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Im Jahr 2013 habe ich ein Blog geschrieben, das noch immer häufig gelesen wird, der Titel lautete: „CBD zu verkaufen, aber wer braucht es?“ Wer es braucht, sind Leute mit Angststörungen, Schmerzen, ADHS, bipolaren Störungen, Menstruationskrämpfen, Depressionen, etc. CBD hat sich, auch getrennt von seinem natürlichen Kohorten THC, als weitreichend nützliche Substanz herauskristallisiert. Die Struktur von CBD wurde bereits 1963 von Raphael Mechoulam untersucht, etwa zur selben Zeit analysierte sein Forscherteam auch die molekulare Struktur von THC. Jahrzehntelang wurde Cannabis nur mit THC in Verbindung gebracht. Heute, im Jahr 2018, ist jedoch CBD die Königin der Cannabinoide, welche THC vom Thron gestoßen hat.
Harelquin clones war die erste CBD-reiche Sorte, zu der wir im Norden Kaliforniens Zugang hatten. Als ich 2009 und 2010 die ersten fragilen Pflänzchen davon kaufen wollte, schenkten mir die zuständigen Mitarbeiter der Harborside Dispensary Oakland welche und gaben mir entschuldigend zu verstehen, dass sie ohnehin niemand wolle und es ihnen daher nicht möglich wäre, sie zu verkaufen. Diesen Winter gab es bei der ICRS in Montreal oder auch bei der IACM in Köln bereits wesentlich mehr Forschungsbeiträge zum Thema CBD als zu THC. Somit rangiert CBD heute glasklar über ihrem kleinen Bruder THC.
Warum aber ist dem so? Es sind puritanische und restriktive Weltmächte, die der Psychoaktivität an sich misstrauen und diese grundsätzlich und einzig mit eskapistischem Genuss gleichsetzen, welche dem THC ungeniert Schäden nachsagen, die wissenschaftlich keineswegs belegt sind. Jetzt haben sie sich, da sie durch einige Cannabisbestandteile, welche die herausragende heilsame Qualität von Cannabis aufgezeigt haben, dazu gezwungen waren, widerwillig dazu entschieden, CBD als Lösung voranzutreiben. Durch effektive Missdeutungen und die Verzerrung von Fakten wird CBD heute als der „gute“ Teil von Cannabis hingestellt, während THC den „bösen“ Part spielen muss. CBD ist auch definitiv ein positiver Bestandteil von Cannabis, aber ebenso ist es mit THC und rund 110 anderen, kleineren Cannabinoiden, deren Identität und Vorteile erst jetzt nach und nach entdeckt und genutzt werden.
Rigide Menschen und Systeme fühlen sich unangenehm von allem Psychoaktivem berührt. Die nachgewiesenen positiven Effekte von Cannabis auf die menschliche Gesundheit bringen diese repressive Anschauungsweise jedoch in ein Dilemma. Konservative Gruppierungen bewerben CBD und lassen THC dabei außen vor. Es wäre jedoch fatal, wenn das medizinische Zugpferd der gesamten Pflanze, und im Speziellen das von THC, aus diesen positiven Nachweisen von Cannabis einfach exkludiert werden würde, schlichtweg, weil man sich davon eingeschüchtert fühlt. Wie ich vor Kurzem bereits auf der CannaTech in Tel Aviv zur Diskussion gestellt habe, werden wir versagen, wenn wir den breiten Konsum von THC verbieten.
Meine Firma Constance Therapeutics nutzt CBD, THC sowie viele andere unbekanntere Cannabinoide, welche die ganzheitlichen Extrakte jener Pflanze ausmachen, die wir in den vergangenen zehn Jahren erforscht haben. Moderne klinische Kräuterexperten öffneten die Methodik für die Erforschung der Gesamtpflanze. Als ich 2008 damit anfing, Cannabis zu erforschen und damit zu arbeiten, habe ich mir zunächst Wissen über Kräuter im Allgemeinen und über spezifische Kräuterpraktiken angeeignet. Das daraus erlangte Wissen nutzte ich, um zu verstehen, wie man die bioaktiven Komponenten dieser Heilpflanze konzentrieren kann.
Dankenswerterweise haben mir diese Studien die unterschiedlichen Herangehensweisen hinsichtlich synthetisch hergeleiteter und isolierter Bauteile bei traditionellen allopathischen Medikamenten aufgezeigt, also zwischen jenen, die der Arzt verschreibt und jenen, die man in den Apotheken kaufen kann. Die Philosophie der pharmazeutischen Wissenschaft setzt auf einen isolierten Baustein, der nur EINEN Effekt auf den menschlichen Körper hat und meist aus Petrochemikalien besteht, die zuvor in eine molekular identische Einheit verwandelt wurden. Sie steht in krassem Kontrast zu jener der klinischen Pflanzenkunde, die auf Synergien setzt. Die Nutzung von Synergien zeigt, dass sich eine pflanzenbasierte Verbindung höchst effektiv auf den Gesundheitszustand oder auf biologische Prozesse auswirken kann. Wird nun eine der bioaktiven Komponenten aus dem Extrakt entnommen, kann die Verbindung dadurch jegliche Wirkung verlieren.
