Wenn ein Arzneiprodukt einem Patienten zu besserer Gesundheit und einem Leben mit weniger Beschwerden und mehr Qualität verhilft, dann löst das sicher zunächst einmal eine gewisse Dankbarkeit aus. Bei chronischen Erkrankungen, die eine Dauermedikation notwendig werden lassen, verändert sich allerdings das Verhältnis zwischen Patient und Medikament über die Zeit.
Die Medizin erinnert den Nutzer natürlich ständig an seine Erkrankung und niemandem gefällt die Vorstellung für immer von einem medizinischen Produkt abhängig sein zu müssen. Das und die eventuell auftretenden Nebenwirkungen geben der Beziehung zwischen Patient und Medikament folglich oft eine negative Komponente. Auch Cannabis wird häufig als Therapieoption bei chronischen Leiden gewählt, das bedeutet, dass die Anwender sich zumeist darauf einstellen, für eine lange Zeit oder auch dauerhaft Cannabis als Medizin zu verwenden.
Die wenigsten wird das aber ähnlich stören, wie es bei anderen Medikamenten der Fall ist, denn die meisten Cannabispatienten verwenden ihre Arznei gerne, freuen sich sogar darauf. Auch die Branche rund um medizinisches Cannabis hat irgendwie eine ganz andere, angenehmere Atmosphäre als die Pharmaindustrie allgemein. Am Beispiel des in Toronto beheimateten, aber global aktiven Unternehmens Khiron Life Sciences kann man sehr schön verdeutlichen, wie außergewöhnlich das Medical Cannabusiness sein kann.
Wer oder was ist Khiron?
Khiron Life Sciences ist ein in Toronto, Kanada, ansässiges, vertikal integriertes Unternehmen bzw. eine Unternehmensgruppe, deren Geschäftsbereiche neben medizinischem Cannabis auch CBD-Produkte umfasst. Vor allem auf dem südamerikanischen Kontinent, in Kolumbien, Mexiko, Brasilien und Peru konnte sich Khiron sehr erfolgreich etablieren, doch auch in anderen Teilen der Welt konnte das Unternehmen Fuß fassen und so global wachsen.
Auch Cannabispatienten in Deutschland steht beispielsweise auch seit einiger Zeit medizinisches Cannabis von Khiron zur Verfügung. Vom Samen bis zum Kunden oder Patienten bedient Khiron sämtliche Schritte der Wertschöpfung von Herstellung bis zum Vertrieb der Produkte und hat dafür unter anderem Lizenzen für den Anbau und die Herstellung von Cannabisprodukten mit niedrigen oder hohen THC-Konzentrationen in Kolumbien erhalten.
Forschung und andere Gesundheitsbereiche
Khiron Life Sciences ist auch in der Forschung aktiv und betreibt in Kolumbien drei medizinische Kliniken, die mit medizinischem Cannabis arbeiten und bis heute jährlich etwa 120.000 Patienten behandeln. In Großbritannien beteiligt sich Khiron aktuell an einer der größten Cannabis Studien, dem Project Twenty21. Dabei soll bis zu 20.000 Patienten der Zugang zu erschwinglichem, medizinischem Cannabis ermöglicht werden.
Die Behandlung wird über einen langen Zeitraum wissenschaftlich begleitet und Daten werden erhoben für eine bessere Evidenzbasis bezüglich der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Medizinalcannabis. Langfristig soll so durch das Aufzeigen der überwiegenden Vorteile gegenüber anderen Behandlungsformen die Akzeptanz gestärkt und so die Situation für die Patienten verbessert werden.
Der Bereich Wellness und CBD
Khiron Life Sciences hatte sich stets dem Gesundheitsaspekt der Cannabispflanze verbunden gezeigt und sich uneingeschränkt auf die medizinischen Märkte konzentriert. Mit einer umfangreichen Serie von cannabidiolhaltigen Erzeugnissen hat Khiron sich auch dem Skin Care Segment gewidmet. Dies ist bisher hauptsächlich in Kolumbien erhältlich, aber auch via E-Commerce in den USA und dem UK.
