Mit der Legalisierung von Cannabis zu Medizin- oder Genusszwecken und auch durch die Wiederentdeckung der Agrarpflanze Hanf ist vielen der Green Rush als Begriff geläufig: Überall dort, wo die Wirtschaft darf, wird in das Cannabis-Business investiert. Von 0 auf 100 mit 1000 % Gewinnaussichten, so haben es die ersten praktisch schon geschafft. Denn bei spekulativen Werten geht es nicht um den inneren Sachwert, sondern um die Gewinnerwartung für die nächsten Jahre. Wenn eine Aktiengesellschaft in den nächsten Jahren vermutlich Gewinn macht oder im Kurs vermutlich deutlich steigt, dann kann man die Anteile zu Preisen kaufen, die oberhalb vom inneren Sachwert liegen. Kommt jetzt der deutsche Green Rush und sollte man als Anleger Hanfaktien kaufen?
Den letzten beißen die Hunde!
Es steigen selbst Unternehmen, die gar keine nennenswerten Sachwerte haben, wie einst um die Jahrtausendwende. Die sogenannte Dotcom Blase ist nur eine von vielen Blasen, wo die Anleger auf ganzer Basis einfach Geld in die Aktienmärkte warfen. Sie nahmen oft ihre „Papierwerte“ als Sicherheit für Kredite, um noch mehr von diesen Wertpapieren zu kaufen. Es passierte das, was passieren musste, die Dotcom Blase platzte und der Dax ging eben ab 1995 von ca. 2000 auf knappe 8000 im Jahr 2000 und dann runter auf knappe 2500. Hier zeigt sich etwas sehr schön: Wer 1995 eingestiegen ist und einfach den Schnitt vom Dax trifft, der hat Dividenden mitgenommen und hinterher immer noch Gewinn. Wer aber ab Mitte 1996 eingestiegen ist, der hat nur die Dividenden und wer noch später einstieg, hat unterm Schnitt Verlust. Je knapper man vor dem Platzen einsteigt und je mehr man als Sicherheit für Kredite verwendet, umso höher der Verlust. Den letzten beißen also die Hunde.
Der deutsche Green Rush steht noch am Anfang
Den Green Rush gibt es in jedem Land, in dem Cannabis legalisiert wird und die Player in der Wirtschaft von 0 auf 100 gehen und dabei 1000 % Gewinn vor Augen haben. Schon jetzt wird erklärt, dass die Kurssteigerungen bei den grünen Aktien in den USA oder auch in anderen Ländern ähnlich wie vor der Dotcom Blase sind. In dieser Goldgräberstimmung sind die Anleger blind für wirkliche Geschäftsideen und solide Bilanzen, da einfach alles, was den Namen Hanf trägt, allein deswegen schon Gewinn macht. Genau dann steigen die Kurse, genau dann muss die Blase platzen. Das kann noch Jahre dauern und der deutsche Green Rush hat noch gar nicht richtig angefangen. Wenn jedoch in den USA die Blase platzt, kann uns das mit runterziehen und das Anlegerglück, welches noch in den Startlöchern liegt, massiv belasten. Genauso war es doch mit der Immobilienblase in den USA 2007–2008, dass die Auswirkungen weltweit einfach alles trafen.
So schlimm wird die Green Rush Blase hoffentlich nicht sein, sie wird aber doch innerhalb dieser Unternehmerkreise weltweit Auswirkungen haben, vor allem bei den letzten, die dann von den Hunden gebissen werden.
Das sollte man wissen, bevor man als Unkundiger auf gut Glück blind in irgendwelche Wertpapiere investiert. Viele dieser Papiere werden nur aufgelegt, um mitzuschwimmen, selbst rechtzeitig abzuspringen und die Anleger mit dem Schaden stehenzulassen. Es wird eine natürliche Evolution in der Unternehmerwelt rund um den Hanf geben, und viele werden viel verlieren.
Sollte man die Gelegenheit an sich vorbeiziehen lassen?
Der deutsche Green Rush mit möglicherweise 1000 % Gewinn ist verlockend. Durchaus kann gesagt werden, dass man zumindest in Deutschland noch am Anfang steht, in den USA aber schon spät dran ist. Es kommt eben darauf an, aufzuspringen, bevor es steil bergauf geht. Der Normalbürger sieht es jedoch erst, wenn es schon steil bergauf geht, dann ist es spät oder mit Pech zu spät.
Wenn es aber noch nicht steil bergauf geht und die Unternehmen noch jung sind, damit nichts vorweisen können, woher soll der Anleger wissen, wo gewirtschaftet wird und wo man mitschwimmt? Wer mit ein paar Tausendern reingeht, kann sich immerhin keine unabhängigen Gutachter leisten und sollte anderen sogenannten „unabhängigen Gutachtern“ nicht blind vertrauen.
Es gibt verschiedene Strategieansätze:
- breit streuen, um das Ausfallrisiko zu minimieren
- sich die Unternehmen sehr genau ansehen und aufgrund der bisherigen Wirtschaftszahlen entscheiden
- sich die Unternehmen sehr genau ansehen und aufgrund der Chancen entscheiden
- nur dort investieren, wo die Unternehmen seit über 10 Jahren Erfolg haben
- nur dort investieren, wo man sich kennt
- nicht die ganze Zeit kaufen und verkaufen, sondern halten
- nur dort investieren, wo man jederzeit wieder raus kann
- nur mit kleinen Summen investieren, die man zu 100 % abschreiben kann
- niemals Anlagen beleihen, um neue Anlagen zu tätigen – niemals auf Kredit spekulieren
- nicht in Wertpapier-Unternehmen spekulieren, sondern in Unternehmen, die ihren Wert mit Sachwerten und Chancen realistisch abbilden
Und dennoch kann ein Risiko nicht ausgeschlossen werden. Wer das jedoch vorab schon weiß, der kann sich darauf einstellen und springt mit Glück rechtzeitig vom Green Rush ab. Eines sollte man auch bereits wissen: Nach jeder geplatzten Blase gibt es einen Rücksetzer, wo die Kurse erneut steigen und man „wieder einsteigen soll“, wonach die Kurse weiter einbrechen. Aber wann genau welche Phase in dem Karussell der Blasenspekulation ist, weiß man erst dann, wenn man diesen Rücksetzer auch schon hinter sich hat. Ob der deutsche Green Rush wirklich noch am Anfang steht oder im Schatten der USA mit platzt, sehen wir in wenigen Jahren oder mit Pech schon früher.