So können Verbindungen mit 20 Inhaltsstoffen etwa eine dramatische Wirkung erzielen, während 19 der Substanzen ohne diese Zwanzigste überhaupt keine Wirkung zeigen mögen. Die Zwanzigste wirkt wiederum nicht ohne das Zutun der anderen. In der Cannabisforschung nennen wir diesen Effekt den „Entourage-Effekt“. Ben-Shabat prägte den Begriff in seiner Arbeit über die Cannabisforschung, in der er postulierte, dass die einzelnen Bestandteile der Pflanze effizienter wirken, wenn man ihre natürliche Koexistenz zulässt. Der frühere medizinische Direkter von GW Pharma, Ethan Russo, verhalf dem Begriff schließlich zu Bekanntheit. In der brillanten Arbeit von Roger Pertwee an der University of Edinburgh wird er schließlich wunderbar veranschaulicht. Professor Pertwee zeigte auf eindrucksvolle Weise, dass Extrakte der ganzen Pflanze in seinen Versuchen definitiv besser abschnitten, als Phyto- und Endocannabinoide. Noch deutlicher zeigte sich der Effekt in vitro im Vergleich von synthetisch reproduzierten Cannabinoiden und Glioblastomen Krebszellen.
Auch in einem 2009 veröffentlichten Bericht über die Synergienforschung in der Pflanzenmedizin konnten Forscher die offensichtlichen pharmakologischen und therapeutischen Vorteile von Wirkstoffkombinationen gegenüber isolierten Einzelbestandteilen begründen. Es wurden vier Grundmechanismen definiert, die bei Synergien von ganzheitlichen Pflanzenextrakten auftreten, welche auch auf Cannabis übertragen werden können. Laut MedicalJane.com handelt es sich dabei um die folgenden vier:
- die Fähigkeit, in mehreren Bereichen des Körpers zu wirken
- die Fähigkeit, die Absorption der aktiven Inhaltsstoffe zu verbessern
- die Fähigkeit, bakterielle Abwehrmechanismen zu überkommen
- die Fähigkeit unerwünschte Nebeneffekte zu minimieren
Ich zähle jenen Augenblick zu den zufriedenstellenden Errungenschaften meines Lebens, als ich nach der erfolgreichen Extraktion eines CBD-reichen Cannabiskonzentrats ein leistungsstarkes, anstatt ein euphorisierendes Cannabiskonzentrat erhielt, das sich auch abseits der bekannten Wirkung von THC als hilfreich herausstellte. Ich wäre sehr enttäuscht, wenn meine Firma Constance Therapeutics und ich, als Pioniere auf dem Gebiet der CBD- und medizinischen THC-Extraktion, nicht in der Lage sein sollten, euch, den wachsenden Konsumenten des modernen, nachweislich wirksamen Cannabis, nahezubringen, dass THC das wahre Zugpferd der Cannabispflanze ist und entsprechend ein wertvoller Bestandteil von jeglichen CBD-Extraktionen aus Gesamtanlagen sein sollte. Bereits geringe Mengen an THC verbessern die Effizienz von CBD-reichen Produkten um ein Vielfaches. Unsere legalen CBD-reichen Extrakte, mit denen wir in Kalifornien zu arbeiten begonnen haben, weisen etwa ein Verhältnis von 20:1 auf. Es setzt sich somit aus 68 Prozent CBD und 3,07 Prozent THC zusammen. Konsumenten erleben beim Konsum somit nicht das „High-Gefühl“ von THC, jedoch die Effizienz seiner Synergien, welche die Wirkung des CBD enorm verbessern.
Ich denke, es ist Zeit, den König und die Königin des Cannabis wieder miteinander spielen zu lassen. Gesamtpflanzenextrakte, die eine gewisse Menge an THC und CBD beinhalten, erhöhen die Wirksamkeit beider Cannabinoide auf unsere Gesundheit. Solltest du also dort wohnen, wo du THC legal kaufen kannst, rate ich dir, ein CBD-reiches Extrakt zu kaufen, das mindestens 3 Prozent THC beinhaltet. Der Synergieeffekt wird dich begeistern!
Ben-Shabat S., Fride E, Sheskin T, Tamiri T, Rhee MH, Vogel Z, Bisogno T, De Petrocellis L, Di Marzo V, Mechoulam R. (1998) An entourage effect: inactive endogenous fatty acid glycerol esters enhance 2-arachidonoyl-glycerol cannabinoid activity. Eur J Pharmacol. 1998 Jul 17; 353(1):23-31. – ncbi.nlm.nih.gov
Pertwee R. (2010) Receptors and channels targeted by synthetic cannabinoid receptor agonists and antagonists. Curr Med Chem 17: 1360–1381 – ncbi.nlm.nih.gov
Pertwee R. (2012) Targeting the endocannabinoid system with cannabinoid receptor agonists: pharmacological strategies and therapeutic possibilities. Philos Trans R Soc Lond B Biol Sci. 367(1607): 3353–3363. – ncbi.nlm.nih.gov