Cannabis unter Kunstlicht anzubauen, verbraucht viel Strom, die Geräusche der Lüftungsanlage nerven und durch die kleinen Töpfe spielt die richtige Nährlösung eine große Rolle. Mit anderen Worten: Der Indooranbau ist zwar ertragreicher und effektiver, jedoch definitiv auch zeitraubender und komplizierter!
Kein Wunder also, dass viele Grower nur im Sommer arbeiten, wenn die Temperaturen warm genug sind, um die Pflanzen einfach im Garten wachsen zu lassen. Einfach einen Samen in die Erde stecken und fertig? Ja, theoretisch schon! Hanf wird nicht umsonst als Unkraut bezeichnet, tatsächlich kommt die Pflanze selbst mit kargen Böden und nur wenig Licht schon relativ gut klar. Aber wer möchte schon eine Pflanze, die nur „relativ gut klar“ kommt! Damit eure Pflanzen diesen Sommer sogar „sehr gut klar“ kommen, habe ich euch ein paar kleine Tipps aufgeschrieben, die euch bei eurem ersten Outdoorgrow unterstützen. Und wer weiß: Vielleicht lernt ja der ein oder andere alte Hase noch etwas dazu.
Tipp 1: Der richtige Standort
Outdoor habt ihr keinen Aktivkohlefilter mit angeschlossener Lüftung laufen! Spätestens in der Blütephase haben Cannabispflanzen jedoch einen relativ starken, für geübte Nasen unverwechselbaren Geruch nach DOPE. Der richtige Standort sollte also an erster Stelle erst mal weit weg von jeglicher Zivilisation sein, weit weg von fragenden Nachbarn oder neugierigen Wanderern, spielenden Kindern im Wald oder (ganz schlimm!) Förstern. Auch die Dachterrasse der ortsansässigen Polizeistation scheidet leider aus, auch wenn die Lage auf einem Dach generell perfekt ist! Denn Punkt zwei, den ihr bei der Auswahl eures Platzes in Betracht ziehen solltet, ist ganz klar die Sonne.
Die Sonne geht in Mitteleuropa im Osten auf und wandert dann über den Süden hin zum Westen, wo sie dann wieder untergeht, wir alle kennen das Spiel! Bedeutet für dich: Dein Growplatz sollte nach Süden hin offen sein, so bekommt deine Pflanze das meiste Licht ab. Wenn etwa südlich der Pflanze ein dicker Baum steht, dann bekommt sie in der wichtigen Mittagszeit nur einen dicken Schatten ab. Schnapp’ dir einen Kompass, stellt euch an den vorher ausgesuchten Platz und schaut nach, ob überhaupt Dinge die Sonne im Westen, Süden oder Osten verdecken könnten. Wenn ja: Sucht weiter! Wenn nein: ab zu Tipp Nummer 2.
Tipp 2: Der richtige Boden
„Hier wachsen Brennnesseln, hier wird auch Gras gut wachsen!“, hört man relativ oft. Fakt ist: Brennnesseln gelten als „Stickstoffanzeiger“, wo sie wachsen, enthält der Boden also viel Stickstoff. Und hier endet der Mythos auch schon! Denn Cannabis benötigt zum Wachsen leider nicht nur Stickstoff, sondern auch Stoffe wie Kalium, Phosphor, Eisen usw. Das Gerücht von wegen „such nach Brennnesseln“ mag vielleicht für die Wachstumsphase sinnvoll sein, spätestens in der Blütephase, wenn der Stickstoffbedarf stark heruntergeht, werdet ihr euch wünschen, einen anderen Platz ausgesucht zu haben. Mein Tipp: Der natürlich vorkommende Boden kann euch als Grower eigentlich egal sein und sollte bei der Auswahl des Platzes überhaupt keine Rolle spielen! Schnappt euch eine Schaufel und einen fetten Sack Growerde aus dem Fachhandel mit, hebt ein dickes Loch aus und finito! Cannabispflanzen mögen keine „nassen Füße“, eurer Platz der Wahl sollte also, wenn möglich, nicht direkt in einem Moor oder neben einem Bach liegen. JA, die Pflanzen überleben auch feuchte Böden, gedeihen auf luftigen Böden aber um einiges besser und reifen in der Blütephase besser ab.