Der 55. Präsident von Mexiko ist an Bord
Wenn man Berichte von Cannabis Unternehmen in den Medien wahrnimmt, sind es sehr häufig wirtschaftliche Nachrichten, Aktienkurse, Fusionen oder Ähnliches. Auch über Khiron lassen sich selbstverständlich solche trockenen Finanznachrichten finden. Etwas Besonderes war es allerdings, als Meldungen die Öffentlichkeit erreichten, dass der ehemalige Präsident von Mexiko, Vicente Fox, einen Posten im Vorstand des Unternehmens bekleidet. Mehr noch, der 79-Jährige ist dabei sogar richtig aktiv und engagiert sich unter anderem in der Öffentlichkeitsarbeit und scheint voll hinter Cannabis zu stehen.
Wenn Gesundheit Freude macht
Würden Pharmaunternehmen wie Bayer oder Roche Kliniken anbieten, in denen sie mit ihren Medikamenten an den Patienten arbeiten, würde sich die Begeisterung der Kranken sicher stark in Grenzen halten. Beim Einchecken in eine Klinik von Khiron kommt da sicher mehr Freude auf.
Cannabis als Medizin, aber auch CBD-reiche Hanferzeugnisse, die das Wohlbefinden fördern, bringen etwas Positives mit sich, das Pharmaprodukte allgemein nicht haben. Menschen können offensichtlich ihre Medizin eher mögen, wenn Cannabis die Medizin ist. Und ein im gesundheitlichen und pharmakologischen Sektor tätiges Unternehmen kann eine bessere Atmosphäre verbreiten, wenn das Produkt aus Cannabispflanzen und das Unternehmen Khiron Life Science ist. Wir haben mit Alvaro Torres dem CO-Founder, CEO und Director von Khiron gesprochen.
Hanf Magazin: Khiron Life Sciences betreibt eigene medizinische Einrichtungen. Welche gibt es bisher an welchen Standorten?
Alvaro Torres: Mit Zerenia besitzt Khiron ein spezialisiertes internationales Kliniknetzwerk, das 11 Kliniken in Kolumbien und Peru betreibt. 10 davon befinden sich in den größten kolumbianischen Städten wie Bogotá, Medellín, Cali und Barranquilla und vor Kurzem eröffnete Zerenia die erste internationale Klinik in Lima, der Hauptstadt Perus.
Hanf Magazin: Geben Sie uns einen Überblick über die Kliniken und Gesundheitszentren! Wie sind sie strukturiert? Über welche Einrichtungen verfügen sie? Welche Behandlungen oder vielleicht sogar welche Forschungen werden dort durchgeführt?
Alvaro Torres: Zerenia ist ein Netzwerk von Kliniken und Gesundheitszentren, das sich auf eine integrierte Versorgung konzentriert – mit oder ohne medizinisches Cannabis, was letztlich der verschreibende Arzt gemeinsam mit seinen Patienten entscheidet. Zerenia entwickelt sich zu einem der wichtigsten auf medizinisches Cannabis spezialisierten Kliniknetzwerke und hat im ersten Jahr seines Bestehens mehr als 13.000 Patienten erreicht. In Zerenia werden Krankheiten behandelt, bei denen sich medizinisches Cannabis als wirksam erwiesen hat, wie refraktäre Epilepsie, Parkinson, chronische Schmerzen, Angststörungen, Schlafstörungen und Depressionen.
Hanf Magazin: Geht es konzeptionell eher darum, Erfahrungen zu sammeln oder langfristig spezialisierte medizinische Einrichtungen aufzubauen?
Alvaro Torres: Beide Ebenen sind eng miteinander verwoben, um den Zugang von Patienten zu alternativen Behandlungsmethoden zu verbessern. Zerenia macht Fortschritte bei der Charakterisierung der lateinamerikanischen Patienten und der Entwicklung von Daten und Erkenntnissen, um die medizinische Cannabisindustrie voranzubringen und die Lebensqualität der Menschen weiter zu verbessern. Wir sind dabei, dieses Modell in ganz Lateinamerika und hoffentlich eines Tages auch in Europa zu replizieren, weil wir glauben, dass dieses Modell der beste Weg ist, um einen sicheren Zugang für Patienten zu schaffen, Ärzte weiter aufzuklären und Daten zu generieren, die es uns ermöglichen, mehr Ärzte und Patienten zu überzeugen.
Hanf Magazin: Was ist der besondere Vorteil des Aufbaus eines internationalen Netzes medizinischer Cannabiskliniken?
