Mit jedem Jahr, das vergeht, gibt es mehr Hanf-Shops und Geschäfte, die mit Hanfprodukten handeln. In der Branche gibt es sehr viele interessante und engagierte Individuen, die zusammen oder allein für die Legalisierung und, vor allem, die Entstigmatisierung von Cannabis kämpfen.
Aus diesem Grund haben wir uns vor Kurzem mit dem Gründer und Inhaber der „Bushdoctor“ Grow- und Headshops (mit Filialen in Wien und Brunn am Gebirge) getroffen und ihm ein paar Fragen gestellt.
Was vor 20 Jahren begann…
Seit die erste Bushdoctor Filiale vor 20 Jahren in einer Seitengasse der Mariahilferstraße in Wien eröffnete, ist viel Zeit vergangen. Heute befindet sich der Shop zwar nicht mehr dort, wo er ursprünglich eröffnet wurde, doch der neue Standort in der Kirchengasse 19 kann sich trotzdem sehen lassen. In der schlauchartigen Filiale findet man alles, was das Herz begehrt, denn hier hat Mag. Harald „Harry“ Schubert, der Inhaber, zusammen mit seinem Team einen Ort geschaffen, an dem man sich als Hanf-affiner Mensch mehr als nur wohlfühlt. In der Filiale in Wien, einer der ältesten Shops Österreichs, gibt es Rauchzubehör in allen Farben und Formen, sowie dutzende andere Produkte für Aufzucht und Verarbeitung. Kompetentes Personal hilft einem immer gerne und nimmt sich Zeit, um individuelle Fragen bestmöglich zu beantworten. Für interessierte Kunden gibt es zudem die Möglichkeit, die gängigsten Vaporisatoren mit diversen Kräutern wie Salbei, Minze etc. zu testen und sich so ein genaueres Bild von den Produkten zu machen, bevor man sich für ein Gerät entscheidet.
In der Filiale in Brunn am Gebirge finden sich all diese Dinge und noch mehr, denn hier spielt der Vorteil der Location eine entscheidende Rolle. Mag. Schubert hat mit seinem Team hier eine Lagerhalle in einen offenen, modernen und gut überschaubaren Grow-Shop verwandelt. Hier hat man Zugang zu der gesamten Produktpalette von Bushdoctor und kann sich Zelte, Lichter und Co. Neben Samen, Zelten und Lichtern gibt es natürlich auch alles andere, was man zur Aufzucht benötigt, wie Dünger, Erde und Töpfe. Hanfstecklinge, die als Zierpflanze verkauft werden, kann man dort auch erwerben, auch wenn Mag. Schubert lange dafür kämpfen musste. In der Vapo-Lounge gibt es auch hier Vaporisatoren zu testen, angeleitet unter fachkundiger Beratung und ohne Zeitdruck. Ein Einkauf im Bushdoctor unterscheidet sich von einem Einkauf in einem herkömmlichen Grow-Shop und jeder, der die Möglichkeit hat, nach Brunn zu fahren, sollte den Weg in Kauf nehmen.
Der „Bushdoctor“ zählt seit Langem zu den etabliertesten Hanf Shops in Österreich und ist vielen Wienern ein Begriff. Österreichweit und im Ausland kennt man ihn vor allem als Veranstalter der jedes Jahr stattfindenden Hanf-Messe „Cultiva“ (größte Hanfmesse im deutschsprachigen Raum). Auch dieses Jahr organisierte das Bushdoctor Team die Cultiva und feierte gleichzeitig zehnjähriges Jubiläum. Eben wegen dieser Messe, aber auch wegen seiner Arbeit in der Branche zählt Harald Schubert in der österreichischen Cannabisbewegung zu den wichtigsten Personen. Er wird geschätzt, da er wichtige Pionierarbeit geleistet und sich unter anderem eine siebenjährige Strafverhandlung wegen des Verkaufs von Hanfstecklingen angetan hat, nur, um am Ende als Schuldiger dazustehen. Geändert hat das Urteil vom OGH (Oberster Gerichtshof) nichts und Stecklinge werden weiterhin in Österreich verkauft.
Hanf Magazin: Hallo Harry, schön, dass Du Zeit gefunden hast. Ich habe ein paar Fragen vorbereitet, die Du hoffentlich beantworten kannst. Mich interessiert zum Beispiel sehr, wieso Du gerade diese Szene ausgesucht hast, um Dein Geschäft zu starten. Hanf war damals doch bestimmt noch verpönter als heute, oder? Wieso hast Du es Dir also schwer gemacht?
Harry: Wieso ich in die „Szene“ gegangen bin…. Ich denke, es ist, weil mein persönlicher Lebensweg mich einfach zu dieser Branche geführt hat. Ich sage Branche, weil ich schon damals wusste, was Hanf für Möglichkeiten darstellt. Es gab schon damals ein wirtschaftliches Interesse daran und ich wollte zeigen, dass Hanf eine Industrie ist, nicht nur eine Szene. Darum habe ich dann später auch die Cultiva geplant und organisiert, aus demselben Grund.
