Wenn man eine gebrauchsfertige Hanfblüte in seinen Händen hält, ist das ein Stück Natur, richtig? Nicht ganz, denn wie viele Menschen aus Medienberichten, oder auch durch eigene Erfahrung, wissen, kann man sich auf die natürliche Optik und einen schönen Geruch alleine leider nicht immer verlassen. Gerade beim illegalen Cannabis vom Schwarzmarkt besteht eine besonders hohe Gefahr, dass das Cannabis noch zusätzlich mit anderen Substanzen versetzt wird, um eine Gewinnmaximierung zu erreichen.
Diese Tatsache ist ein Extrem und nur ein Beispiel, denn auch ein legales Hanfprodukt kann Stoffe enthalten, die darin nicht erwünscht sind. Diese können sowohl während des Herstellungsprozesses ins Produkt gelangt sein, oder die Hanfpflanze kann sie schon im Verlauf des Wachstums über die Wurzeln oder sogar über die Luft aufgenommen haben. Verunreinigungen oder Beimengungen von Schadstoffen ist aber nicht die einzige Herausforderung für die Hanfbranche. Da es sich bei dem Rohstoff um eine Pflanze handelt, variieren auch die Zusammensetzung und die Konzentrationen der Inhaltsstoffe, was eine Standardisierung von Produkten nicht einfach macht.
All diese Beispiele machen deutlich, dass es Labore benötigt, die dazu in der Lage sind, die Inhaltsstoffzusammensetzung von Cannabis zu analysieren, und dabei sowohl die Wirksubstanz-Konzentrationen bemessen, als auch eventuelle Verunreinigungen und Schadstoffbelastungen feststellen können. Solchen Aufgaben widmet sich das schweizerische Unternehmen CBD-Test. Mit Dr. Miguel Guttentag, dem Gründer von CBD-Test, haben wir uns über die Analyse von Cannabis, Substanzen aller Art und das Unternehmen an sich unterhalten.
Hanf Magazin: CBD-Test ist ein Unternehmen, welches sich auf Cannabis-Analytik spezialisiert hat. Kannst Du uns vielleicht einen kleinen Einblick in die Entstehungsgeschichte verschaffen? Wer hat CBD-Test gegründet, wann und mit welchem Ziel?
Dr. Miguel Guttentag: Man muss sich das so vorstellen: Vor ein paar Jahren gab es auf der einen Seite vorwiegend Grower und auf der anderen Analyselabore auf Pharma-Niveau. Die Kommunikation zwischen diesen beiden Welten funktionierte dementsprechend schlecht. Ich hatte in analytischer Chemie promoviert und – na ja – in meinem Umfeld war bekannt, dass ich mich auch mit Cannabis auskannte. Eines Tages übergab mir eine CBD-Firma einen Gaschromatografen aus den 1980er-Jahren und sagte: Mach mal. Das Gerät stellte ich in einen Heizungskeller neben meiner Wohnung in einem alten Bauernhaus im Kanton Aargau. Und ich machte mal. Das war die Geburtsstunde der Guttentag Solutions GmbH und CBD-Test. Der Heizungskeller ist mittlerweile Geschichte, wir haben heute ein richtiges Labor.
Hanf Magazin: Mit welchem beruflichen Background kommt die notwendige Expertise zusammen, die es für ein solches Unternehmen braucht? Ist es vielleicht Chemie, Biologie, Medizin oder etwas völlig anderes?
Dr. Miguel Guttentag: Qualitätskontrolle bei Cannabis ist trockene chemische Analytik, ein Handwerk. Das hat mit Biologie, Biochemie oder Medizin nichts zu tun. Wir alle haben eine labortechnische Ausbildung, die meisten haben in Chemie promoviert und zuvor in der Kosmetikindustrie oder der Pharma gearbeitet, in der Analytik. Natürlich schadet es nicht, wenn man sich mit Hanf etwas auskennt oder zumindest keine Berührungsängste gegenüber dem Business hat.
Hanf Magazin: Welche Standards musstet Ihr erfüllen, welche Leistungen anbieten, um Euch als unabhängiges Analyse-Labor für Cannabinoid-Produkte etablieren zu können?
Dr. Miguel Guttentag: Das war für mich die große Überraschung: Die staatlichen Stellen waren mit mir und meinen Anfragen völlig überfordert. Bis dahin wollte noch nie jemand ein Labor für Cannabis-Analysen gründen. Also sagte man mir auch hier: Machen Sie einfach mal, wir schauen später. Mittlerweile sind wir sogar im Besitz einer Betäubungsmittellizenz. Von Kundenseite waren die Anforderungen schon klarer: Die Resultate müssen stimmen, der Service muss bezahlbar sein, wir müssen unabhängig bleiben, kundenfreundlich und vor allem muss es schnell gehen. Also haben wir uns so organisiert, dass wir all diese Ansprüche erfüllen konnten.