Alvaro Torres: Durch diese Art von medizinischem Cannabis-Kliniknetzwerk können Qualität und Exzellenz in jedem Schritt garantiert werden: vom Anbau über die Ausbildung der Ärzte bis hin zum Zugang der Patienten und der Qualität der Dienstleistungen. Telemedizin ist ein zentraler Bestandteil dieses Modells, um den Zugang zu medizinischem Cannabis zu verbessern und zu erleichtern.
Hanf Magazin: Wie kommen die Patienten zu den Kliniken? Kann man sich dort einfach mit seinen Beschwerden melden oder gibt es Auswahlkriterien?
Alvaro Torres: Im Grunde gibt es zwei Möglichkeiten, wie Patienten zu den Kliniken kommen: entweder über ihre Versicherung/Überweisung oder über die Marketingbemühungen von Zerenia. Nebenbei bemerkt: Kolumbien und Deutschland sind die einzigen Länder der Welt, in denen die Kosten für cannabinoidbasierte Medikamente vom öffentlichen Gesundheitssystem erstattet werden können.
Hanf Magazin: Welche Erfahrungen haben Sie mit Patienten gemacht, die lange Zeit mit Medikamenten leben mussten, die schwere Nebenwirkungen hatten, und die jetzt Cannabis erhalten? Ich persönlich als Patient schätze diese Tatsache fast täglich und bin sehr dankbar, dass ich meine Krankheit nun mit Cannabis behandeln kann.
Alvaro Torres: Zerenia hat ein eigenes Pharmakovigilanzsystem geschaffen. Ich glaube, dass die Kliniken eine sehr gute Patientenbetreuung gewährleisten, sodass die Behandlung, Dosierung und potenzielle Nebenwirkungen wirksam gesteuert und überwacht werden. Die Patienten machen gute Erfahrungen und der verschreibende Arzt fühlt sich sicher. Was die Auswahl und Behandlung der Patienten angeht, so ist dies eine Entscheidung des behandelnden Arztes. Wir stellen ständig neue Informationen und Daten zur Verfügung, um dem Arzt und damit dem Patienten zu helfen, sicherere und fundierte Behandlungsentscheidungen zu treffen.
Wir sind sehr dankbar, dass wir in einem Unternehmen arbeiten, in dem wir jeden Tag die Ergebnisse für unsere Patienten sehen. Der Vater einer unserer ersten Patienten erzählte uns zum Beispiel, wie glücklich er darüber ist, dass seine Tochter, die an Epilepsie leidet, nun schon ein Jahr ohne eine ernsthafte gesundheitliche Krise überstanden hat. Wenn man so etwas immer wieder von Patienten mit unterschiedlichen Erkrankungen hört, ist das sehr motivierend.
Hanf Magazin: Erzählen Sie uns ein wenig über die Aktivitäten von Khiron in Deutschland! Welche Produkte gibt es bisher und was ist für die Zukunft geplant?
Alvaro Torres: Deutschland ist der vergleichsweise reifste Markt in Europa, mit etwa 60.000 bis 128.000 Patienten und einem sehr offenen medizinischen Cannabisgesetz, das im März 2017 verabschiedet wurde. Mit Khiron 20/1 und Khiron 1/14 haben wir zwei medizinische Cannabisblütenprodukte auf dem deutschen Markt, die auch in Großbritannien erhältlich sind. In naher Zukunft werden wir unser Portfolio erweitern und neben weiteren Cannabisblüten auch orale Anwendungsformen anbieten. Mehr wollen wir noch nicht verraten, nur so viel: Deutschland ist und bleibt ein sehr wichtiger Markt mit großem Potenzial für Khiron.
Hanf Magazin: Wie könnten Wachstum und Expansion in Europa und insbesondere in Deutschland in den kommenden Monaten und Jahren aussehen?
Alvaro Torres: Khiron hat die Kerngeschäfte in Lateinamerika und Europa, wobei wir in Europa (noch) kein vertikal integriertes Unternehmen, wie in Lateinamerika sind – from seed to patient. Aber wir sind in Europa auf dem Weg dorthin, wobei wir hier eine andere Wachstumsstrategie verfolgen. Während wir in Lateinamerika sehr stolz darauf sind, dass Khiron in vielen Bereichen ein First Mover ist und diese Position weiter ausbaut, verfolgen wir in Europa eine Wachstumsstrategie, die man als Smart-Mover-Ansatz mit einer Asset-light-Strategie beschreiben könnte.
