In unserer Gesellschaft denken wir oft in einem Schubladensystem. Wer will, der bringt es wozu und wenn nicht, wollte man auch nicht wirklich und ist selbst schuld. Oder: Wer kifft und zur Hanfszene gehört, der hat als ungepflegtes „Blumenkind“ sein Leben verwirkt und stirbt den Herointod.
Aber was genau ist die Hanfszene? Dazu äußerte der vielen bekannte psychonautische Drogenforscher und Buchautor Markus Berger für die Ausgabe 03/2014 der THCene einige Gedanken.
„Dann gibt es noch die sogenannte Hanfszene. Die existiert meiner Meinung nach nicht.“
Gibt es also keine Hanfszene?
Das hört sich leider nicht gut an, wird von sehr vielen jedoch genau so erlebt. Dennoch gibt es so etwas wie eine Hanfszene, die jedoch eine Mischszene ist. Es gibt hier auch die Klischeekiffer, die albern lachen, in den Tag hineinleben und nicht über den Monat kommen. Viele davon sind jedoch in der „harten Phase“ zum Erwachsenwerden, die andere mit Alkohol auch nicht besser bewältigen.
Dann gibt es jedoch auch den Studenten oder Intellektuellen, der anstelle vom Rotwein lieber einen Joint raucht, um seine Gedanken zu beflügeln. Es gibt sehr viele unauffällige Kiffer, die sich produktiv und konstruktiv an unserer Welt beteiligen. Weiterhin gibt es Mischkonsumenten, die neben dem Cannabis auch Alkohol oder leider auch andere Substanzen konsumieren.
Dann finden sich viele, die mit Cannabis eben den Ausstieg zum Alkohol oder harten Drogen schafften. Gewiss müssen hier auch die „Weltverbesserer“ erwähnt werden, die den Weltfrieden herbeikiffen und mit Hanf zugleich die Erde retten wollen.
Eine sehr große Gruppe unter den Kiffern sind jedoch die Patienten. Und sehr viele dieser Kiffer kiffen eben nicht von morgens bis abends und häufig sogar nur alle paar Wochen mal. Vermutlich könnte man „noch mehr Schubladen aufmachen“.
Die Hanfszene ist also eine Mischszene. Hier haben nicht alle Dreadlocks und hören Bob Marley. Vielen kann es wirklich nicht angesehen werden, viele lassen es aus gutem Grund nicht jeden wissen. Und in dieser Mischszene treffen eben alle aufeinander. Sie haben ganz unterschiedliche Leben, ganz verschiedene Konsumgründe und passen oft gar nicht zueinander. Es sind natürlich auch Personen dabei, die einfach planlos sind, mit denen nicht zielstrebig gearbeitet werden kann.
Dann sind viele Patienten sehr schwierig, da sie häufig nicht anders können. Weiterhin wollen die „Spaßkiffer“ keine ernüchternde Legalisierungsarbeit leisten. Diese Mischszene ist also derart verschieden, dass sie nicht in eine Schublade passt. Tendenziell sind Kiffer zudem etwas Links ausgerichtet sowie sie sich nicht gerne gleichschalten lassen. Das bedeutet, dass jeder seinen eigenen Kopf hat. Sind zudem viele dieser Kiffer noch empfindlich, muss es fast automatisch Unstimmigkeiten geben, die im Streit enden können.
Sind Kiffer streitsüchtig?
Es gibt natürlich Psychiater oder Pädagogen, die erklären, dass Kiffer schnell gereizt und nicht belastbar sind, man mit ihnen deswegen nicht vernünftig reden kann und sie erst einmal einen körperlichen und auch psychischen Entzug machen müssen. Aber mal ganz offen: Wer würde schon mit ruhigem Ton mit diesen Leuten aus der „Marihuana ist der Mörder der Jugend“ Märchenwelt reden können? Bei diesen Positionen, mit denen diese Kreise Mauern um uns herumbauen, kommt immerhin keine gute Laune auf.
Ansonsten haben Kiffer doch den Ruf, dass sie sehr friedlich sind und man mit ihnen kaum „Stress“ bekommen kann. Man kann mit ihnen vielleicht auch streiten. Aber danach muss man nicht den Verbandskasten herausholen.
Normale Kiffer sind gewiss nicht streitsüchtig, sie können jedoch ihre Positionen gehässig vertreten. Auch wenn die Kifferszene eine Mischszene ist und es eben keinen geschlossenen Dachverband gibt, der überall die Fäden zieht, so gibt es doch meist „Zellen“, in denen es harmonisch zugeht. Ob es Spaßkiffer sind, die gemeinsam Festivals besuchen, Aktivisten, die eine Demo organisieren oder Patienten, die sich unter einander austauschen. Auch in diesen Zellen kann man sich streiten und häufig doch wieder zum Alltag zurückfinden.
Wenn das alles nicht so wäre, dann wären Kiffer immerhin keine normalen Menschen. Oder ist es in anderen Kreisen immer alles einheitlich und friedlich? Sind vielleicht alle Leute, die dem Alkohol oder Tabak zugetan sind, gleich?