Über die Unterschiede von regulären, feminisierten und selbstblühenden Samen. Ein kleiner Guide für Anfänger im Garten.
Wer mit dem Gedanken spielt sein eigenes Cannabis selbst anzubauen, der merkt sehr schnell: Das richtige Zubehör ist nicht das Problem! Einen Grow-Shop gibt es in jeder großen Stadt, im Notfall liefert selbst Amazon das Komplettset bis vor die Haustür, inklusive Erde, Dünger und den richtigen Lampen. Auch die Abluftanlagen und die passenden Aktivkohlefilter lassen sich schnell auftreiben, einem erfolgreichen Grow steht also nichts mehr im Weg.
Die Wahl der Sorte
Eines steht einem erfolgreichen Grow nämlich sehr wohl im Weg: Die richtige Sorte! „Was soll es da schon für große Unterschiede geben?“, fragen sich manche. Die Antwort ist ziemlich leicht: Es gibt ENORME Unterschiede zwischen den einzelnen Sorten und Rassen, obwohl die Rassen noch mal ein Thema für sich sind.
Beginnen wir ganz simpel: Ihr befindet euch im Internet, habt gerade „Hanfsamen kaufen“ in die Googlesuche eingehämmert und seid erst mal völlig überfordert: Eine riesige Auswahl an Herstellern, von A wie „Amsterdam Seeds Center“ über S wie „Sensi Seeds“ oder „Serious Seeds“ bis Z wie „Zamnesia“ ist (zumindest gefühlt) jeder Buchstabe des Alphabets vertreten. Die gute Nachricht: Bei dieser Auswahl findet ihr garantiert irgendwo die richtige Sorte für eure Anforderungen und euren Geschmack.
Und hier ist auch schon Tipp 1: Die Sorte muss zu euch und eurem Vorhaben passen.
Die ersten Schritte
Ihr klickt auf gut Glück auf irgendeine Webseite, landet auf einem Seed-Shop und merkt sehr schnell: Es gibt extrem viele Sorten, Kategorien und Suchfilter. Und seid schon wieder überfordert. Verständlich! Auch hier fangen wir wieder ganz simpel an: Es gibt grob gesagt 3 verschiedene Arten Cannabissamen: Reguläre, Feminisierte und Selbstblühende. Behaltet das schon mal im Hinterkopf!
Reguläre Sorten
Regulär bedeutet in diesem Fall einfach nur: Diese Sorte ist ganz normal und unverändert im Erbgut! Aus den gekauften Samen können entweder männliche Pflanzen entstehen oder weibliche. Die Quote liegt unter optimalen Bedingungen ziemlich genau bei 50 %, aus 100 regulären Samen werden also normalerweise 50 weibliche und 50 männliche Pflanzen. Wer Gras selbst anbauen will, sollte wissen: NUR die weiblichen Pflanzen sind interessant! Männliche Pflanzen können nicht geraucht und sollten so schnell wie möglich aussortiert werden, da sie die weiblichen Pflanzen sonst mit ihrem Pollen befruchten. Wenn das passiert, habt ihr ein Riesenproblem: Die weiblichen Pflanzen produzieren Samen, der THC-Gehalt geht in den Keller und die Blüten werden viel kleiner. Was aber eh egal ist, wer will schon Weed mit Samen rauchen?!
Der Vorteil dieser Sorten: Sie sind stabil, ressistent gegenüber Stress und du kannst mit diesen Sorten dein eigenes Saatgut nachzüchten. Für viele Profis sind diese Sorten daher der Standard.
Feminisierte Sorten
Man könnt es vom Name her schon fast erahnen: Aus feminisierten Samen wachsen NUR weibliche Pflanzen! Das hat einen großen Vorteil: Ihr müsst nichts mehr aussortieren und habt kein Risiko mehr ein männliche Pflanze zu übersehen! Klingt auf den ersten Blick mal wieder ganz super!
Doch schauen wir uns mal an, wie feminisierte Samen hergestellt werden – so ganz natürlich ist das nämlich nicht.
Hierfür gibt es mindestens zwei Methoden, die sehr gut funktionieren:
Die etwas ältere Methode: Man nehme zwei weibliche Pflanzen, stresst eine davon so lange, bis sie anfängt zu zwittern, also auch männliche Blüten bildet, und stellt die beiden dann in eine ruhige Ecke. Endergebnis: Die daraus entstehenden Samen enthalten nur weibliche Chromosome (XX), alle daraus entstehenden Pflanzen werden also weiblich.
Um diesen Prozess möglichst einfach zu gestalten, nimmt man natürlich mindestens eine weibliche Genetik, die von Natur aus gerne zwittert. Und hier ist der extreme Nachteil dieser Methode: Dieses „ich-zwitter-gerne“-Gen wird natürlich zu 50 % weitervererbt! Und damit ergibt sich auch das Problem, was vielen professionellen Growern bei feminisierten Sorten weltweit aufgefallen ist: Die zwittern einfach sehr gerne! Und kein professioneller Grower will mit Ladys zusammen sein, die bei dem kleinsten Stress direkt zu halb-mutierten Männern mit Brüsten werden.