Wir konzentrieren unsere Bemühungen auf die Erweiterung unseres medizinischen Portfolios und die Aus- und Weiterbildung im Bereich cannabinoidbasierter Therapien, um einer ständig wachsenden Patientenpopulation Zugang zu cannabinoidbasierten Medikamenten zu ermöglichen. Dabei profitieren wir von unseren Genetiken, unserer klinischen Expertise und der praktischen Erfahrung, die wir als globales medizinisches Cannabisunternehmen in Lateinamerika für das Wachstum in Europa nutzen.
Hanf Magazin: Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Märkte entwickeln, in denen Khiron präsent ist oder sich gerade etabliert? Erwartet Khiron zum Beispiel bestimmte Änderungen der rechtlichen Situation in bestimmten Ländern, damit medizinische Cannabisprogramme möglich werden?
Alvaro Torres: In Europa sind wir derzeit vorwiegend in Deutschland und dem Vereinigten Königreich aktiv. Wie bereits erwähnt, handelt es sich um sehr unterschiedlich entwickelte Märkte, wobei diese Asymmetrie dazu führt, dass der Zugang zu cannabinoidbasierten Medikamenten in Großbritannien im Vergleich zu Deutschland immer noch durch Vorschriften und hohe Preise eingeschränkt ist und die Kosten für cannabinoidbasierte Therapien nicht von der nationalen Gesundheitsbehörde NHS übernommen werden.
Khiron begegnet diesen Hindernissen durch seine Beteiligung am Projekt Twenty21, mit einem subventionierten Preismodell und der Unterstützung von Initiativen zur Änderung von Vorschriften. Wir verfolgen diesen Ansatz auch in anderen Ländern, aber es liegt weiterhin in der Verantwortung des Gesetzgebers und letztlich der jeweiligen Gesellschaft, den rechtlichen Rahmen anzupassen oder zu ändern. Dabei profitieren wir generell und insbesondere im Hinblick auf den Aufbau der medizinischen Cannabisindustrie in Großbritannien von unserem erfahrenen europäischen Team.
Hanf Magazin: Betreibt Khiron selbst Lobbyarbeit? Versuchen Sie, politischen Einfluss zu nehmen und irgendwie auf Gesetzesreformen hinzuwirken?
Alvaro Torres: Wir betreiben keine Lobbyarbeit. Aber in Kolumbien wurden wir zu einem Projekt von nationalem Interesse erklärt, ein Status, der uns eine enge Beziehung zu den nationalen Behörden ermöglicht. Wir glauben an die Zusammenarbeit mit allen Stakeholdern (Regierung, Patientenverbände, Ärzte, Patienten und Familien), um allen, die einen sicheren Zugang zu medizinischem Cannabis benötigen, diesen zu ermöglichen.
Hanf Magazin: Nun sprechen wir ständig über Gesundheit, Kliniken und Patienten. Sicherlich fragen sich viele Leser, ob Khiron Life Sciences nicht auch an dem Geschäft mit Cannabis als Genussmittel interessiert ist. Wie sieht es aus, wäre das denkbar?
Alvaro Torres: Wir sind ein medizinisches Unternehmen aus Lateinamerika, und wir denken und handeln weiterhin in dieser (historischen) Dimension. Dementsprechend konzentrieren wir uns auf Patienten, nicht auf Konsumenten. Khiron beschäftigt sich nicht mit dem Cannabiskonsum für Erwachsene, sondern nur mit Cannabis für medizinische und wissenschaftliche Zwecke.
Hanf Magazin: Mit Kuida hat Khiron sehr erfolgreich eine eigene CBD-Kosmetiklinie in Kolumbien eingeführt. Auch in anderen Ländern sind die Produkte bereits erhältlich. Ist es absehbar, dass Kuida auch nach Deutschland kommt?
Alvaro Torres: KUIDA ist die erste Marke von KHIRON und hat dazu beigetragen, ein „erstes“ Gespräch über Cannabis in Märkten zu führen, in denen die Cannabisindustrie noch nicht so ausgereift ist. Natürlich hat die aktuelle Pandemie unsere Expansionspläne geändert, aber wir glauben an die Bedeutung der Schaffung von Wissen über den Unterschied zwischen medizinischen und Konsumgütern in allen Märkten. Wir hoffen, dass wir in naher Zukunft unseren Ansatz mit KUIDA wieder aufnehmen und die Produkte in Deutschland anbieten können. In der Zwischenzeit konzentrieren wir uns in Deutschland auf den medizinischen Sektor mit unserer medizinischen Marke KhironMed.