Unser Labor und unsere Methoden sind mittlerweile ISO-17025 akkreditiert, wir haben das Audit Mitte März erfolgreich bestanden. Damit sind unsere Berichte und Resultate auch international anerkannt. Für mich war es wichtig, so professionell wie möglich zu werden, aber die Nähe zum Markt und meinen Kundinnen und Kunden zu behalten. Wir haben nichts mit Produktion und Vertrieb zu tun, machen nur Analytik und sind mit niemandem verpartnert. Wenn es übrigens mal besonders schnell gehen muss, haben wir einen Express-Service. Die Resultate bekommt man innerhalb weniger Stunden nach dem Probeneingang.
Hanf Magazin: Lass uns kurz einen Blick auf die Leistungen werfen, die die Labore von CBD-Test anbieten können. Welche Testungen sind möglich? Welche Qualitätsmerkmale und Inhaltsstoffe von Cannabisprodukte werden ermittelt?
Dr. Miguel Guttentag: Das Portfolio von CBD-Test umfasst mittlerweile 13 verschiedene Qualitätsparameter. Neben den Cannabinoiden, bei der bis zu 15 Cannabinoide gemessen werden können, untersuchen wir bei uns auch wichtige Parameter wie Pestizide, Schwermetalle, Terpene oder Restlösemittel. Seit Kurzem bieten wir sogar eine Virenanalyse, bei der lebende Pflanzen auf neun verschiedene Viren geprüft werden. Wir geben und Mühe uns in unsere Kundinnen und Kunden hineinzuversetzen, also erweitern wir unser Portfolio ständig. Es kommen immer wieder neue Analysen hinzu und wir versuchen die bestehenden Analysen und unseren Service stetig zu verbessern. Seit Anfang des Jahres haben wir auch eine HPLC-DAD für Flüssigchromatografie-Verfahren. Sobald die Methodenentwicklung und die Validierung abgeschlossen sind, werden wir also auch diese Analysetechnik anbieten können. Natürlich zu einem vernünftigen Preis.
Hanf Magazin: Sind Eure Kunden eigentlich immer Hersteller von Cannabinoid-Produkten, oder gibt es noch andere Zielgruppen, die Eure Dienste in Anspruch nehmen?
Dr. Miguel Guttentag: Hauptsächlich arbeiten wir mit Produzenten und Vertreibern von Cannabisprodukten zusammen. Aber gelegentlich verirren sich auch andere zu uns. Etwa Versicherungen oder staatliche Institutionen, die eine Analyse benötigen, manchmal auch Privatpersonen. Interessanterweise kam aber noch nie eine Anfrage der Polizei.
Hanf Magazin: Wie kann man sich den Ablauf einer Analyse vorstellen, von der Anfrage des Kunden bei Euch bis zum Erhalt der Ergebnisse? Wie lange dauert das Ganze in etwa?
Dr. Miguel Guttentag: Bei der Cannabinoidanalyse benötigen wir für den normalen Service drei Tage ab dem Probeneingang. Der Kunde oder die Kundin schicken uns die Proben zusammen mit dem Auftragsformular zu. Sobald die Proben im Labor ankommen, erhält der Kunde eine Rechnung und die Proben machen sich auf die Reise durchs Labor. Wie soll ich sagen… Wir haben mit Vorauskasse die besten Erfahrungen gemacht, liegt wohl an der Branche. Die Resultate von Cannabinoidanalysen werden dann nach 3 Tagen oder nach Zahlungseingang per E-Mail dem Kunden zugestellt. Beim Express-Service geht das schneller, auch europa- oder weltweit. Wir geben zwar 24 bis 48 Stunden auf unserer Website an, in aller Regel versenden wir die Express-Resultate innerhalb weniger Stunden nach Eingang der Proben. Schneller geht nun wirklich nicht. Man kann natürlich die Proben auch persönlich bei uns in Dietikon abgeben.