Tipp 3: Biologische Langzeitdünger
Selbst ein dicker Sack Growerde hat nicht genug Nährstoffe für einen kompletten Durchgang. Je nach Qualität und Inhaltsstoffen ist die Erde nach 1-2 Monaten ausgelaugt. Wenn ihr keine Dünger hinzugebt, wird die Pflanze nicht mehr optimal wachsen und vielleicht sogar ein paar Blätter verlieren. Eine Möglichkeit ist natürlich mineralischer oder biologischer Flüssigdünger, wobei ich als Umweltfan euch von mineralischen Düngern Outdoor auf jeden Fall abraten würde! Doch auch biologische Flüssigdünger haben einen kleinen Nachteil: Wenn es nach dem Düngen regnet, werden die ganzen tollen Nährstoffe einfach ausgewaschen und versickern in tiefere Erdschichten.
Daher empfehle ich euch Dünger, die sich erst schrittweise auflösen und ihre Nährstoffe so über einen langen Zeitraum hinweg abgeben. Optimale Biodünger sind etwa Pellets aus Pferdemist und Guanopellets, Hornspäne, Algenpulver, Blut-, Fisch- oder Knochenmehl oder geschrotete Baumwollsamen. Als Faustregel gilt hier: Je gröber das Zeug, desto länger „wirkt“ es. Hornmehl ist beispielsweise nach einigen Wochen schon zersetzt, grobe Hornspäne halten bis zu 3 Monate. Es gibt auch fertige, biologische Düngermischungen zu kaufen, auch diese sind natürlich zu empfehlen! In der Wachstumsphase sollte der Dünger eher stickstoffhaltig sein, in der Blüte dann mehr Phosphor und Kalium enthalten.
Tipp 4: Topf oder Freiland?
Diese Frage stellen sich besonders „Garten-Grower“. Ist ein Blumentopf besser als die Pflanzen einfach so in die Erde zu stecken? Geschmackssache! Töpfe haben eindeutige Vorteile: Die Wurzeln haben es schön warm, wenn die Sonne wandert, kann man die Pflanze einfach hinter herstellen und wenn Besuch vorbeikommt, kann die Dame auch mal kurz im Gartenhaus verschwinden. Ein weiterer Vorteil kommt dann zur Erntephase. Wer schon mal probiert hat, eine Outdoorpflanze im Beet zu spülen, der weiß, was ich meine.
Die Nachteile von Topfpflanzen sollten jedoch nicht vernachlässigt werden! Die Wurzeln haben (besonders bei zu kleinen Töpfen) oft zu wenig Platz, wodurch die Pflanze langsamer wächst. Außerdem trocknet die Erde in einem Blumentopf viel schneller aus, ihr müsst also öfter gießen, im Hochsommer locker alle 2 bis 3 Tage. Im Beet bildet die Pflanze ein riesiges, tief in die Erde reichendes Wurzelgeflecht und kann sich so viel leichter selbst mit Wasser versorgen. Dafür ist das Düngen bei Freilandpflanzen eben immer teilweise komplizierter, vom „Spülen“, also dem Ausspülen der überschüssigen Nährsalze mit klarem Wasser, ganz zu schweigen!
Mein Tipp: Kauft euch 60-90l Mörtelwannen, anständige Growerde und etwas „GeoHum“, ein Wasserspeichergranulat, welches speziell für den Gartenbau entwickelt wurde. Dazu noch ein 5 € Rollbrett und finito. So vereint ihr die Vorteile und spart euch die Nachteile.
Wer außerhalb des eigenen Gartens growt: Bitte keine Töpfe verwenden, sondern die Pflanze einfach wie in Tipp 2 beschrieben in ein mit Growerde (und ein wenig GeoHum) aufgefülltes Loch stecken! Wenn ihr jeden Tag mit der Gießkanne in den Wald rennt, könnte das irgendwann auffällig werden. Da ist es schon besser, wenn sich eure Pflanzen wie alle anderen Pflanzen in der Natur einfach am Grund- und Regenwasser bedienen.
Tipp 5: Beschneiden, Scroggen, LST oder einfach in Ruhe lassen?
Fakt ist: Eine Hanfpflanze wächst von allein nicht so Ertragreich wie möglich! Gerade Outdoor könnt ihr durch ein paar Schnitte an der richtigen Stelle viel bewirken! Anfängern empfehle ich mal sich über die Begriffe „Topping/Pruning“, „Low Stress Trainig“, „Screen of Green“, „Main Lining“ und „Defoliation“ schlau zu machen. All diese Methoden werden Outdoor seit vielen Jahren mit großem Erfolg angewendet und können eure Erträge wirklich easy verdoppeln!