Ich habe in meiner Jugend keine positiven Erfahrungen mit Alkohol gemacht, und als auch noch ein Familienmitglied von einem alkoholisierten Autofahrer angefahren wurde und daraufhin 7 Jahre im Wachkoma lag, wusste ich, dass ich etwas tun musste. Schon früh wurde mir bewusst, dass das Stigma, das an Cannabis haftet, nicht wahr ist und dass Hanf eine wunderbare Pflanze ist und kein Suchtgift. Ich war außerdem einfach fasziniert von der Hanfpflanze an sich und wollte die Vorteile derselben möglichst gut kommunizieren.
Hanf Magazin: Das Wieso hätten wir also und Du hast auch gleich meine nächste Frage beantwortet, und zwar ob Du Dich selbst als Aktivist bezeichnen würdest. Wie war denn der Anfang des Geschäftes in Wien? Wurden Euch Steine in den Weg gelegt?
Harry: Also ich würde mich auf jeden Fall als Aktivist bezeichnen. Ein bisschen Aktivismus muss in einem sein, damit man in der Branche Erfolg hat. Zu den Anfängen: Es lief eigentlich recht gut. Es war nur sehr viel Ungewissheit im Spiel, es konnte ja jeder Tag der Letzte sein und wir waren eigentlich pausenlos darauf eingestellt, dass uns der Laden dichtgemacht werden würde. Je mehr Geschäft wir gemacht haben, desto unsicherer fühlten wir uns. Doch letztlich sind wir noch hier. Im Jahr 2000 wurden wir wegen Hanfpflanzen angeklagt und haben vor Gericht über 7 Jahre lang für die Liberalisierung der Hanfpflanze gekämpft. Ich denke, der Staat hat einfach noch nicht gewusst, mit der Situation politisch umzugehen.
Hanf Magazin: Es ist sicher nicht leicht, wenn man über so einen langen Zeitraum vor Gericht steht, doch letztlich ist der Verkauf von Stecklingen in Österreich nun legal. Auch der Verkauf von CBD Cannabis wurde gerade erst rechtlich legitimiert. Was denkst Du über den Markt in den kommenden Jahren? Werden neue Spieler in den Markt einsteigen?
Harry: Die Situation hier ist einzigartig in Europa. Wir sind das einzige Land, in dem Stecklinge gesetzeskonform verkauft werden und generell ist Österreich relativ liberal im Umgang mit Growshops. Man sieht das auch an dieser neuen Gesetzesnovelle, die Du schon erwähnt hast. Ich denke schon, dass sich jetzt langsam ein Markt entwickeln wird, so wie das auch in anderen Ländern der EU der Fall ist. Man muss MAGU an dieser Stelle für ihre Arbeit danken, denn durch ihr Vordringen in diese Marktnische haben sie das erst möglich gemacht. In den nächsten Monaten werden aber vermutlich größere Händler in den Markt eindringen und letztlich wird es eine Kostensache werden. Für all diejenigen, die vielleicht denken, im kleinen Stil eine CBD-Anlage aufzubauen, wird es sich vermutlich nicht rentieren.
Hanf Magazin: Du hast ja vorhin schon über die Cultiva gesprochen, und da passt das Thema Politik natürlich perfekt. Vor gut 10 Jahren fand die erste Cultiva statt, was hat sich bis heute verändert und was denkst Du persönlich über die Messe. Bist Du zufrieden?
Harry: Ich habe ja vorhin schon erwähnt, dass ich den Leuten zeigen wollte, dass es sich bei Hanf nicht explizit um eine Szene handelt, sondern um eine Branche. Der Unterschied ist, dass eine Branche ein Teil der Wirtschaft ist. Hanf kann in so vielen Bereichen eingesetzt werden und das wollen wir zeigen. Deswegen haben wir Aussteller aus den verschiedensten Bereichen bei uns zu Gast und veranstalten zeitgleich den Cannabis Kongress, bei dem Fachleute Vorträge zum Thema Hanf halten.
Eine Messe ist zudem immer eine Abbildung der Branche und die Pyramide in Vösendorf schien mir ideal zu sein, um ebendiese Messe zu veranstalten. Die Aussteller waren anfangs sehr skeptisch und in den ersten Jahren musste ich immer darum kämpfen, einen Folgetermin zu bekommen, doch nun ist sie etabliert und wir haben schon nicht mehr genug Platz für alle Leute (lacht). Es ist aber ein guter Ort für Leute aus der Branche, um Kontakte zu knüpfen und zeigt gleichzeitig den Besuchern, wie vielseitig Hanf ist. Von Hanftee über Hanfpflanzen bis hin zu CBD Extrakten ist alles vertreten, sogar Dämm-Material kann man aus Hanf machen. Ich bin also sehr zufrieden mit der Richtung, in die sich die Cultiva entwickelt, und freue mich schon aufs nächste Jahr.