Daher gibt es seit einige Jahren, ganz genau lässt sich das schwer sagen, eine etwas neuere Methode:
Silbernitrat + Natriumthiosulfat
Klingt erst mal nach Crack-Labor, so ähnlich funktioniert es auch:
Eine weibliche Pflanze wird mit einer Lösung aus Silbernitrat und Natriumthiosulfat besprüht und dann zusammen mit einer anderen weiblichen Pflanze in die Blüte geschickt. Effekt: Durch die Chemiekeule sterben der Pflanze einige Blätter ab, sie fängt sich im besten Fall aber wieder und beginnt durch den Hardcore-Stress zu zwittern. WICHTIG: Ohne die Chemiekeule darf die Pflanze NICHT zwittern! Dafür gibt es sogenannte „Stresstests“, mit denen die Pflanze ausgesucht wird. (extrem hoher pH-Wert, kurze Tagphasen, Temperaturstress usw.) Nur wenn die Pflanze alle Stresstests übersteht und sich quasi als „stabiles Weibchen“ bewiesen hat, bekommt sie die Chemiekeule ab, wird also durch Chemie zum zwittern gezwungen und gibt ihre Genetik an eine weitere Dame weiter.
Ergebnis: Feminisierte Samen OHNE das „ich-zwitter-gerne“-Gen im Code! Aber: Die Behandlung mit der Chemiekeule hat sehr wahrscheinlich einen starken Effekt auf das Erbgut! Wenn man mit feminisierten Sorten weiterzüchtet, kommen innerhalb weniger Generationen nur noch minderwertige, gestresste Pflanzen mit einem seltsamen, inzestuösen Genpool heraus.
Selbstblühende Sorten/Autoflower
Diese Sorten bilden hier eine kleine Ausnahme, da sie nicht durch irgendwelche Eingriffe in die Natur hergestellt werden, sondern einfach durch ganz natürlich Kreuzung. Selbstblühende Sorten haben im Gegensatz zu allen anderen eine Art „innere Uhr“ nach denen sie sich richten. Im Klartext bedeutet das: Diesen Sorten ist egal, ob die Sonne 12 oder 18h am Tag scheint! Wenn sie eingepflanzt werden, beginnt ihre Uhr zu laufen, die meisten selbstblühenden Sorten brauchen vom Keimen bis zur Ernte ungefähr 8–12 Wochen.
In selbstblühenden Sorten steckt immer die Cannabisrasse „Cannabis Ruderalis“, eine in Osteuropa/Russland/Nordafghanistan heimische Sorte, die sehr klein und zierlich wächst. Der Evolution sei dank haben sich Ruderalispflanzen so entwickelt, dass sie das vorhandene Licht komplett nutzen, egal ob wenig oder viel. „Yea, geil, weniger Stress, mit Licht umstellen“ denken jetzt manche. Ihr habt wohl die Wörtchen „sehr klein und zierlich“ überlesen! Selbstblühende Sorten wurden genau für EINE Anwendung gezüchtet: Outdoor! Denn das coole ist: Selbst in unserem Klima kann man mit selbstblühenden Sorten locker 2–3 Durchgänge pro Jahr machen! Für Indoorgärtner sind diese Sorten aber komplett ungeeignet! Um optimale Ergebnisse zu erzielen, sollten die Lampen dauerhaft 20h/Tag an sein. Außerdem ist der THC-Gehalt bei selbstblühenden Sorten immer sehr niedrig, die Buds werden nie so schön hart und harzig wie bei normalen, von der Photoperiode abhängigen Pflanzen.
Die richtige Sorte für eure Anforderungen
Gehen wir zurück zum Anfang! Dort habe ich gemeint „Die Sorte muss zu euch und eurem Vorhaben passen!“
Daher hier noch mal schnell alle Vor- und Nachteile und was das effektiv für euch bedeutet:
Reguläre Sorten
Ihr habt bei jeder Pflanze eine 50:50 Chance. Wenn ihr Wert auf gute Qualität legt, Platz habt, stabile Sorten haben wollt, gerne etwas mehr Zeit investiert oder ihr auf der Suche nach einer neuen Mutti seid: Kauft euch reguläre Sorten, selektierte eine Mutti heraus und arbeitet mit Stecklingen weiter!
Feminsierte Sorten
Ihr habt nur wenig Platz, wollt eure Pflanzen so selten wie möglich besuchen und eigentlich nur schnell ernten? Dann solltet ihr euch eine feminisierte Sorte bestellen! 10 Samen geben 10 weibliche Pflanzen, ihr müsst nichts aussortieren und nur 1x den Rhythmus der Lampe wechseln. Kleiner Nachteil: Feminisierte Sorten sind immer etwas teurer. Bei den meisten Züchtern erhaltet ihr für den gleichen Preis entweder 5 feminisierte oder 11 reguläre Samen.
Selbstblühende Sorten
Ihr wollt Outdoor growen? Und keine drei Meter hohen Büsche?! Dann sind selbstblühende Sorten genau das Richtige für dich! Diese sind meistens kleiner als ein Meter, beginnen sehr schnell zu blühen und sind Outdoor sehr leicht zu handhaben! Einfach ab und zu ein bisschen Wasser, Dünger brauchen diese Pflanzen meistens sowieso nicht, da sie so klein bleiben. Und nicht vergessen: Selbstblühende Sorte NICHT Indoor anbauen! Sie sind weder „schneller“ noch „besser“ als reguläre oder feminisierte Sorten! Sie sind nur unabhängig von der Jahreszeit, wodurch ihr Outdoor mehrmals im Jahr ernten könnt. Indoor sind sie aber eine reine Stromverschwendung.