bau mit Hanf zu kommen und plant sogar zukünftig den regionalen Bezug. All das sind bereits Schritte in die richtige Richtung. Es wird wohl dennoch etwas Zeit benötigen, um Hanf als Baustoff zu etablieren. Wie man sehen kann, ist die Nutzpflanze ganz klar auf dem Vormarsch und kommt in der Baubranche bereits vielseitig zum Einsatz. Nun gilt es, dies noch weiter auszubauen. Wir können nur hoffen, dass das Potenzial des Hanf-Baustoffes immer weiter zunehmen und auch die regionale Verfügbarkeit erleichtert wird.