Geduld ist bekanntlich eine Tugend mit Aussicht auf Belohnung. Ab 1. April 2024 erfüllt sich dieses Versprechen nun auch für die so lange überfällige Legalisierung von Cannabis in Deutschland. Nach der finalen Entscheidung für eine neue Gesetzgebung durch den Bundesrat dürften Befürworter von THC zur Feier des Tages sicher mehr als nur einen Joint anzünden.
Geduld ist aber zugleich oft schwierig und kaum aufzubringen, wenn staatliche Maßnahmen in Gestalt einer fatal unwissenschaftlichen Drogenpolitik jahrzehntelang praktisch ohne Widerspruch das Leben zahlreicher Menschen zerstört. Fällt der Schlussstrich unter das einstige Unrecht dann ziemlich dünn aus, sind keineswegs alle Bürger so happy wie vielleicht zu erwarten. Auch das gegenseitige Schulterklopfen in der Bundesregierung wirkt beim Thema Hanf eher wie Zufriedenheit über die Verteilung der berühmten Brosamen als tatsächlich verdient und angebracht.
Was bringt die unausgegorene Freigabe für Cannabis konkret?
Sind Probleme bei der Umsetzung vom neuen „Cannabisgesetz“ (CanG) praktisch vorprogrammiert oder vielleicht sogar eingeplant? Desinformation statt Aufklärung gilt in puncto Hanfpflanze vielen selbst ernannten Eliten im Land schließlich als vollkommen normal. Immer noch zirkulieren jede Menge Fake News, werden mittlerweile umfassend widerlegte Behauptungen über Haschisch und Marihuana schamlos weiter verbreitet, seltene Risiken zum Regelfall aufgeblasen oder wichtige Studien zum Thema einfach ignoriert.
Viele dringend nötige Maßnahmen wie die Neubewertung von THC beim Autofahren bis Entschädigungszahlungen an Justizopfer finden auch im Gesetzesentwurf der Ampel überhaupt keine Erwähnung. „Cannabis, quo vadis?“ lautet einmal mehr die Frage! Verheißt die Legalisierung echten Fortschritt oder doch nur eine bürokratisierte Fehlzündung mit Ansage?
Absurde Willkür: Rückblick auf die völlig gescheiterte Verbotspolitik für Hanfprodukte
Mehr als 60 Jahre ist es her, dass per UNO-Abkommen Verbote von berauschenden Drogen geschlossen wurden, durch praktisch alle Staaten dieser Welt und fast durchgehend bis heute aufrechterhalten. Cannabis nahmen Regierungen für diesen langen Zeitraum genauso in Haftung wie Heroin, Kokain und viele weitere Substanzen, ließen aber ausgerechnet mit Tabak und Alkohol zwei der nachweislich gefährlichsten Suchtgifte weiter ohne Einschränkungen zirkulieren. Allein diese bereits damals gänzlich willkürliche Einstufung reicht aus, um die Drogenpolitik seit 1961 scharf zu verurteilen und das überholte „Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel“ in der nächsten UN-Vollversammlung umgehend neu zu verhandeln.
Behörden und Parlamente verstrickten sich beim Cannabis in so gigantische Schwindeleien, dass dessen angeblich nötige Überwachung ein ganzes Heer von Beamten und Politikern aushält, fürstlich bezahlt durch Steuergelder und aus Dankbarkeit stets bereit, THC-Konsumenten zu jagen wie sonst nur Terroristen und Serienmörder.
All das wohlgemerkt, obwohl Marihuana und Hanfpflanzen zu den ältesten Formen der Heilkunst überhaupt gehören und als Genussmittel beliebt sind, weil eben kein Kater am Tag nach der Einnahme wartet und auch niemand elendig röchelnd verreckt wie nicht selten durch das Rauchen von Zigaretten. Was sich zumindest am Anfang vielleicht noch als Unwissenheit abtun ließe, wurde im Laufe der Jahrzehnte zu einem handfesten Skandal im Land, von den Medien und jeder Regierung entweder verschwiegen oder sogar gezielt verstärkt.
Bis zum heutigen Tag müssen Cannabinoide und ihre User herhalten, wenn mal wieder ein Feindbild gebraucht wird, und eine schnelle, unkomplizierte Ablenkung von Problemen. Bürger bekommen null Aufklärung zum Cannabis garantiert, sondern jede Menge illustre Horrorstorys serviert, mit Hodenkrebs für die Männer, behinderten Babys für die Frauen und selbstverständlich durch Gras in ihrer Existenz im Ganzen bedrohte Kinder und Jugendliche. Für Teenager bleibt THC selbstverständlich riskant und zu Recht verboten. Für Erwachsene drohen deutlich weniger Gefahren als hierzulande berichtet. Das kann die moderne Forschung ähnlich exakt nachweisen wie angeblich unvermeidliche Kiffer-Psychosen als eine eben eher seltene Folge von Extremkonsum im Jugendalter.
