Wie der Wandel im Bewusstsein der Gesellschaft die Nachfrage nach Hanf steigert.
Es gibt in der Bedeutung für die Menschen keine wichtigere Pflanze als den Hanf. Wie wichtig Hanf für unsere Gesellschaft ist, zeigt sich heute mehr denn je. Ungeachtet des Stigmas, welches das Verbot der Variante mit dem berauschenden Inhaltsstoff Tetrahydrocannabinol einbringt, gewinnt gerade der Nutzhanf zunehmend an Akzeptanz. Das wachsende Bewusstsein der Menschen bei den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit befeuert die Nachfrage nach Hanf. Angefangen beim Wachstum, über die Verarbeitung bis hin zur Verwendung, Hanf hat der Umwelt viel zu geben und nimmt ihr dabei so gut wie nichts. Dieser Tatsache ist sich Daniel Kruse schon lange bewusst. Er besitzt mehrere Firmen, die Hanf verarbeiten, und die mit und von der Nachhaltigkeit dieser wunderbaren Pflanzen leben.
Daniel Kruse arbeitet seit über zwanzig Jahren mit Hanf. Umweltschutz war für ihn schon in der Jugend ein wichtiges Thema. Seine Ziele für die Ökologie wollte er nicht nur aktionistisch verfolgen. Er wollte sie auch mit wirtschaftlichem Erfolg verbinden. Zunächst studierte Kruse, nach erfolgreichem Abschluss einer Ausbildung bei der Bank, noch Betriebswirtschaftslehre. Bei seinem Nebenjob in der Fahrbereitschaft der Bank, in der er die Lehre absolviert hatte, stieß er in einem Magazin auf eine Reportage über Hanf als Rohstoff.
Der ausführliche Bericht über die Möglichkeiten und Vorteile überzeugten Kruse vom Prinzip der Nachhaltigkeit bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit, die Hanf repräsentiert.
Unsere Idee war, möglichst CO₂-neutral und umweltfreundlich zu produzieren.
Daniel Kruse
Nach vertiefenden Recherchen eröffnete Daniel Kruse als Lizenznehmer das Hanfhaus in Düsseldorf und arbeitete in den Folgejahren auch als Mitarbeiter bei der Hanfhaus GmbH. Dort startete seine Erfolgsgeschichte, die durchweg mit Hanf verbunden ist.
Nach der Insolvenz der Hanfhaus GmbH gründete Daniel Kruse zunächst die Hempro International und bis heute mehrere Unternehmungen, die sich mit Hanf als Lebensmittel, Futtermittel, Textil oder als Rohstoff befassen. Dazu gehören bekannte Namen wie Hemp Factory, Hemp Consult, Hanf Farm oder Medical Hemp. Mittlerweile erwirtschaften seine Unternehmen einen Umsatz von mehr als 12 Millionen Euro in einer Branche, die noch bis vor wenigen Jahren als Nischenmarkt betrachtet wurde. Bei aller Wirtschaftlichkeit hatten Daniel Kruse und seine Firmen eines nie aus dem Auge verloren – die Prinzipien der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes. Um für die Hanfwirtschaft die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen, setzt er sich als Präsident der European Industrial Hemp Association auch politisch ein. Da das alles nach einem mehr als vollen Terminkalender klingt, sind wir besonders froh, dass Daniel Kruse sich Zeit für unsere Fragen genommen hat.
Hanf Magazin: Im Image Film der Hemp Factory kann man einige Einblicke gewinnen, wie dort im großen Maßstab mit Hanfsamen gearbeitet wird. Es werden unter anderem Hanfprotein und geschälte Hanfnüsse hergestellt und abgefüllt. Die Dimensionen sind schon sehr beeindruckend. Wie lange hat es gedauert von der Gründung des Unternehmens bis zum Zeitpunkt, an dem Ihr mit solchen Mengen arbeiten konntet?
