Die Aussicht, mit Medizinalhanf künftig auch in Deutschland Geld zu verdienen, drängt immer mehr Anbieter auf den Markt. Kurz nachdem BfArM ihre Ausschreibung für den Anbau von Cannabis für das Jahr 2019 bekannt gegeben haben, haben sich Firmen aus Kanada, Israel und auch aus Deutschland beworben, um mit in den deutschen Markt einsteigen zu können.
Ende Juni sollen die Bewerber bekannt gemacht werden, die die strengen Auflagen erfüllen, medizinisches Cannabis produzieren zu dürfen. Diese Auflagen und Voraussetzungen haben wir im Artikel „Cannabis auf der Überholspur“ schon aufgelistet. Doch erst im Dezember 2017 sollen die Bewerber erfahren, ob sie einen der heiß begehrten Plätze erhalten werden.
Der Aufbau einer medizinischen Cannabis-Produktion
Die Unternehmen, die das Glück haben, Cannabis für den deutschen Markt produzieren zu dürfen, müssen dabei einige Parameter im Auge behalten. Zunächst einmal gibt es verschiedene Standards, die diese Unternehmen bezüglich der Arzneimittelverordnung einhalten müssen. Hier wäre zum einen das GAP (good agricultural practice) Zertifikat. Mit diesem Zertifikat ist man bereit, ca. 230 Faktoren in den Bereichen wie Rückverfolgung, Lebensmittelsicherheit und Produktion zu gewährleisten. Einer der höchsten Standards in der Pharmazie und somit auch in der Produktion von medizinischem Marihuana ist der GMP (good manufactoring practise) Standard.
Unternehmen wie Bedrocan oder Tilray produzieren ihr Cannabis unter diesen speziellen Standards. Hierbei muss eine gewisse Qualität bezüglich des Wirkstoffgehalts und der Aufzucht gewährleistet sein. Ein GMP zertifiziertes Unternehmen aufzubauen ist aufgrund der noch strengeren Richtlinien um einiges kostenintensiver als ein GAP Unternehmen. GMP soll der zukünftige Standard für die medizinische Produktion von Cannabis sein.
Qualifiziertes Personal für die Hanfproduktion
Für die Strukturierung und sachgemäße Durchführung der Prozesse wird mindestens ein Pharmazeut benötigt, da der Prozess nicht nur effizient sein sollte, sondern auch mit den entsprechenden Standards vereinbar sein muss. Des Weiteren braucht man je nach Unternehmensgröße 10-20 Mitarbeiter, die sich um den Garten kümmern. Hierbei ist eine interdisziplinäre Zusammenstellung eines Teams zu empfehlen, welche die Disziplinen von Wirtschaftlichkeit, Innovation und Technik vereint. In Hallen dieser Größenordnung werden meistens alle Parameter automatisch gesteuert, da schon bei kleinsten Unterschieden der Temperatur die Nährstoffe oder der pH-Wert das Endprodukt verändern können. Das Team muss ein wirklich mehr als akribisches Kochrezept für die Produktion entwickeln, denn nur so kann eine konstante Qualität gewährleistet werden.
Dokumentation ist alles
Bei einem Medizinprodukt muss jedes Stadium der Pflanze und deren Umgebung genauestens dokumentiert werden. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Nährstoffe sind nur der Anfang. Jeder Tag im Leben einer solchen Medizinpflanze wird dokumentiert und ist somit zurückzuverfolgen. Dadurch kann der Produktionsprozess von Anfang bis Ende von den zuständigen Behörden nachvollzogen werden und dadurch kann der Patient das bestmögliche Cannabis erhalten.
Dieses Cannabis ist selbstverständlich frei von Schimmel, Pestiziden oder Fungiziden. Deshalb wird auch ein Großteil des medizinischen Cannabis, welches in Deutschland verfügbar ist, mit Gammastrahlen bestrahlt, um Schimmelsporen und ähnliche schädliche Erreger abzutöten. Wenn man als Unternehmen all diese Standards einhält oder einhalten möchte, entstehen beträchtliche Unkosten. Anlagen wie diese sind in der Regel mit bis zu 200 Kameras und mit diversem Sicherheitspersonal ausgestattet, um die Waren von mehreren 100.000 Euros zu schützen.
Des Weiteren sind diese Anlagen eher versteckt bzw. nicht eindeutig erkennbar und Arbeiter müssen schriftlich bestätigen niemandem diese Anlage zu zeigen. Darüber hinaus sind bei GMP Standards absolut keimfreie Räume zu gewährleisten, die mit Schleusen versehen sein müssen, um diese Räume tatsächlich keimfrei zu halten. Die Produktion von medizinischem Cannabis ist mit sehr viel Kosten und Know-how verbunden.
Standardisiertes Cannabis erzeugen
Trotzdem gibt es einige Firmen, die keine Kosten und Mühen scheuen, um standardisiertes Cannabis zu produzieren. Alle Richtlinien aufzulisten, würde den Rahmen sprengen, aber alleine einen Raum nahezu keimfrei zu halten ist mit viel Aufwand verbunden, ob es um die Belüftung geht, die Temperatur oder die Bekämpfung von Schädlingen. In dieser Branche ist Innovation und Motivation gefragt, um all diese Hürden zu meistern. Inzwischen haben sich auch Firmen darauf spezialisiert standardisierte Anlagen für Unternehmen in dem produzierenden Gewerbe nach deren Wünsche aufzubauen.
Ein Quadratmeter kostet je nach Standard zwischen 1000 und 4500 Euro. Eine 100-qm-Anlage kostet fast eine halbe Million Euro, ohne Miete, Strom und ähnliche Posten, wie z. B. Personal. Trotz alledem gibt es auch in Deutschland einige Unternehmen, die sich dieser Aufgabe stellen und versuchen die Menschen mit Cannabis auf Arzneimittelstandard zu versorgen.