Während sich Schwarze und Schwule glücklicherweise schon lange über mehr Respekt freuen und niemand mehr ungestraft Fake News über deren Lebensgewohnheiten verbreiten darf, ging und geht beim Kiffer an Schikane praktisch alles. Völlig egal, was die Wissenschaft vielleicht herausfindet und zur Not gerne frech begründet, mit Verweis auf jene aus der Zeit gefallenen Abkommen bei der UNO Anfang der 1960er-Jahre! Auch die aktuelle Bundesregierung wurde für ihre Legalisierungspläne zum Hanf massiv beschimpft, beleidigt, beschworen und schaffte es nicht mit einer echten Freigabe, beseitigt aber durch das neue Cannabisgesetz (CanG) immerhin das gröbste Unrecht und ersetzt totale Willkür künftig durch halbwegs milden Paternalismus.
Neue Regeln für Cannabinoide und viele ungelöste Fragen
In Deutschland dürfen Erwachsene ab dem 1. April, kein Scherz, nun bis zu 50 Gramm Haschisch und Marihuana zu Hause lagern und immerhin 25 Gramm solcher Hanfprodukte auch unterwegs mitführen. Diese Volumina kommen gerade durch einen Eigenanbau von bald bis zu drei legalen Cannabispflanzen rasch zusammen, wobei sich Hobby-Bauern außerdem in Vereinen, den sogenannten „Cannabis Social Clubs“ für eine gemeinsame Zucht organisieren dürfen. Strikt geahndet werden soll der öffentliche Konsum in der Nähe von Schulen und Kindergärten. Es wird spannend zu schauen, ob auch die bisher so unnachgiebige Justiz bei einer Überschreitung der genannten, legalen Besitzmengen endlich gerechter urteilt.
Wer sich die Details vom CanG der Ampelkoalition ansieht, erkennt eine ganze Reihe von Fallstricken, die windige Staatsanwälte und Richter hoffentlich nicht derart hinterlistig verdrehen, wie das heute häufig bei rauschfreien CBD-Blüten gängige Praxis ist. Immerhin wird Schikanieren für fiese Behörden nie wieder so leicht wie früher, auch wenn unsere Bundesregierung mal wieder mit einem neuen Gesetz auf halber Strecke stehen bleibt.
So fehlen etwa Veränderungen im Straßenverkehrsrecht bei einer Nachweisbarkeit von THC. Diese Cannabinoide lassen sich wochenlang im Organismus aufspüren, wirken jedoch bereits nach wenigen Stunden nicht mehr nachteilig auf die Fahrtüchtigkeit. Leider ist es rund um Strafen und drohendem Führerscheinentzug derzeit allzu üblich, beim Entdecken von THC vor Gericht maximal zuungunsten der Angeklagten zu entscheiden und Blutwerte mit Realitäten zu verwechseln.
Zwar dürften entsprechende Studien über die mangelhafte Aussagekraft von Drogentests mittlerweile auch dem Amtsschimmel bekannt sein, doch bis dato waren noch keine Forderungen nach mehr Realismus bei staatlichen Sanktionen gegen bekiffte Autofahrer zu hören. Auch nicht vom normalerweise zuständigen, angeblich liberalen Bundesjustizminister Buschmann. Trotzdem: Mutige Beharrlichkeit, wie sie der engagierte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gezeigt hat, kann selbst den berühmten Schrecken ohne Ende stoppen.
An einer Ampel auf wirklich freie Fahrt zu warten, dürfte viel besser werden als Jahrzehnte im Stau vom Kreisverkehr einer gruseligen Anti-Marihuana-Gesetzesgebung. In diesem Frühling des Jahres 2024 bekommen so lange geschundene Liebhaber der Hanfpflanze ein Stück Freiheit zurück! Und weil durch das Cannabisgesetz zumindest die extra perfide Drangsalierung endlich beerdigt wird, verdient die sonst häufig zu Recht kritisierte Bundesregierung auch mal ein kleines Lob und vor allem ein Dankeschön!
Quellen und weiterführende Links
Single Convention on Narcotic Drugs: unodc.org/pdf/convention_1961_en.pdf