Daniel Kruse: Die Hemp Factory hat 2014 klein angefangen in Kroppenstedt, mit nur einer Proteinanlage. Wir mussten uns im Bereich Hanf alles selbst beibringen – also „learning by doing“. Wir haben dann diese Erfahrungen und unser hauseigenes Qualitätsmanagement genutzt, um die eigene, rein dem Hanf gewidmete Produktion an verschiedenen Standorten aufzubauen. Als Konsequenz davon sind wir 2017/2018 schließlich nach Borken umgezogen und haben dort die entsprechenden Kapazitäten an einem Standort gebündelt. Seitdem haben wir den Maschinenpark stark ausgebaut (Entkeimung, spezielle Pressverfahren, etc.).
Hanf Magazin: Die Hemp Factory arbeitet mit Fotovoltaik, also mit Solarstrom. Welchen Anteil an der Stromversorgung der Produktion macht das aus? Waren solche Technologien schon von Beginn an Teil des Konzepts?
Daniel Kruse: Als wir Hemp Factory in Borken geplant haben, wollten wir etwas anders machen. Unsere Idee war, möglichst CO₂-neutral und umweltfreundlich zu produzieren. Dies wurde bei der Umsetzung und weiteren Entwicklung konsequent verfolgt. Wir können vollständig mit Solarenergie produzieren.
Hanf Magazin: Gibt es noch andere Umweltkonzepte, die schon jetzt oder auch in Zukunft in Deinem Geschäftsbereich ein Rolle spielen werden?
Daniel Kruse: Umweltschutz und Nachhaltigkeit waren bei Hempro von Anfang an ein wichtiger Punkt. Wir versuchen Papier einzusparen und nutzen ungebleichtes Recyclingpapier. Generell gilt es bei uns, Abfall zu vermeiden. Reinigungs- und Waschmittel sind biologisch abbaubar und umweltfreundlich, ebenso wie der Großteil unserer Verpackungsmaterialien. Regionalität ist ein wichtiger Aspekt. Für einen ständig wachsendem Teil unserer Lebensmittelproduktion verwenden wir Hanfsamen aus europäischem und deutschem Anbau. Mit unserm Partnerunternehmen HANF FARM treiben wir den Hanfanbau in Deutschland voran. HANF FARM ist dabei auch aktiv in der Saatgutentwicklung, um Sorten zu entwickeln, die optimal auf deutsche Anbaubedingungen angepasst sind.
Hanf Magazin: Was ist aktuell das umsatzstärkste Produkt in Bezug auf die Menge? Sind Lebensmittel für den Menschen eher gefragt, oder sind es Futtermittel für Tiere?
Daniel Kruse: Hanf erlebt dank seiner vielen ernährungsphysiologischen Vorteile eine wahre Wiederentdeckung im Bereich der Lebensmittel und wird inzwischen als Superfood gehandelt. Besonders das Hanföl ist sehr gefragt. Sowohl im Bereich der Endverbraucherprodukte als auch der Lebensmittelrohstoffe besteht eine große Nachfrage. Ein Vorteil der Hanfpflanze ist, dass sie vollständig verwertet werden kann. So fällt auch bei unserer Produktion kein Abfallprodukt an. Nebenprodukte wie Hanfsamen-Schälkleie verkaufen wir als Futtermittel. Dies macht einen kleineren, aber wichtigen Teil der Wertschöpfung aus.
Hanf Magazin: Wie steht es um die Auslastung der Fabrik in Borken? Ist sie auf ihre maximalen Kapazitäten eher auf die Zukunft ausgerichtet oder wird sie gerade dem aktuellen Bedarf gerecht? Wie geht es weiter, wenn die Nachfrage die Produktionskapazitäten übersteigt? Kann in Borken noch aus- oder angebaut oder müsste in dem Fall ein neuer Standort erschlossen werden?
Daniel Kruse: Auch wenn unsere Produktionsstätte in Borken hochmodern ist und bereits erweitert wurde, steht sie noch in den Anfängen. Aktuell ist die Produktion gut ausgelastet. Wir beobachten den Markt und erwarten einen Anstieg der Nachfrage. Unsere Kapazitäten können wir entsprechend anpassen. Der Hallenpark in Borken hat noch einige weitere Hallen, sodass einer Erweiterung der Produktionsstätte nichts entgegenstünde.
