Aktuell stecken wir im Prozess der Cannabis Liberalisierung mal wieder in einer Phase, in der kaum etwas zu passieren scheint. Zumindest dringen in diesen Tagen nicht viele Informationen nach außen, inwiefern der umstrittene Gesetzentwurf nun bearbeitet und geändert wird, oder ob bereits die Planungen für den parlamentarischen Ablauf im Gange sind.
In dieser Phase werden die bisher bekannten Details des Gesetzentwurfs ebenso gerne diskutiert wie das Konzept der Legalisierung an sich. Im öffentlichen Diskurs mischen natürlich auch die Medien mit. Dass private Sender, Redaktionen und Rundfunkanstalten hier argumentativ sehr subjektiv Stellung beziehen, versteht sich von selbst. Wer aber glaubt, bei öffentlich-rechtlichen Medien müsste das sicher anders sein, der irrt leider.
Rundfunkbeitrag verpflichtet Sender zu sachlicher Information und Bildung
Die obligatorische Gebühr für öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist für viele Menschen eine lästige Pflicht, deren Sinn heute kaum noch jemand versteht. Nur wenige beschäftigen sich überhaupt mit der Frage nach der Gegenleistung für den Rundfunkbeitrag. Tatsächlich haben auch die Rundfunkanstalten, die dadurch finanziert sind, eine Pflicht zu erfüllen, denn dafür werden sie ja vom Volk bezahlt. Ihr Auftrag ist Information und Bildung, und das sollte man eigentlich nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn dieser Auftrag hat zwei Seiten.
Die eine Seite hat einen gewissen Ermessensspielraum, denn natürlich müssen ARD und ZDF nicht rund um die UHR Bildungsfernsehen betreiben, sondern können die Quantität mehr oder weniger selbst bestimmen. Die andere Seite der Pflicht der öffentlich-rechtlichen Sender ist allerdings das Ausschließen der Verbreitung von Unwahrheit, und hier gibt es kein Ermessen, bis zu welcher Häufigkeit Lügen doch erlaubt sind. Auch das Färben mit subjektiven Meinungen sollte von gebührenfinanzierten Rundfunkanstalten absolut unterlassen werden. Beim Thema Legalisierung von Cannabis erleben wir allerdings das totale Gegenteil.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk zeigt deutlich Anti-Cannabis-Haltung
Bereits einige Male hat unser Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sich in diversen Sendungen Kritikern und Cannabisgegnern gestellt und ihre Argumente mehr oder weniger souverän gekontert. Nicht nur einmal hat er die Einladung zu Markus Lanz angenommen und die Legalisierungspläne der Ampelregierung dort verteidigt.
Verstanden hat das keiner, denn Lanz zeigte sich nicht nur absolut unfähig, eine halbwegs neutrale Moderatorenrolle einzunehmen, wie es sich für öffentlich-rechtliches Fernsehen gehört, er hat mit suggestiven Unterstellungen, Halb- und Unwahrheiten nur so um sich geworfen. Ein logischer, nachvollziehbarer, argumentativer Austausch war hier absolut nicht möglich. Auch bekannte Cannabis-Influencer wie Vince&Weed haben sich in ihrem Content mit den Lanz Eskapaden auseinandergesetzt. Leider ist er aber nicht der einzige im öffentlich-rechtlichen Raum mit Bildungsauftrag, der sich nicht um Neutralität bemüht.
SWR mit Falschaussagen zur Gefahr durch Legalisierung
Der Südwestrundfunk SWR hat kürzlich in einem Videobeitrag und einem Artikel die geplante Legalisierung von Cannabis als Genussmittel in Deutschland thematisiert. Die Struktur der Beiträge ist so arrangiert, dass dem Rezipienten den Eindruck vermittelt wird, dass beide Positionen gleichmäßig beleuchtet werden, die der Gegner und die der Befürworter der Legalisierung. Achtet man aber genau auf die Inhalte, so ist das vermeintliche Gleichgewicht nur Illusion. Ein Polizist behauptet im SWR Video, dass „jeder unterschreiben würde, dass nach einer Legalisierung die Konsumzahlen unweigerlich ansteigen werden, ebenso die dadurch verursachten Gesundheitsschäden“.
Das ist sogar in zweierlei Hinsicht nicht korrekt. Die Erfahrungen von Regionen und Ländern, in denen Cannabis legal ist, unterstützen diese Behauptung nicht, insofern wird sie auch wohl kaum von allen unterschrieben. Da es in einem legalen Markt für Cannabis Qualitätskontrollen und auch Angaben über Wirkstoffkonzentrationen gibt, werden sich die gesundheitlichen Schäden außerdem eher minimieren als zunehmen. Dass die Aussagen des Polizisten so unreflektiert und unkorrigiert stehen gelassen werden, widerspricht doch eigentlich dem Auftrag einer öffentlichen-rechtlichen Medienanstalt.
Fehlerhafte Argumentation bleibt ohne Korrektur im Raum stehen
Doch nicht nur der SWR Videobeitrag, sondern auch der Artikel, bemühen sich nicht um sachliche Informationen. Der gleiche Polizist kommt hier, wie auch im Video, in der Diskussion mit einer Headshop-Betreiberin zu Wort. Der Beamte bekräftigt seine Befürchtungen, dass die Hemmschwelle für den verantwortungslosen Umgang mit Cannabis sinken werde, wenn die Pflanze erst liberalisiert ist.
…. so heißt es wörtlich.
Warum sollten nach der Legalisierung mehr Eltern als vorher vor ihren Kindern Joints rauchen? Diese Aussage ergibt gar keinen Sinn. Nach einer Legalisierung kann doch eine Vater oder eine Mutter unbehelligt und ohne Angst vor Strafverfolgung vor dem Haus, auf dem Balkon oder im Garten Cannabis konsumieren. Und auch jetzt schon gelangt jeder minderjährige Jugendliche schnell und unkompliziert in den Besitz von Cannabis.
Nur ist dieses Cannabis heute von der Straße, mit all den Gefahren, die das mit sich bringt. Wäre es also nicht das geringere Übel, wenn das Cannabis wenigstens aus kontrollierten Quellen käme? Doch wieder bleiben die Falschinformationen unkommentiert und werden nicht korrigiert. Am Ende des Artikels wird fälschlicherweise noch ein Argument des Polizisten der Headshop-Betreiberin zugeschoben, was ebenfalls sinnfrei und mutmaßlich ein Versehen ist.
Bei Cannabis vertreten öffentlich-rechtliche nicht die Meinung der Regierung
Tatsache ist, dass die öffentlich-rechtlichen es beim Thema Cannabis mit der Wahrheit nicht so genau nehmen. Dem verpflichtenden Auftrag, Informationen zu liefern und sachlich zu übermitteln, kommt man bislang nicht nach. Es stellt sich hier die Frage, inwieweit die deutlich meinungsgefärbten Darstellungen in Ordnung gehen und erlaubt sind, und auch, ob man das als gebührenzahlender Mensch hinnehmen muss.
Ist es nicht auch eigenartig, dass die ablehnende Haltung gegenüber Cannabis sich gegen die Pläne der amtierenden Regierung stellt? Es mag ein subjektiver Eindruck sein, aber vertreten nicht staatliche Sender in anderen Ländern die Narrative der aktuellen politischen Entscheidungsträger? Unterstützen sie nicht für gewöhnlich deren Meinung und werben für die Vorhaben? Wenn dem so ist, so scheint die aktuelle Ampelregierung für die deutschen öffentlich-rechtlichen Medienhäuser nur ein Pausenfüller zwischen zwei unionsgeführten Legislaturperioden zu sein.