Hanf Magazin: Viele Patienten, die Cannabis als Medizin erhalten, wissen zwar, dass das Terpenprofil für die pharmakologische Wirkung sehr wichtig ist, viele Hersteller der Medizinalcannabis-Präparate, die zum Beispiel in Deutschland auf dem Markt sind, liefern aber keine Informationen über das Wirkstoffprofil ihrer Produkte, abgesehen vom THC- und CBD-Gehalt. Wäre es für CBD-Test denkbar, einen entsprechenden Service für Patienten (z. B. auch in Deutschland) anzubieten?
Dr. Miguel Guttentag: Natürlich können auch Patientinnen und Patienten bei uns ihre Proben testen lassen. Allerdings ist es nicht ihre Aufgabe, sich auf eigene Kosten um die Qualität der Wirkstoffe in Medizinalprodukten zu kümmern. Ich will auch nicht jedes Aspirin testen, bevor ich es einschmeiße, nur weil Bayer vielleicht bei der Qualitätskontrolle schlampt. Wenn Cannabis als Medizinalprodukt verkauft wird, gehören alle Wirkstoffe angegeben. Und Terpene sind nun einmal Wirkstoffe. Warum darauf verzichtet wird, ist tatsächlich schwer verständlich. Auf Produktionsseite wird ein riesiger Sicherheits- und Dokumentationsaufwand betrieben.
Darin würden die Kosten für eine Terpen-Analyse nicht ins Gewicht fallen. Der Grund, weshalb das nicht geschieht, ist wohl regulatorischer Natur: Wirkstoffe müssen spezifiziert sein, es muss im Voraus definiert sein, wie viel wovon drin sein wird. Bei einem lebenden Individuum wie einer Pflanze ist das nur beschränkt möglich. Die Daten müssten also rein phänomenologisch dokumentiert werden, ohne Ansprüche auf Wirkung. So etwas kennt die Pharmabranche nicht. Sie beschränkt sich auf das, was bewiesen werden kann. Unklares wird lieber verschwiegen. Die Produktion tut sich wohl bereits schwer genug damit, den richtigen THC-Wert zu treffen. Da will man sich nicht auch noch bei den Terpenen Steine in den Weg legen.
Hanf Magazin: Ein großer Bereich, der die Analyse von Cannabisprodukten auch besonders wichtig macht, ist die Ermittlung von Schadstoffen und Verunreinigungen. Diese Thematik betrifft ja nicht nur den illegalen Schwarzmarkt für Cannabis. Wie schätzt Du die Häufigkeit ein, mit der schädliche Substanzen in Produkten vorkommen, die legal auf dem Markt erhältlich sind?
Dr. Miguel Guttentag: Machen wir uns nichts vor, Pestizide kommen überall auf der Welt vor, wo Pflanzen angebaut werden. Was Cannabis betrifft: Bei Importprodukten aus Übersee sehen wir besonders häufig verbotene Stoffe, ich würde hier auf den Konsum verzichten. Es ist schwer zu sagen, wie häufig und in welcher Konzentration Pestizide vorkommen, denn die Schweiz verlangt keine Pestizidanalysen für Cannabisblüten. Entsprechend lassen nur wenige Produzenten ihre Produkte darauf prüfen. Den besten Überblick gibt jeweils der CannaSwissCup. Etwa ein Viertel der Bewerber fliegen raus, weil bei der Voruntersuchung herauskommt, dass die Blüten mit Pestiziden kontaminiert sind. Bei den Ölen lässt sich das noch schwerer sagen.
In der Schweiz dürfen CBD-Öle nur als Chemikalie verkauft werden, sie sind also offiziell nicht zum Verzehr geeignet. Aus diesem Grund müssen auch hier keine Qualitätsparameter erfüllt werden, es gibt keine Kontrollen. Eine Chemikalie darf so dreckig sein, wie sie will. Viele in der Schweiz verkauften Öle haben nie ein Analyselabor von innen gesehen. Meine Meinung: Hier kommt der Staat seiner Verantwortung ganz klar nicht nach.
Hanf Magazin: Für Privatpersonen hat CBD-Test die Canna Check Box entwickelt. Kannst Du uns diese etwas näherbringen und erklären, wie sie funktioniert und welche Informationen der Nutzer damit über sein Cannabisprodukt ermitteln kann?
Dr. Miguel Guttentag: Wir haben gemerkt, dass Privatkunden einen anderen Service benötigen als Produzenten. Das geht folgendermaßen: Die Kundin kauft die Box in einem Growshop, Headshop oder online direkt bei uns oder einem unserer Vertriebspartner. In der Box ist ein Auftragsformular mit einem QR-Code, eine Anleitung sowie ein paar Goodies und ein Rücksendeumschlag. Die Kundin schickt uns die Probe mitsamt Formular zu, den QR-Code behält sie.