Hanf Magazin: Hanfsamen gibt es schon seit Langem zu kaufen, wenn auch eher als Vogelfutter. Die Assoziation von Lebensmitteln und Hanf ist nicht neu. Trotzdem trifft Hanf heute auf einen anderen Markt und es gibt nun einen größeren Bedarf nach Hanfprodukten. Woran liegt es, dass es jetzt eher einen großen Absatzmarkt für Hanf gibt? Waren wir beispielsweise in den 90ern noch nicht reif dafür?
Daniel Kruse: Wir erleben seit einigen Jahren ein wachsendes Bewusstsein für einen gesunden, umweltfreundlichen und nachhaltigen Lebensstil. Dies hat sowohl die Nachfrage als auch die Produkte auf dem Lebensmittelmarkt verändert. Superfoods, Clean Eating und der CO₂-Footprint sind etwa Begriffe, die vor 15 Jahren noch kaum präsent waren. Der Anbau von Hanf war zudem bis 1996 in Deutschland verboten.
Die Vielseitigkeit und die wertvollen Eigenschaften des Nutzhanfs waren weitgehend in Vergessenheit geraten, vielmehr wurden mit dem Begriff Hanf, sogar mit Nutzhanf, Drogen wie Haschisch oder Marihuana assoziiert. Noch heute ist der Nutzhanf erklärungsbedürftig. Die Zahl der Unternehmer und Endverbraucher, die über die Verwendungsmöglichkeiten und die wertvollen Inhaltsstoffe des Hanfes informiert sind, wächst jedoch kontinuierlich. Hanf ist daher inzwischen bei den meisten als Lebensmittel angekommen. Selbst das dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstehende Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) hat Hanf ausdrücklich als Trendlebensmittel anerkannt.
Mit Hanf bieten wir ein ideales Lebensmittelprodukt, das sich sicher dauerhaft auf dem Lebensmittelmarkt etablieren wird.
Daniel Kruse
Hanf Magazin: In welchem Ausmaß hat sich die Nachfrage nach Lebensmitteln auf Hanfbasis gesteigert? Ist das ein Bestandteil der Veganismus-Bewegung, der Fitness-Welle oder der zunehmenden Anzahl an Menschen mit diversen Lebensmittelunverträglichkeiten? Oder ist es doch eher ein Zeichen des Wandels im Bewusstsein der Gesellschaft?
Daniel Kruse: Vermutlich von jedem etwas. Sowohl die Anzahl derjenigen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren als auch derer, die auf ihre Gesundheit achten, wächst aus verschiedenen Gründen kontinuierlich. Zudem haben viele Menschen aufgrund von verschiedenen Einflüssen Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien entwickelt. Lebensmittel mit und aus Hanf eignen sich für beide Gruppen, z. B. als rein pflanzliche Proteinquelle für Vegetarier bzw. Veganer. Zudem ist Hanf gluten- und allergenfrei, wodurch er auch für Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten hervorragend geeignet ist. Als nachhaltiger Rohstoff passt er in den Wandel der Gesellschaft zu mehr Umweltbewusstsein.
Hanf Magazin: Woher weiß man, dass man es nicht mit einem kurzzeitigen Hype zu tun hat, sondern mit einem langfristigen Trend hin zur Ernährung unter Einbezug von Hanflebensmitteln?
Daniel Kruse: Jedes Produkt durchläuft einen Produkt-Lebenszyklus, das ist bereits bei verschiedenen Hanflebensmitteln so gewesen und wird auch bei anderen noch so sein. Ich schließe jedoch aus, dass die generelle Nachfrage gravierend zurückgeht. Hanf steht bei verschiedensten Kulturen seit Jahrhunderten auf dem Speiseplan. Es ist somit im wahrsten Sinne des Wortes eine Wiederentdeckung. Und mit Hanf bieten wir ein ideales Lebensmittelprodukt, das sich sicher dauerhaft auf dem Lebensmittelmarkt etablieren wird.
Hanf Magazin: Die meisten Produkte der neuen Hanflebensmittel haben mit Hanfsamen zu tun und belassen diese bisher relativ unverarbeitet. Glaubst Du, dass bald vermehrt Produkte auf den Markt kommen, bei denen die Hanfsamen eine Zutat innerhalb einer komplexeren Rezeptur sein werden?