Hanf Magazin: Dämmmaterial? Davon habe ich bisher nur gehört, kennst Du Dich damit etwas besser aus? Unten im Laden habe ich es auf jeden Fall liegen sehen.
Harry: Ja, damit kenne ich mich tatsächlich etwas näher aus, denn ich bin in Österreich der einzige Händler für den Privatsektor (lacht). Es ist allerdings mehr Idealismus als Profit, der mich dazu bewegt hat, das Produkt in meinen Shop aufzunehmen. Man kann aus den Fasern des Nutzhanfs ein Dämmmaterial herstellen, das wesentlich ökologischer ist, als herkömmliches Dämmmaterial. Der Markt ist allerdings noch klein, aber die Leute, die heute schon mit Hanf dämmen, bereuen es auf keinen Fall.
Hanf Magazin: Du hast jetzt auch schon Dein Produktsortiment angesprochen. Mich würde interessieren, wie Du entscheidest, was Du im Shop anbietest und was nicht. Hast Du da bestimmte Auswahlkriterien?
Harry: Hmm…. Ich glaube, am besten kann man sagen, wir bleiben dem Namen treu. „Bushdoctor“ hat schon das Medizinische im Namen, und genau das wollen wir auch unseren Kunden weitergeben. Wir verkaufen deshalb im Shop nur Produkte, die ökologisch sind, bei denen wir die Herkunft kennen und bei denen auch die Verpackung stimmt. Wir haben außerdem auch eine Vapo-Lounge eingerichtet, in der Patienten Vaporisatoren testen können, denn die Gesundheit unserer Kunden ist uns sehr wichtig. Man sieht also, der Name ist Programm.
Hanf Magazin: Ich rate jetzt einmal, aber ich schätze, dass Du auch ein Freund der Legalisierung bist, oder? Was denkst Du, wann die Legalisierung kommt? Wenn sie kommt, wie kommt sie dann? Durch die Politik, durch Lobbying oder durch das Volk?
Harry: Nun ja, ich bin auch ein Befürworter der Legalisierung, aus den Gründen, die den meisten anderen Befürwortern auch bekannt sind. Cannabis ist kein Gift und keine Pflanze sollte verboten sein, doch ich sehe das mit der Legalisierung skeptisch.
In Deutschland haben sie im März das „Cannabis als Medizin“ Gesetz verabschiedet und dadurch Cannabis für Kranke über Apotheken legal beziehbar gemacht. Im Umkehrschluss heißt das aber: Jedes Cannabis außer dem Apothekencannabis ist illegal, was zu einer weiteren Verschlechterung der normalen Konsumenten führen könnte.
Grund für die Abgabe über Apotheken und gleichzeitig für den Engpass ist der hohe Anspruch, den die Apotheken an das gelieferte Cannabis haben. Alles muss gleich sein, Mengen müssen klar erkennbar sein. Fakt ist aber: Cannabis hat keine schlimmen Nebeneffekte, was die Dosierung zwar nicht erleichtert, eine Überdosis allerdings wesentlich harmloser macht. Jeder Mensch sollte sich selbst bewusst werden, wie viel er verträgt und dann dementsprechend dosieren. Diese Pharma-Ansprüche an das Apothekencannabis sind übertrieben und nicht notwendig.
Man sieht also: Eine Legalisierung kann erst kommen, wenn die politischen Strukturen dafür bereit sind, denn nur wenn der Staat einen Nutzen sieht, wird er die Kontrolle über die Volksdroge Nummer eins aufgeben. Entweder der wirtschaftliche Nutzen überwiegt und der Staat beteiligt sich am Markt über Steuern, oder er macht sich selbst zum Monopol und versorgt seine Bürger mit Cannabis aus der staatlichen Abgabestelle. Legalisierung und Regulierung hängen sehr stark zusammen und ich denke nicht, dass der Staat einfach so auf diese Regulierungskontrolle verzichten wird.
Hanf Magazin: Harry, danke für Deine Zeit, Du hast unsere Fragen mehr als beantwortet und unsere Leser haben auch etwas dazugelernt. Wenn Du die Möglichkeit hättest, ihnen eine Botschaft mit auf den Weg zu geben, welche wäre das?
Harry: Eine Botschaft… Da muss ich nachdenken… Ah, ich weiß schon etwas.
Ich würde sagen: Seid euch bewusst, dass Cannabis eine Droge ist, die eine Wirkung und Nebenwirkungen hat und, dass der Konsum das Joch der Industriestaaten ist, welchem man sich unterwirft und die eigene Freiheit dadurch stark einschränkt. Konsum, der zur Sucht wird, bringt dem Süchtigen kein Glück, sondern macht nur alle Beteiligten traurig.
Außerdem würde ich sagen: Hanf sollte nicht missbraucht werden, sondern soll Freude bringen. Hanf ist eine Pflanze, die wir nützen können und die uns sehr dienlich sein kann. Wir haben die Verantwortung gegenüber uns selbst, diese Gabe nicht zu missbrauchen.