In regelmäßigen Abständen gibt es in Deutschland, wie wahrscheinlich in vielen anderen Ländern auch Umfragen, welche die Stimmung der Bevölkerung gegenüber progressiver Reformen in der Cannabispolitik auffangen. Die meisten Institute, die sich mit dem Thema beschäftigen, führen alle paar Monate oder einmal im Jahr eine dementsprechende Befragung durch. Entsprechend der Ergebnisse gab es jahrelang eine deutliche Tendenz, die eine wachsende Zustimmung gegenüber einer Legalisierung von Cannabis signalisierte.
Diese Tendenz stagniert nun seit ungefähr drei Jahren, nachdem die Zahl der Legalisierungsbefürworter auf etwa 45 Prozent angestiegen war. Doch welche Macht haben solche Umfragen? Was bedeuten die Ergebnisse eigentlich? Brauchen wir eine Mehrheit für die Legalisierung, damit der Gesetzgeber tätig wird?
Die Bedeutung von Umfragen nicht überschätzen
Umfragen sind in vielen Belangen eine tolle Sache. Man erhält durch sie ein Stimmungsbild, auf dessen Basis die Person oder die Institution, die die Umfrage in Auftrag gegeben hat, dann eine Entscheidung treffen kann. Ein Unternehmen kann so zum Beispiel herausfinden, ob sie ein Produkt bis zur Marktreife entwickeln soll, ob es dafür eine ausreichende Nachfrage gibt. Die Politik kann sich auf Grundlage von Umfragen nach dem Willen des Volkes erkundigen und eventuell ein Gesetz oder Reformen auf den Weg bringen.
Aus genau diesem Grund sind Umfrage-Mehrheiten sicher auch wichtig, damit es irgendwann einmal eine Legalisierung von Cannabis geben kann, richtig? Vielleicht, doch vielleicht sind Umfragen auch nur ein Instrument, das zwar wichtig, aber für die Entscheidungsfindung nicht grundsätzlich notwendig ist. Vielleicht schätzen wir die Ergebnisse falsch ein, und vielleicht ist das auch so gewollt.
Nicht jeder Befragte ist von der Legalisierung betroffen
Was würde es denn bedeuten, wenn in Deutschland mehr als 50 Prozent der mündigen Bürger sich in Umfragen für eine Legalisierung von Cannabis aussprechen würden? Wie viele Menschen würden im Falle der Legalisierung von dieser Gesetzesänderung profitieren? Es sind nicht eben diese 50 Prozent oder mehr, sondern nur diejenigen Menschen, die Cannabis tatsächlich konsumieren. Und für die Kehrseite bedeutet das, dass nicht alle, die gegen eine Legalisierung ist, einen Nachteil durch diese Reform der Cannabispolitik hinnehmen müssten, denn es betrifft sie überhaupt nicht.
Ein 80-jähriger konservativer Rentner beispielsweise, dessen Kenntnisse bezüglich Cannabis sich auf dem Stand der 60er-Jahre befinden, wird eine Legalisierung sehr wahrscheinlich ablehnen, wenn er bei einer Umfrage danach gefragt wird. Doch eigentlich beschäftigt ihn dieses Thema überhaupt nicht, sonst wäre er ja auf den cannabisspezifischen Erkenntnissen der letzten Jahre mitbekommen hat, würde er auch in seinem Alltag mit den Folgen der Legalisierung konfrontiert werden. Aktiv hätte dieser 80-Jährige vermutlich nicht zu einer Volksbefragung bewegt, um gegen die Legalisierung zu stimmen.
Nur wenn man auf ihn mit der Frage zukommt, beschäftigt er sich damit und verneint selbstverständlich. Diese Tatsache spricht sehr für die Volksabstimmung als demokratischen Prozess zur Entscheidungsfindung, denn der interessierte Bürger muss von seinem Abstimmungsrecht aktiv Gebrauch machen, andernfalls signalisiert er durch Fernbleiben seine gleichgültig dem jeweiligen Thema gegenüber.
Instrumentalisierung der Umfragen für die eigenen Interessen
Auf die Ergebnisse von cannabisbezogenen Umfragen weisen vor allem die Gegner der Legalisierung hin. Da die Zustimmung in der Bevölkerung ja offensichtlich noch nicht von einer Mehrheit ausgeht, fehlt die Grundlage für die Änderung der Gesetze, so heißt es. Doch eigentlich sind von vielen Gesetzesänderungen und Reformen weniger als die Hälfte der Menschen betroffen.
Man benötigt keine Mehrheit, sondern lediglich eine signifikante Anzahl von Menschen, die von einer Reform profitieren würden. Dass mehrere Millionen Menschen in Deutschland Cannabis konsumieren, sollte eigentlich für die Erkenntnis ausreichen, dass ein Beibehalten des Verbots in seiner jetzigen Form einen großen Schaden bei vielen anrichtet und dass diese Millionen von Menschen gewissermaßen von der Gesellschaft ausgestoßen und kriminalisiert werden.
Überzeugungsarbeit für Cannabis macht Sinn
Selbstverständlich ist es trotz allem sehr positiv einzuschätzen, wenn der Hanfverband sich darum bemüht, mit Öffentlichkeitsarbeit die Mehrheit der Deutschen für die Legalisierung von Cannabis zu begeistern. Zum einen ist die Aufklärungsarbeit grundsätzlich wichtig, da sie die Bevölkerung mit Chancen und Risiken der Pflanze vertraut machen kann. Zum anderen sind wir nah genug an den 50 Prozent dran, dass man unbedingt versuchen muss, die Ergebnisse weiter positiv zu beeinflussen.
Immerhin könnte man damit ein weiteres Argument auf die Seite der Legalisierungsbefürworter bringen. Darum lohnt es sich auf jeden Fall auch weiterhin, wenn man in seinem Umfeld Überzeugungsarbeit leistet und Familie und Freunde zu Befürwortern der Legalisierung von Cannabis macht.