Daniel Kruse: Das ist bereits der Fall und eine Steigerung ist zu erwarten. 2018 hat Ritter Sport eine Sonderedition mit unseren Hanfnüssen herausgebracht, die innerhalb kürzester Zeit ausverkauft war. Es folgten Doppelkekse von Leibniz mit Hanfnüssen und der Bruzzler mit Hanf. Alles Sondereditionen, die aber durchweg gut vom Kunden angenommen wurden, sodass auf in Zukunft sicher eine Vielzahl von Lebensmittelprodukten mit Hanf dauerhaft angeboten werden. Wir bieten bereits seit einigen Jahren Hanfschokoladen und Riegel mit Hanfsamen unter unserer eigenen Marke HANF FARM an. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Backwarenindustrie mit all den Bäckereien, die sich von der Konkurrenz abgrenzen wollen. Auch hier beobachten wir eine wachsende Vielfalt von Backwaren, in denen Hanfrohstoffe verwertet werden (Hanfmehl, Hanf Proteinpulver, Hanföl oder Hanfnüsse). In der Nahrungsmittelindustrie könnte zukünftig das Hanf-Proteinpulver zur Steigerung des Eiweißgehaltes verschiedener Lebensmittel auf gesunde Weise beitragen.
Hanf Magazin: Du bist bei der European Industrial Hemp Association (EIHA) Mitglied und seit 2013 auch im Vorstand. Wie hat sich dieser europäische Verband der Hanf verarbeitenden Industrie seitdem entwickelt? Kann man das Wachstum in Zahlen der Mitglieder oder in der Anbaufläche ausdrücken?
Daniel Kruse: Die Anzahl der Mitglieder hat sich sehr positiv entwickelt. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass wir aus Kapazitätsgründen 2017 eine neue, größere Lokalität für unsere jährliche EIHA-Conference finden mussten. Inzwischen sind wir weiter gewachsen, sodass wir evtl. bald wieder suchen müssen. Das Wachstum kann in verschiedenen Zahlen ausgedrückt werden. Dank der wachsenden Anzahl von Anbauflächen und Unternehmen, die sich in der Hanfbranche bewegen, wächst auch die Anzahl der Mitglieder in der EIHA.
Hanf Magazin: Haben sich mit den jüngsten politischen Entwicklungen, den globalen Hanf- und Cannabis-Legalisierungen oder dem CBD-Boom, auch die Aufgaben der EIHA verändert? Beschäftigt Ihr Euch zum Beispiel mit der Novel Food Verordnung?
Daniel Kruse: Es gibt in der Tat mehr politische Aufgaben. Zum einen geht es um die Novel Food Verordnung und um CBD in Lebensmitteln. Ein anderer wichtiger Aspekt der Arbeit sind die veralteten und unnötig strengen THC-Richtwerte für Hanflebensmittel, die uns als Verband beschäftigen.
Hanf Magazin: Welchen Einfluss haben Verbände, die sich mit Hanf auseinandersetzen, auf die europäische Politik? Kann man die Hanfbranche mit anderen Industriezweigen Europas vergleichen, die sich bemühen Politik durch ihre Lobbyarbeit mitzugestalten?
Daniel Kruse: Aktuell sind wir in Brüssel sehr aktiv in Bezug auf CBD und die Novel Food Verordnung. Da haben wir bereits erste Erfolge erreichen können. Aber natürlich sind wir generell sehr aktiv in allen Belangen der Hanfbranche. Es besteht wohl keine Zweifel daran, dass das Engagement von Daniel Kruse auch in der Zukunft dem Hanf und seiner vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten gewidmet sein wird. Die Nachfrage nach Hanf als Lebensmittel oder auch als Rohstoff für viele andere Produkte wird entsprechend dem Zeitgeist weiter ansteigen.
Die Politik in Deutschland, Österreich oder der gesamten Europäischen Union wird vor dieser Tatsache nicht ewig die Augen verschließen und weiterhin den weniger umweltverträglichen Ressourcen den Vorzug geben können. Dafür ist das Potenzial der Hanfpflanze zu groß und die Möglichkeiten zu vielseitig. Menschen wie Daniel Kruse realisieren das mit der Hemp Factory und den vielen anderen Unternehmungen, durch die Hanf im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde sein wird.