Tipp 6: Die richtige Sorte
Der ein oder andere würde diesen Tipp wohl an die erste Stelle packen, ich finde die Wahl der Sorte aber oft überbewertet. Zuerst ein kleiner Crashkurs in Sortenkunde: Cannabis Sativa (von vielen fälschlicherweise mit „Haze“ gleichgesetzt) ist die Ur-Art von Cannabis. Die Pflanzen wachsen schlank nach oben, bilden nicht so viele Seitentriebe und können locker 3–4 m groß werden. Die Blütephase dauert bei Sativas schätzungsweise 10–14 Wochen, je nach Kreuzung.
Cannabis Indica, der indische Hanf, ist eine (unter Wissenschaftlern umstrittene!) Cannabisgattung. Indicas wachsen klein, buschig und gedrungen, haben ordentliche Erträge und beenden ihre Blütephase nach 7–8 Wochen. Der Ertrag/Zeit ist definitiv höher als bei Sativas, auch wenn der Gesamtertrag/Pflanze bei Sativas oft größer ist.
Cannabis Ruderalis ist eine weitere Cannabisgattung, oft auch als „Autoflower“, „Automatic“ oder „selbst blühend“ bezeichnet. Ruderalis blüht unabhängig von der Beleuchtungsdauer, sondern macht den Beginn der Blütephase von ihrem Alter abhängig. Mit Ruderalissorten kann man bis zu 4 Ernten im Jahr einfahren, der THC-Gehalt sowie der Ertrag sind aber nicht so zufriedenstellend. Besonders für Outdoor-Anfänger sind diese Sorten aber definitiv zu empfehlen!
Crashkurs beendet, weiter geht’s im Thema! Cannabispflanzen (außer Cannabis Ruderalis!) beginnen Outdoor erst ab August/September mit der Blüte. Für Indicas geht das noch klar, Sativas bekommen aber schnell ein Problem: Besonders am Ende der Blütephase brauchen sie viel Energie, im November scheint die Sonne aber nicht mehr ganz so prall wie gewünscht, das Wetter wird schon wieder feuchter und die Schimmelgefahr steigt mit jedem Tag. Sollte man also reine Sativas in Mitteleuropa anbauen? Nein, sollte man nicht. Außer ihr habt ein Gewächshaus oder Ähnliches, aber selbst dann fehlen einfach die schönen Sonnenstunden.
Und Sativakreuzungen? Ja, könnt ihr machen, eine „100 % Sativa“ findet man kaum noch.
Tatsächlich würde ich euch aber raten: Nehmt so viel Indicagenetik wie möglich! Die meisten Kushkreuzungen (indica-lastig) eignen sich zum Beispiel sehr gut für den Anbau in Deutschland, Österreich oder der Schweiz und liefern den Ertrag pünktlich vor den kalten Monaten ab! Von Sorten wie „Amnesia Haze“ oder so würde ich euch abraten. Die Blütephase von 13 bis 14 Wochen dauert einfach zu lange für unser Klima. Und hier sprechen wir von 13 bis 14 Wochen unter optimalen Bedingungen und ohne jegliche Stressfaktoren wie schlechtes Wetter oder Kälteeinbrüche.
Wie oben bereits erwähnt: Für Outdoor Anfänger empfehle ich ganz klar selbst blühende Sorten!
Tipp 7: Blüte künstlich einleiten?
Theoretisch kann man, genau wie bei Indoorpflanzen, die Pflanzen einfach künstlich in die Blüte schicken. Indoor wird dafür einfach die Zeitschaltuhr umgestellt, Outdoor sieht das ganze schon etwas anders aus: Die Pflanze muss 12 Stunden am Tag an einen komplett dunklen Ort gebracht werden. Jede Minute länger ist verschwendetes Potenzial, eine Stunde zu kurz macht den ganzen Prozess sinnlos und schickt die Pflanze wieder zurück in die Wachstumsphase.
Um es kurz zu sagen: Ja, es ist möglich. Aber definitiv mega kompliziert und zeitaufwendig. Wenn ihr einen komplett lichtdichten Schuppen habt und euch einen 12/12 Timer auf dem Handy einstellen und die Pflanze dann jedes Mal rein- und raustragen wollt: Bitte schön. Tatsächlich kann man so auch ohne Ruderalisgenetik mehrmals im Jahr ernten. Ob der Stress das wert, ist eine andere Frage.