Nach einigen Tagen kann sie den QR-Code scannen und den Laborbericht auf dem Handy anschauen. Alles vollständig anonym. Der Unterschied zur gewerblichen Analyse ist, dass keine Rückfragen oder Wiederholungsmessungen möglich sind. Der Kunde erhält Informationen zu drei Cannabinoiden, CBD, d9-THC und d8-THC. Außerdem erfährt er, ob mit synthetisch hergestelltes THC (also umgelagertes CBD) angereichert wurde. Das machen wir seit etwa einem Jahr. Im Moment arbeiten wir an einer weiteren Box, zur Untersuchung auf Spice, also Cannabinoid-Rezeptor-Mimetika.
Hanf Magazin: Aktuell scheint es ja an mehreren Stellen bzw. in mehreren Ländern in Europa Tendenzen in Richtung Legalisierung von Cannabis zu geben. Wäre es ohne großen Aufwand möglich, Euren Service auch für THC-Produkte zur Verfügung zu stellen?
Dr. Miguel Guttentag: Unseren Geräten ist völlig egal, welche Cannabinoide in welcher Konzentration vorkommen. Die Methoden sind für jede Eventualität validiert. Mit anderen Worten: Wir sind für jede Schandtat bereit. Von regulatorischer Seite erwarte ich, dass es zumindest zu Beginn sehr strenge Regeln geben wird für die Produzenten. In der Schweiz wurden etwa für die Cannabis-Pilotversuche der Städte die Qualitätsstandards teilweise höher gesetzt als für Pharmaprodukte. Auch bei medizinischem Cannabis gelten höhere Standards. Was unsere Arbeit betrifft: Mit der ISO-17025-Akkreditierung sind wir genau für diese hohen Ansprüche bestens vorbereitet.
Hanf Magazin: Hanf- und Cannabisprodukte werden von Behörden reguliert. Diese Regulierungen sollen in Zukunft immer besser werden und eine saubere Qualität für den Nutzer gewährleisten. Sind bessere Regulierungen außer für den Konsumenten auch für ein Unternehmen wie CBD-Test ein Gewinn? Werden dann mehr Analysen angefragt?
Dr. Miguel Guttentag: Wir als Unternehmen wollen eine möglichst hohe Qualität in der Analytik gewährleisten, das sind wir unseren Kundinnen und Kunden schuldig. Für die Konsumentin und den Konsumenten bedeutet das die grösstmögliche Sicherheit. Wir unterstützen solche regulatorischen Bemühungen nicht einfach, weil sie für uns ein Geschäft bedeuten. Ich bin überzeugt, dass eine hohe Qualität für die Branche und ihre Produkte unerlässlich ist.
Da allerdings der Staat nicht sonderlich schnell unterwegs ist, hat die IG Hanf ihr eigenes Qualitätslabel ins Leben gerufen. Swiss-Certified-Cannabis heißt es. Firmen, die es tragen und auf deren Produkten es erscheint, wurden einem strengen Audit unterzogen. Dabei werden die Organisation und das Produktions- und Qualitätsmanagement durchleuchtet, beurteilt und wenn nötig verbessert. Dem Konsumenten und der Konsumentin gibt das SCC-Label Sicherheit, wie ein Bio-Label. Es sind bereits einige Blüten mit SCC-Label erhältlich. Man weiß aus anderen Branchen, staatliche Regulierung entsteht häufig aus der Selbstregulierung heraus.
Die Branche ist ja am Anfang Experte, der Staat an sich Laie. Das scheint mir sinnvoll, denn auf diese Weise kann eine Regulierung mit Augenmaß entstehen. Bei allem, was in Richtung Betäubungsmittel geht, besteht ja immer die Gefahr der staatlichen Überregulierung. Und solche zu hohen Standards führen wiederum dazu, dass der Schwarzmarkt weiter blüht. Für die Branche kommt hinzu, dass bei extrem strengen Vorgaben nur große Player überleben können. Und das wiederum wäre für diesen Markt sicher kein Gewinn.
Unabhängig davon, wie die Märkte für Hanf und Cannabisprodukte in Zukunft reguliert sein mögen, gewiss ist, dass immer unabhängige und gute Analysen notwendig sein werden, um Qualität zu ermitteln und Qualität zu gewährleisten. Mit dem wachsenden Bewusstsein der Menschheit dafür, was man zu sich nimmt, wächst auch der Bedarf an Wissen, was drin steckt, im Cannabisprodukt der Wahl. CBD-Test sagt es Dir.